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Bürgerentscheid zu Windrädern in Marktl rückt näher

„Gegenwind“ mit Rückenwind von Rechts: Vor Bürgerentscheid in Marktl kommt AfD ins Spiel

Rainer Harböck, der Sprecher der Bürgerinitiative „Gegenwind“ am 13. Mai in Marktl: Er verweigerte das Gespräch im Namen der Windkraftgegner.
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Rainer Harböck, der Sprecher der Bürgerinitiative „Gegenwind“ am 13. Mai in Marktl: Er verweigerte das Gespräch im Namen der Windkraftgegner.

Der Windrad-Bürgerentscheid in Marktl und die Europawahlen am 9. Juni rücken immer näher. Dass „Gegenwind“ kurz vor der Wahl Rückenwind von der AfD erhält, erscheint angesichts der Vorgeschichte der „Bürgerinitiative“ wenig überraschend. Antworten auf Vorwürfe und Behauptungen der Windparkgegner.

Marktl / Landkreis Altötting – Bei einer Windpark-Veranstaltung am 13. Mai in Marktl kam es zum Eklat: Neben Hubert Aiwanger waren zahlreiche Diskussionspartner – darunter auch Rainer Harböck von „Gegenwind“ – geladen, doch Harböck verweigerte das Gespräch. Er begründete dies damit, dass eine Bedingung von „Gegenwind“ nicht eingehalten worden sei und die Befürworter und Gegner nicht in gleicher Zahl geladen worden seien. Noch während Aiwangers Rede verließen Harböck und seine Gefolgschaft lautstark den Saal. Kurz nach seinem Auftritt eilte der Minister den Windpark-Gegnern hinterher und bat ihnen ein alternatives Diskussionsformat an: Doch die Mühe blieb vergebens.

Das Statement von „Gegenwind“

Noch während der Veranstaltung versandte „Gegenwind“ eine Pressemitteilung, die wohl schon vor der Veranstaltung verfasst worden war. Eine ursprüngliche Vereinbarung mit dem Marktler Bürgermeister Benedikt Dittmann sei nicht eingehalten worden, heißt es darin. „Gegenwind“ habe eine gleiche Zahl an Referenten auf der Pro- und Contra-Seite gefordert. Außerdem einen gleichen Anteil an Rednerzeit. Kurzfristig sei „Gegenwind“ dann mitgeteilt worden, dass jeweils ein Referent und ein Redner aus ihren Reihen zugelassen werde. Weil den Aktivisten der „Bürgerinitiative“ aber fünf Befürworter des Windparks gegengestellt wurden, und noch vier weitere Befürworter vor dem Podium saßen, habe das Verhältnis 9 zu 1 betragen und war so für die Aktivisten völlig inakzeptabel.

AfD springt Aktivisten zur Seite

Wenige Tage nach der Veranstaltung erhielt die Redaktion eine Pressemitteilung des AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller: Auch er argumentierte damit, dass das Rednerverhältnis 9:1 betragen habe – „anders als abgesprochen“. „Nicht nur, dass der Bürgerentscheid gegen den Windpark schlichtweg ignoriert wird“, so der AfD-Politiker. „Ich finde es mehr als bedenklich, dass die Veranstaltung, die zur Diskussion dieses Themas geführt werden sollte, nicht den im Voraus abgesprochenen und einer ausgewogenen und fairen Debatte entsprechenden Voraussetzungen entsprach!“ Wenn von Demokratie gesprochen werde, dann müssten auch alle Stimmen gleichberechtigt gehört werden.

„Gegenwind“ einzige Vertreter der Bürgerschaft

Nicole Fritsch, die bei der Veranstaltung in Marktl anwesend war, sieht die Äußerungen Bergmüllers kritisch. Fritsch ist Vorstandsvorsitzende des Vereins „Energiewende InnSalzach“, und befürwortet den Windpark im Landkreis Altötting. „Es wird für ‚Gegenwind‘ zunehmend schwieriger, ihre Nähe zur AfD zu leugnen, wenn ein MdL ihre Anliegen unterstützt und dabei erneut ‚Fakten‘ präsentiert, die keine sind.“ Die Beschwerde Bergmüllers, es sei undemokratisch, wenn die Gegner bei der Diskussion in der Unterzahl seien, zeige laut Fritsch ein mangelndes Verständnis von Demokratie. „Demokratie bedeutet nicht, dass jede Position gleich stark vertreten sein muss, sondern dass jede Stimme Gehör findet. 

Es sei außerdem erwähnenswert, dass „Gegenwind“ als einziger Vertreter der Bürgerschaft anwesend war, die Befürworter aber gar nicht. „‘Gegenwind‘ hatte somit die große Chance, ihre Position in einer bedeutenden Veranstaltung zu vermitteln, entschied sich jedoch, diese nicht zu nutzen“, so Fritsch. Es scheine fast, als wäre ein konstruktiver Dialog nie Anliegen der Aktivisten gewesen. „Als Zuschauer bleibt nach diesem Abend nur ein Gefühl der Verwunderung und die Befürchtung, dass ‚Gegenwind‘ möglicherweise undemokratischer ist, als bislang angenommen.“

Weitere Redner von „Gegenwind“ kamen nicht

Als zweiter Redner für „Gegenwind“ hätte neben Harböck ursprünglich Stefan Spiegelsberger auftreten sollen, ein Mitglied der Prepper-Szene und Betreiber eines YouTube-Kanals, auf dem er unter anderem Videos zum geplanten Windpark in Altötting postet. Er sei zuerst nicht zugelassen worden, weil er nicht aus Marktl stamme, so Spiegelsberger, und merkt an, dass weder Aiwanger noch andere Sprecher aus Marktl stammen. Am Montag, als er schließlich doch als Sprecher eingeladen wurde, habe er beschlossen, nicht zu kommen: „Leute, ich bin im Urlaub und ich hab Anderes vorgehabt“, sagt er seinem Video. Auch ein weiterer Windpark-Gegner der neben Harböck sprechen wollte, Daniel Decker, war dem Abend ferngeblieben.

„Bewusst falsches Bild gezeichnet“

Zu den Behauptungen der Windpark-Gegner sagt Bürgermeister Dittmann (CSU), dass ursprünglich angedacht war, eine kritische Eingangsfrage an die sechs Teilnehmer auf dem Podium zu richten. Anschließend sollte der Dialog mit dem Publikum geöffnet werden, in dem sowohl Befürworter als auch Gegner des Windparks vertreten waren. „Ich habe Rainer Harböck vor der Veranstaltung mehrmals versichert, dass es nicht zu einem ‚Alle gegen Einen‘ kommen wird“, so Dittmann. Als der „Gegenwind“-Sprecher eine Woche vor der Veranstaltung ankündigte, einen Mitstreiter auf die Bühne mitnehmen zu wollen, habe Dittmann deswegen zuerst nicht eingewilligt, am Nachmittag des Vortags aber doch zugesagt.

„Dass in den Äußerungen die Rede von einem Verhältnis von 9:1 ist, ist nicht zutreffend“, so Dittmann. Es werde bewusst ein falsches Bild von den Windpark-Gegnern gezeichnet. „Würde man der Argumentation folgen, dass Diskussionen nur demokratisch sind, wenn die Teilnehmer zu gleichen Teilen einer jeweiligen Gruppe zugehören, so würde im Bayerischen Landtag auch kein SPD´ler an Sitzungen teilnehmen“, sagt der Bürgermeister. Im Übrigen habe jeder Teilnehmer im Saal seine Fragen stellen können – unabhängig davon, ob Befürworter oder Gegner und auch unabhängig vom Wohnort. „Gegenwind“ habe sich bewusst in die Opferrolle begeben – die Veranstaltung aber nicht genutzt, um inhaltliche Argumente gegen den Windpark zu liefern, so Dittmann. „Am Ende kann niemand sagen, wie die Diskussion eigentlich verlaufen wäre, weil sie im ursprünglich angedachten Format nicht stattfinden konnte.“

Wer sind Gegenwind, Vernunftkraft und EIKE?

„Gegenwind“ bezeichnet sich selbst als „Bürgerinitiative“ und entsprang ursprünglich aus einer Telegram-Gruppe um AfD-Kreisrat Günther Vogl. Wegen ihrer Nähe zu der Partei kam es in der Vergangenheit zum Ausstieg mehrerer Sprecher, sowie zur Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt. Bereits nach den ersten Aktionen der Gruppierung stellte Volksverpetzer fest, dass „Gegenwind“ Informationsquellen von „Vernunftkraft“ nutzte, eine Organisation, die laut LobbyControl eng mit der Atomlobby, AfD und FDP verflochten ist. „Die AfD profitiert verstärkt von antiwissenschaftlicher Klimarhetorik“, heißt es in dem Artikel. „Sie steht außerdem in Verbindung zum Lobbyinsitut EIKE, welches die Klima-Desinformation in Deutschland organisiert. Laut LobbyControl gibt es starke personelle Überschneidungen zwischen EIKE, ‚Vernunftkraft‘ und AfD.“

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