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Dominoeffekte durch Dyneon-Aus im Chemiepark Gendorf

„Wiedereinstieg in Chipindustrie ist gefährdet“ – Die Folgen der bevorstehenden Dyneon-Schließung

Nicht nur die Produktion von Computer-Chips könnte in Europa stark unter dem Aus der Dyneon GmbH leiden.
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Nicht nur die Produktion von Computer-Chips könnte in Europa stark unter dem Aus der Dyneon GmbH leiden.

Der amerikanische Konzern 3M hat einen Vorschlag zur Rettung der Dyneon GmbH abgelehnt. Ein Verkauf kommt für die Firma nicht infrage. Was bedeutet das nun für den Chemiepark Gendorf, die Region und Europa? Ein Überblick.

Burgkirchen an der Alz – Am 20. Dezember 2022 kündigte der amerikanische Konzern 3M an, bis Ende 2025 aus der PFAS-Produktion und -Verwendung auszusteigen. Für die Dyneon GmbH im Chemiepark Gendorf bedeutet, dass die Produktion stellgelegt und die Anlagen rückgebaut werden müssen. Rettungsvorschläge seitens der Politik wurden bisher abgelehnt – die Entscheidung des Mutterkonzerns scheint unumstößlich.

So heißt es in einer Mitteilung von 3M, man habe den Vorschlag für eine ChemDelta Stiftung des Landrats Erwin Schneider und des Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer geprüft, aber abgelehnt. Eine Fortführung der Dyneon durch 3M oder einen Dritten stimme nicht mit dem geplanten Ausstieg auf der PFAS-Produktion überein. Das bedeutet unmissverständlich, dass ein Verkauf des Betriebs für den Mutterkonzern nicht infrage kommt. Auch die Lizenzen und Patente will 3M nicht veräußern. Doch welche regionale und überregionale Auswirkungen wird dies nun nach sich ziehen?

Auswirkung auf den Chemiepark

Zuallererst betrifft das Ende der PFAS-Produktion die rund 700 Mitarbeitenden der Firma Dyneon. Abhängig vom Rohmaterial der Dyneon sind wiederum weitere Betriebe wie Archroma und Gore mit jeweils 80 Beschäftigten. Ein Rückbau der Anlagen hat auf mittelfristige Sicht aber auch Auswirkungen auf die InfraServ, welche als Betreiber des Chemieparks Gendorf etwa 1.200 Arbeitnehmer beschäftigt, und dann auch auf den gesamten Chemiepark mit rund 4.000 Beschäftigten. Durch die Aufgabe von Dyneon soll sich das Auftragsvolumen um ein Drittel reduzieren und verbleibende Firmen, wie beispielsweise die Vinnolit, müssten in der Folge deutlich mehr Kosten tragen. So ist am Ende der ganze Chemiepark mit seinen 4.000 Beschäftigten betroffen. Die Chemie-Gewerkschaft IG BCE sprach von Auswirkungen auf bis zu 10.000 Arbeitsplätze.

3M schrieb: „Wir arbeiten mit anderen Unternehmen in Gendorf zusammen, um die Auswirkungen unserer Entscheidung, die PFAS-Produktion einzustellen, so verträglich wie möglich zu gestalten.“ So soll der Betriebsrat und die Geschäftsleitung der Dyneon GmbH eine Einigung über ein Freiwilligenprogramm erzielt, welche einen sozialverträglichen Ausstieg vorbereite. InfraServ meldet zur Entscheidung von 3M, dass diese doch sehr enttäuschend gewesen sei: „Für den Standort hat dies zur Folge, dass sich die Infrastrukturkosten auf die weiteren Standortunternehmen verteilen. Vor dem Hintergrund der steigenden Energiekosten ist das nochmal eine Verschärfung der Situation. Wir als Standortbetreiber arbeiten jetzt mit aller Kraft daran, den Standort zukunftsfähig zu machen und vor allem die Transformation des Standorts zur Klimaneutralität zu gestalten.“

Auswirkungen auf das Chemiedreieck

In Zusammenhang mit der Ablehnung der Stiftungsidee erklärte 3M, weiterhin seine Verpflichtungen zur Sanierung von PFOA im Landkreis Altötting erfüllen. Dazu gehöre auch die Erarbeitung eines Bodenmanagementkonzeptes gemeinsam mit den Behörden: „Eine Machbarkeitsstudie ist in Arbeit und soll eine Grundlage für weitere Entscheidungen zur Bodennutzung und -entsorgung liefern“, so die Sprecher des Konzerns. Bezüglich der Altlasten hatte sich Landrat Erwin Schneider bei einer Sitzung im Juli geäußert: Natürlich habe sich 3M auch um die Trinkwasser-Altlasten zu kümmern. Der amerikanische Konzern sei aber einer von drei zuständigen Partnern.

In Bezug auf die Auswirkungen der Dyneon-Schließung auf den WACKER-Standort Burghausen, sagte der Sprecher des Unternehmens, dass es keine direkten Abhängigkeiten zu Dyneon gebe und dementsprechend auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf WACKER zu befürchten sein. „Nichtsdestotrotz bedauern wir die Schließungsentscheidung und sehen darin einen Schlag fürs Chemiedreieck insgesamt“, betonte er. MdB Stephan Mayer sagte in einem Interview zum Thema, dass sich die negativen Folgewirkungen stark auf den Industriepark Gendorf konzentrieren würden. Er betonte aber, dass die Gemengelage für die Chemie in Deutschland angesichts der hohen Energiepreise, der Chemikalienpolitik und Bürokratie in Deutschland schwierig darstelle.

Auswirkungen auf Deutschland und Europa

Dr. Bernhard Langhammer, Sprecher ChemDelta Bavaria hob hervor, dass die Produktion von Dyneon im Chemiepark Gendorf ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland habe und zugleich die größte in Europa sei. „Der gesamte europäische Markt für Fluorpolymere betrug im Jahr 2021 rund 40.000 Tonnen, der Anteil der Dyneon daran betrug rund 17.000 Tonnen.“ Insbesondere im Bereich von High-Purity Anwendungen, wie sie bei der Produktion von Computer-Chips gefordert sind, sei Dyneon mit PFA-UHP Weltmarktführer. „Mit der Beendigung der Produktion von Fluorpolymeren in Gendorf verliert Europa nicht nur seinen größten, sondern zugleich auch seinen technologisch führenden Fluorpolymerhersteller.“

Gerade wenn es um eine künftige Fluorpolymer-Produktion ohne Umweltbelastung gehe, sei der Standort Gendorf weltweit führend. „Mit deutschen Steuermitteln in Millionenhöhe wurde von der Firma Dyneon in Gendorf als weltweit einzigem Standort ein chemisches Recycling von Fluorpolymeren zur technologischen Reife entwickelt. Damit lassen sich nicht nur die knappen Fluorressourcen schonen, sondern es kann auch der Ausstoß an Treibhausgasen wie CO2 erheblich vermindert werden“, so Langhammer. Er sieht auch die Erreichung der EU-Klimaziele durch den Verlust dieser Produktgruppe deutlich erschwert.

Mit der beabsichtigten Beendigung der Produktion bis Ende 2025, die laut Langhammer wegen erhöhter Personalfluktuation bereits früher stattfinden könnte, werden sowohl mengenmäßige als auch qualitative Versorgungsengpässe in der chemischen, Halbleiter-, Pharma- und Automobilindustrie erwartet. „Ein Wiedereinstieg in die Chipproduktion in Deutschland ist damit ernsthaft gefährdet“, so Langhammer. Ein weiteres Beispiel für die Verwendung der Produktgruppe seien Spezialdichtungen oder Brandschutz von Luftfahrzeugen. Alternativen von anderen Herstellern stünden nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung.

„Fluorpolymere sind auf nicht absehbare Zeit unverzichtbare Schlüsselkomponenten für die Zukunftstechnologien wie Wasserstoffelektrolyse, Brennstoffzellen, Elektromobilität, Chemie- und Umwelttechnologie, Chip-Produktion, 5G-Technologie oder Medizintechnik“, so Langhammer. Diese Märkte würden in Zukunft weiter überproportional wachsen. So enthielte ein Elektrofahrzeug etwa 10 bis 20 Kilogramm Fluorpolymer im Vergleich zu Verbrennermotoren mit etwa einem Kilogramm dieses Stoffes.

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