Ticker mit Stimmung, Meinungen und Ergebnissen
Eindeutiges Ergebnis bei Bürgerentscheid in Marktl: Die Mehrheit stimmte für Windräder
In Marktl fand am 9. Juni parallel zur Europawahl ein Bürgerentscheid zu Windrädern in den Staatsforsten statt. Mit großer Spannung erwarteten vor allem die Bewohner des Dorfes Schützing das Ergebnis, denn sie werden am meisten von den Windenergieanlagen beeinträchtigt. Die Resultate der Abstimmung.
Übersicht
Update 22 Uhr: Die Ergebnisse zum Bürgerentscheid in Marktl sind da
Endlich sind die Ergebnisse da! Die Fragestellung des Bürgerentscheids in Marktl lautete: „Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde Marktl ihr gemeindliches Einvernehmen zum Bauvorhaben der Errichtung der Windkraftanlagen auf den Flurnummern 4, 11 und 12 der Gemarkung Daxenthaler Forst im Gemeindegebiet Marktl erteilt?” Insgesamt waren in Marktl 2.301 Bürger wahlberechtigt – 950 von ihnen beantragten die Briefwahl.
An der Urne gaben 747 Wähler ihre Stimmzettel ab, 4 davon waren ungültig. Im Wahllokal stimmten 418 Personen mit einem „Ja“, während 325 Wähler das „Nein“ ankreuzten. Per Briefwahl waren 865 Stimmzettel eingetroffen, davon war 1 Stimme ungültig. 552 Briefwähler stimmten mit „Ja“ und 312 mit „Nein“.
Insgesamt wurden also 1.612 Stimmzettel abgegeben – 5 davon waren ungültig. Die Abstimmungsbeteiligung betrug rund 70 Prozent. 970 Wähler stimmten für die Windräder und 637 dagegen. Umgerechnet waren demnach 60 Prozent der Wähler für Windräder auf dem Gebiet der Kommune Marktl und der von Bürgern, Bürgermeister und Minister Aiwanger ausgearbeitete Kompromiss scheint demnach Früchte getragen zu haben.
Die Ergebnisse im Überblick:
| JA | NEIN | ungültig | Stimmzettel gesamt | |
|---|---|---|---|---|
| Urnenwahl | 418 | 325 | 4 | 747 |
| Briefwahl | 552 | 312 | 1 | 865 |
| Gesamt | 970 | 637 | 5 | 1.612 |
Der Bürgermeister von Marktl, Benedikt Dittmann (CSU), wirkt nach der Auszählung erleichtert: „Ich bin froh, dass die Sache nun um ist“, bemerkte er. Nur wenige Tage vor dem Entscheid war seine Glaubwürdigkeit von unbekannten Flugblatt-Verfassern angegriffen worden. Dittmann hofft nun, dass es in Marktl wieder mehr um Gemeindethemen geht. Er bedankt sich bei den Bürgern von Marktl für die rege Beteiligung an der Wahl aber auch an dem Dialog vor dem Bürgerentscheid.
Auch bei Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bedankt sich Dittmann: „Er hat die Sorgen und Bedenken der Bürger ernst genommen und das hat am Ende zu einem tragfähigen Kompromiss geführt.“ Die Befürwortung der Windräder durch rund 60 Prozent der Wähler, sei sicherlich auf die Gespräche und Bereitschaft für eine Einigung zurückzuführen.
Bei der Wahl selbst fungierte Dittmann als Wahlvorstand. Während Zuschauer ihm und den sechs Wahlhelfern über die Schulter blickten, wurden Stimmzettel sortiert und ausgezählt. Dass es sich bei der Urnenwahl um ein relativ knappes Stimmergebnis handeln würde, wurde schon nach der ersten Sortierung vermutet. Auf die Ergebnisse der Briefwahlauszählung mussten dann noch etwas länger gewartet werden. Erst gegen 22 Uhr standen schließlich die Resultate fest.
Update 14.30 Uhr: Die Spannung steigt – vor allem bei den Bewohnern von Schützing
Um 14 Uhr ist der Andrang im Marklter Bürgerhaus schon etwas weniger geworden. Der Großteil der 2.314 wahlberechtigten Marktler scheint bereits am Vormittag seine Stimme abgegeben zu haben. Rund 900 Marktler forderten die Briefwahlunterlagen an. Betroffen vom Abstimmungsergebnis werden vor allem die Bewohner des Dorfes Schützing sein, das umgeben vom Staatsforst westlich der B20 zwischen Marktl und Burghausen liegt. Nur etwa 80 Einwohner hat die zerstreute Siedlung – und das bedeutet, dass ihr Geschick in den Händen der restlichen Gemeindebürger liegt. Walter Mayerhofer und Benedikt Baumgartner stammen beide aus Schützing. Beide haben bereits am Vormittag ihre Stimmen abgegeben und beide berichten von einer sehr gut besuchten Wahl. „Die Stimmung war sehr unspektakulär“, sagt Mayerhofer. „Anders als bei den vielen Veranstaltungen zum Windpark, waren keine Windpark-Gegner vor Ort.“ Auch als Baumgartner wählte, war es trotz reger Beteiligung und Schlangenbildung vor dem Wahllokal sehr ruhig.
Zu ihrer Einschätzung befragt, sind die beiden Schützinger unterschiedlicher Meinung: Während Mayerhofer von einem knappen „Ja“ für die Windräder ausgeht, meint Baumgartner, dass es ein knappes „Nein“ wird. In Bezug auf die Meinung im Dorf Schützing befragt, sagt Mayerhofer: „Ich kann nicht für alle sprechen, denn es gibt sowohl klare Befürworter als auch klare Gegner. Als wir bei der Bürgerwerkstatt zusammen mit dem Bürgermeister einen Kompromiss erarbeitet hatten, waren aber zwei Drittel der Schützinger Familien für den Kompromissvorschlag, und befürworten die Windräder dementsprechend.“ Die Solidarität der Marktler zu ihren Schützinger Mitbürgern sei jedoch schwer einzuschätzen. Da sich die Standorte der Windräder aber fast fünf Kilometer vom Ortskern befinden sollen, sind sie kaum von den Anlagen betroffen. „Ich glaube schon, dass die Marktler die Windräder befürworten werden“, sagt Mayerhofer.
Benedikt Baumgartner, dessen Anwesen sich in unmittelbarer Nähe der künftigen Windenergieanlagen befindet, war erst der Meinung, dass sich die Bürger klar gegen die Windräder entscheiden würden. „Inzwischen hat sich meine Meinung ein wenig gewandelt“, so Baumgartner. Er glaubt, dass die Abstimmung zwar sehr knapp ausfallen wird – aber immer noch mit einem „Nein“. „Mir persönlich ist dennoch wichtig, dass die Abstimmung positiv ausgeht, weil es mit dem erarbeiteten Kompromiss eine Perspektive gibt, die wir selbst mitgestalten konnte“, sagt Baumgartner. Mit dem Kompromiss könne er gut leben – auch wenn er als Anlieger direkt von Schall und Schattenwurf betroffen ist. Ob die Marktler sich solidarisch mit den Schützingern zeigen? Baumgartner sagt: „Es gibt schon viele in Marktl, die sich mit unserer Lage in Schützing auseinandergesetzt haben. Aber sie stimmen trotzdem entsprechend ihrer eigenen Meinung ab.“
Update 11 Uhr: „Genau so, wie‘s sein soll“: Rege Beteiligung an Wahl und Bürgerentscheid
Bereits seit acht Uhr ist das Wahllokal im Marktler Bürgerhaus gut besucht. Bürgermeister Benedikt Dittmann (CSU) zeigt sich mehr als zufrieden mit der regen Beteiligung der Bürger: „Es ist genau so, wie‘s sein soll“, sagt er gegen zehn Uhr, während sich hinter ihm Schlangen vor dem Eingang zum Wahllokal bilden. Die Stimmung ist gut – von Streit oder Diskussionen ist keine Spur. „Wir wünschen uns weiter eine so rege Beteiligung an der Wahl und am Bürgerentscheid“, so Dittmann weiter und bittet die Marktler ihre Stimme abzugeben.
Eine Einschätzung kann und will der Bürgermeister zur Wahl aktuell nicht geben. Allerdings trauen sich einige der Wähler, einen Tipp abzugeben: „Ich glaube, es geht ganz knapp aus“, sagt ein Marktler, der gerade aus dem Wahllokal tritt. Er ist der Meinung, dass 55 Prozent der Wahlberechtigten für die Windräder stimmen. Eine weitere Stimmberechtigte schätzt die Lage ebenso ein: Sie tippt auf 60:40 für die Windräder. Da vor der Auszählung zum Bürgerentscheid ab etwa 18 Uhr die Stimmen zur Europawahl ausgezählt werden müssen, kann es sich jedoch ziehen, bis Ergebnisse vorliegen.
Der Bürgermeister äußert sich zur Flugblattaktion
Das Resultat des Entscheids wird von der Marktl Bevölkerung mit großer Spannung erwartet – gerade weil im Vorfeld der Abstimmung Flugblätter verteilt worden waren, die die Glaubwürdigkeit des Bürgermeisters untergraben sollten. Sogar Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte in einer Videobotschaft an die Marktler zu den Vorwürfen gegen Dittmann Stellung genommen. Aiwanger bezeichnete die Angaben auf den Flugblättern als „Fake News“. Der Verfasser der Flyer war anonym geblieben, und obwohl sich die Bürgerinitiative „Gegenwind“ in einer Pressemitteilung zu den Inhalten auf den Flugblättern äußerte, bestätigten die Aktivisten bislang nicht, für die Inhalte, Vervielfältigung und Verteilung verantwortlich zu sein.
Dem Bürgermeister wurde in den Flugblättern unterstellt, zwei falsche Behauptungen aufgestellt zu haben (siehe unten). Zu den Vorwürfen sagt Benedikt Dittmann: „Ich bin irritiert, dass mir unterstellt wird, die Bürger in die Irre führen zu wollen oder bewusst falsch zu informieren. In unzähligen Gesprächen habe ich zusammen mit vielen Marktlern versucht, das Beste für die Bürger zu erreichen.“ Als Bürgermeister habe Dittmann dabei sowohl die Gesetzeslage als auch die zahlreichen Gespräche mit dem Minister, den Staatsforsten, Kritikern und weiteren Projektbeteiligten berücksichtigt, und die Möglichkeiten als Kommune ausgeschöpft. „Nun wird mit persönlichen, teilweise fast verleumderischen Angriffen auf meine Amtsführung versucht, von der Schwäche der eigenen Argumente abzulenken“, schließt Dittmann aus den Texten im Flugblatt.
Heiße Schlacht im Vorfeld der Abstimmung
Marktl – Mit Spannung wird im ganzen Landkreis Altötting das Ergebnis des Bürgerentscheids in Marktl erwartet: Nachdem die Bürger von Mehring erst im Februar gegen Windräder auf ihrem Gebiet gestimmt hatten, ist nun die Meinung der Marktler gefragt: Bei ihnen geht es um vier Windräder, die rund fünf Kilometer vom Ortskern im Staatsforst erbaut werden sollen.
Schützing hatte im Vorfeld Kompromiss erarbeitet
Direkt betroffen von den Windrädern sind vor allem die Bewohner von Schützing, einem Dorf, das umgeben vom Staatsforst westlich der B20 zwischen Burghausen und Marktl liegt. Weil die Bewohner von Schützing gemeinsam mit dem Bürgermeister von Marktl, Benedikt Dittmann (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) eine Kompromisslösung aushandeln konnten, dürfte seitens der Schützinger jedoch mit wenig Gegenstimmen gerechnet werden. Doch nur wenige Tage vor dem Entscheid sorgte eine Flugblattaktion für negative Stimmung in Marktl:
Von wem die Flugzettel stammen, ist bislang unklar. Auf ihnen wurde Bürgermeister Dittmann falscher Behauptungen bezichtigt, denn er habe gesagt, ein „Nein“ beim Bürgerentscheid könne dazu führen, dass im gesamten Suchgebiet für Windkraftanlagen noch mehr Windräder erbaut würden. Er habe außerdem behauptet, dass den Staatsforsten ein Zugeständnis abgerungen worden sei, dass Windräder nur mit Zustimmung der Gemeinden erbaut werden dürften. Tatsächlich war dies bereits in zahlreichen Sitzungen und Veranstaltungen sowie in Medienberichten thematisiert worden.
Zustimmung der Gemeinden bald obsolet?
Auch Wirtschaftsminister Aiwanger bestätigte Dittmanns Aussagen in einer Videobotschaft: „Mich haben gerade Informationen erreicht, dass vor Ort schon wieder Fake-News verbreitet werden“, so Aiwanger. Weil ein Passus, der den Staatsforsten vorgibt, dass Windräder nur mit Zustimmung der Gemeinden erbaut werden dürfen, voraussichtlich geändert werde. Aus diesem Grund könne ein „Nein“ beim Bürgerentscheid den Bau von Windrädern möglicherweise bald nicht mehr verhindern. Erneut bat Aiwanger die Marktler für die Kompromisslösung zu stimmen, da mit einer Ablehnung am Ende möglicherweise mehr Windräder kommen könnten.
„Sollte diese Vermutung stimmen, würde eine Änderung der Kommunalklausel jedoch erst für zukünftige Projekte gelten und nicht für das Windkraftprojekt in unserem Staatsforst“, behauptete daraufhin „Gegenwind“ in einer Pressemitteilung. Der ehemalige Anwalt der Bürgerinitiative, Frank C. Starke aus Bad Reichenhall sagt jedoch: „Da die Gemeinden nur relativ wenig rechtlichen Einfluss auf die Erteilung einer Baugenehmigung haben, kann ein Bürger- oder Ratsbegehren möglicherweise ein stumpfes Schwert sein.“ Alle Beteiligten seien gut beraten, auf politischer Ebene und auf dem Verhandlungsweg zu guten Lösungen zu kommen.
Weiterer Bürgerentscheid in Haiming?
Von dem geplanten „Mega-Windpark im Landkreis Altötting“, waren ursprünglich neun Kommunen betroffen, doch die Gemeinden Kastl und Emmerting hatten sich gleich zu Beginn gegen Windenergie im Staatsforst gestemmt. Nachdem die Bürgerinitiative „Gegenwind“ ein Bürgerbegehren für Entscheide in Mehring und Marktl durchführte, soll auch in Haiming ein Bürgerentscheid initiiert werden. Im Falle einer Zulassung durch den Gemeinderat könnte innerhalb der nächsten sechs Monate eine weitere Abstimmung anstehen, bei der es um sieben Windräder ginge. Doch, wenn tatsächlich eine Passänderung kommt, könnten alle bisherigen Entscheidungen infrage gestellt werden.
Das Ergebnis des Bürgerentscheids hat ohnehin „nur“ die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Er kann innerhalb eines Jahres bloß durch einen weiteren Bürgerentscheid geändert werden – außer die entsprechende Sach- oder Rechtslage hat sich grundlegend verändert. Diese Bindungsfrist gilt auch, wenn ein Bürgerbegehren vom Gemeinderat übernommen wurde (Ratsbegehren) – wie im Fall Marktl. Nach einem Jahr müssten jedoch erneut Bürgerbegehren durchgeführt werden, um sich mit weiteren Bürgerentscheiden gegen den Bau von Windrädern zu stemmen. Da mit dem Bau der Windkraftanlagen erst ab 2027 gerechnet wird, müssten die Bürger also weiterhin jährlich zu einem „Nein“ mobilisiert werden.
Hier geht es zu unserer Themenseite zum Windpark im Landkreis Altötting

