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A94 im Landkreis Mühldorf

Sonnenenergie an der A94 mit Doppel-Wumms – Mehr Power als Isar 2 und 100 Windräder

Der Wirtschaftsraum entlang der A94 im Landkreis Mühldorf kann die Energiewende vorantreiben und ein Modell für Deutschland sein. Davon sind (von links) Wirtschaftsförderer Thomas Perzl, Landrat Max Heimerl, der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer und der Landtagsabgeordnete Sascha Schnürer (alle CSU) überzeugt.
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Der Wirtschaftsraum entlang der A94 im Landkreis Mühldorf kann die Energiewende vorantreiben und ein Modell für Deutschland sein. Davon sind (von links) Wirtschaftsförderer Thomas Perzl, Landrat Max Heimerl (CSU), der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer (CSU) und der Landtagsabgeordnete Sascha Schnürer (CSU) überzeugt.

Die Autobahn A94 könnte zur Schnellstraße für die Energiewende werden – jedenfalls im Landkreis Mühldorf. Das zeigen die ersten Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie. Was genau dahinter steckt.

Mühldorf – Der Landkreis Mühldorf ist eine Boom-Region, die Menschen drängen in den Landkreis. Gleichzeitig ist Mühldorf immer noch eine „Region mit besonderem Handlungsbedarf“, so Mühldorfs Landrat Max Heimerl (CSU). Hier liegt die Steuerkraft deutlich unter der des Landkreises Altötting und noch deutlicher unter der von Rosenheim. Heimerl: „Wir müssen schauen, dass wir unsere Wirtschaftskraft stärken.“ 

Das soll und kann die A94 leisten. Das zeigen erste Daten einer Machbarkeitsstudie, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums durchführt. Das Ergebnis: Die A94 hat das Potenzial, die Energiewende zu verwirklichen, die Wirtschaft anzukurbeln, Innovationen zu treiben und die Landesentwicklung neu zu denken. Entlang der A94 gibt es allein im Landkreis Mühldorf das Potenzial für Sonnenenergie, das die Leistung des abgeschalteten Atom-Meilers Isar 2 übertrifft.

Potenzial von über 100 Windrädern und Isar 2 entlang der A94

Entlang der Autobahn haben allein die Böschungen ein Potenzial an Sonnenenergie von 55 Megawattpeak (MWp); in dem Korridor bis 200 Meter liegt das Potenzial bei weiteren 741 MWp und bis zu 500 Meter links und rechts neben der A94 bei zusätzlichen 1.367 MWp.

Jedes der umstrittenen Windräder, die im Landkreis Altötting geplant sind, habe eine Leistung von rund sieben Megawatt, so Landrat Heimerl. „An den Hanglagen entlang der Autobahn haben wir ein Potenzial, das acht Windrädern entspricht.“ Allein in seinem Landkreis, auf Flächen, die dem Bund gehören, die sonst ungenutzt sind.

In dem 200-Meter-Korridor entlang der A94, die jeder Eigentümer ohne Bauleitplanung für PV-Anlagen nutzen kann, entspreche das Potenzial 100 Windrädern. Und in dem Korridor bis zu einem halben Kilometer, in dem der Bund im Rahmen des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) PV-Anlagen ebenfalls fördert, entspreche das Potenzial der Leistung des abgeschalteten Atommeilers Isar 2. 

Gigantische Möglichkeiten

„Das ist schon gigantisch“, freut sich Heimerl, auch wenn er weiß, dass das volle Potenzial sicher nie genutzt werde. „Das wollen wir auch gar nicht. Wir wollen nicht alles zubauen. Aber man sieht, was da für Möglichkeiten stecken.“

Energiestandorte A94 und Bahnlinie im Landkreis Mühldorf: Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) fördert im Bereich bis zu 500 Meter neben Autobahnen und zweigleisigen Bahnlinien den Bau von PV-Anlagen. Im Bereich bis zu 200 Meter ist dafür nicht mal eine Bauleitplanung erforderlich.

Nicht nur energiepolitisch. Denn Heimerl und sein Wirtschaftsförderer Thomas Perzl denken noch weiter. Aus dem Sonnenstrom könnte günstig Wasserstoff werden. Der stünde wiederum heimischen Unternehmen und Tankstellen zur Verfügung. „Wir wollen den Strom nicht nur hier produzieren, sondern auch hier vermarkten“, so Heimerl.

Attraktiven Standort und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen

„Es ist wichtig, dass wir die Perle, die wir hier haben, heben“, betont der Mühldorfer Landtagsabgeordnete Sascha Schnürer (CSU). Er möchte einen „attraktiven Standort“ schaffen, den Mittelständlern, die hier investieren, helfen und „Zukunftsarbeitsplätze“ schaffen, nicht nur Logistikdienstleister.

Landesplanung und Anbindegebot neu denken

Außerdem wollen Heimerl, Perzl und Schnürer die Landesplanung neu denken. Sie verstehen die Region als Wirtschaftsraum, wollen sie umfassender planen und gestalten, das Anbindegebot öffnen, um freie Flächen an den Autobahnausfahrten als Gewerbeflächen nutzen zu können.  Denn bisher sollen neue Baugebiete nur direkt an vorhandenen Siedlungen errichtet werden.

Die A94 kann nicht nur im Landkreis Mühldorf der Schub für Innovation, Wachstum und eine neue Landesplanung sein. Davon sind (von links) Wirtschaftsförderer Thomas Perzl, Landrat Max Heimerl, der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer und der Landtagsabgeordnete Sascha Schnürer (alle CSU) überzeugt.

Schnürer spricht hier von einem „übergeordnete Gewerbenutzungskonzept“. Das Wirtschaftsministerium und die Regierung von Oberbayern seien dafür offen, so Landrat Heimerl.

„Das ist Regionalentwicklung pur“

„Das ist Regionalentwicklung pur. Wir denken hier alle Bereiche zusammen“, sagt Wirtschaftsförderer Perzl. Der Landkreis wolle den Raum entlang der A94 gemeinsam mit den Grundstückseignern, den Kommunen und den Netzbetreibern entwickeln. Die A94 soll „Wirtschaftsraum und Innovationsachse“ sein, eine „A94 2.0“ und ein Modell für andere Autobahnen oder zweigleisige Bahnstrecken in Bayern und deutschlandweit.

Mit den ersten Ergebnissen der Machbarkeitsstudie habe der Landkreis jetzt eine Basis für Investitionsentscheidungen, so Heimerl, der bei allen Schritten die Bürgermeister vor Ort mitnehmen möchte. Die Gemeinden können überlegen, wo und wie sie sich entwickeln wollen, wo PV-Anlagen, wo Gewerbeflächen entstehen könnten. Statt Wildwuchs schwebt Heimerl und Perzl ein koordinierter Ausbau der erneuerbaren Energie im Landkreis vor; das würde auch die Verhandlungen mit den Netzbetreibern vereinfachen.

Alles ist freiwillig, keiner wird gezwungen

Bei allen politischen Wünschen, ob und was gebaut werde, würden immer die Grundstückseigentümer entscheiden, betont Heimerl. „Sie sind immer Herr des Verfahrens. Es wird keiner gezwungen.“ 

Der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer (CSU) ist einer der Väter der Idee der „A94 2.0“. Ausgangspunkt war die Lärmbelästigung der Anwohner im westlichen Landkreis durch die A94. Daraus entstand die Idee, Lärmschutzwände und PV-Module zu kombinieren. 

Win-Win-Win-Situation für alle

Für Mayer ist das jetzt eine „Win-Win-Win-Situation“ für die Anwohner, die dadurch Lärmschutz bekommen können, die Energiewende und die Region. „Es ist ein Projekt, das nur Gewinner hat“ und sicher akzeptiert werde, „wenn die Bürger den ernsthaften Eindruck haben, dass sie, ihre Gemeinde und die Region davon unmittelbar profitieren“. 

Nächster Schritt: Reallabor auf einem Teilstück

Die bisherigen Untersuchungen sind erst der Schritt. Als Nächstes soll auf einem Teilstück der A94 im westlichen Landkreis ein Reallabor entstehen, um lärmschluckende PV-Anlagen zu entwickeln und zu testen. Dafür bekommt der Landkreis zusätzlich zu der Machbarkeitsstudie weitere 450.000 Euro vom Freistaat, wie der Landtagsabgeordnete Sascha Schnürer (CSU) vor kurzem mitteilte. Mit diesem Geld sollen die erforderlichen Gutachten und Planungen für das Reallabor finanziert werden, um alle Voraussetzungen für eine Förderung durch die Bundesregierung zu schaffen, sobald das achte Energieforschungsprogramm an den Start geht. 

Im Bereich der Machbarkeitsstudie wird noch der Komplex der Gewerberaumentwicklung, der Bereich Mobilität mit Wasserstoff und Elektro-Ladestationen sowie der Wasserstoffproduktion an der A94 untersucht.

„Sie müssen uns nur machen lassen“

Mayer fordert, dass der Bund jetzt „den Ball aufnimmt“. Der Landkreis stehe „Gewehr bei Fuß“: „Es ist unbestritten, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben wollen und müssen. Die Zeit drängt.“ 

Heimerl verweist darauf, dass die Ampel selber beschlossen habe, die Verkehrsachsen auch energiepolitisch zu nutzen. Heimerl: „Was wir machen, ist letztendlich, den Koalitionsbeschluss umzusetzen. Wir können zeigen, dass das, was die Ampel-Parteien beschlossen haben, funktionieren kann. Jetzt müssen Sie uns nur machen lassen.“

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