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„Gegenwind“ will Zustimmung zu Windkraftanlagen verhindern

Bürgerbegehren gegen Windräder in Haiming abgelehnt: Fragestellung materiell unzulässig

Insgesamt sieben Windräder sind auf dem Gebiet der Kommune Haiming geplant. „Gegenwind“ will den Bau verhindern.
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Insgesamt sieben Windräder sind auf dem Gebiet der Kommune Haiming geplant. „Gegenwind“ will den Bau verhindern.

Mit einem weiteren Bürgerbegehren wollte die Initiative „Gegenwind“ den Bau von sieben Windkraftanlagen in Haiming stoppen. Am Nachmittag des 26. August stimmte der Gemeinderat über den Antrag ab und lehnte es wegen materieller Unzulässigkeit ab.

Übersicht

Update 17.00 Uhr: Bürgerbegehren in Haiming abgelehnt – Fragestellung materiell unzulässig

Pünktlich fand sich der Gemeinderat von Haiming im Sitzungssaal des Rathauses ein: Zwar nicht vollzählig – aber beschlussfähig, wie Bürgermeister Wolfgang Beier (CSU/AWG) die Anwesenden informierte. Nach kurzer Wiederholung der Fragestellung des Bürgerbegehrens begann Beier mit Erläuterungen zu den formalen Vorgaben und der Prüfung, ob diese bei dem Bürgerbegehren von „Gegenwind“ gegeben sind. Generell seien sie das: Das Begehren wurde ordnungsgemäß eingereicht, die genannten Vertreter sind noch immer für die Sache aktiv und deswegen im Gegensatz zum ersten Antrag der Bürgerinitiative nichts zu bemängeln. Insgesamt wurden 425 Unterschriften abgegeben, von denen 407 gültig sind: Das Quorum von zehn Prozent wurde demnach erfüllt und das Bürgerbegehren ist damit formal zulässig.

Dann erläuterte Bürgermeister Beier den Hintergrund zur materiellen Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Er ging dabei auf die zwei Frageteile des Bürgerbegehrens ein, die sich einerseits auf bereits erteilte Zustimmung und andererseits auf künftige Zustimmungen der Gemeinde zu Windrädern auf dem Gemeindegebiet beziehen. „Die Rechtslage hat sich seit dem ersten Bürgerbegehren in zwei Dingen wesentlich geändert“, so Beier. „Erstens dadurch, dass die Kommunalklausel aufgehoben worden ist und zweitens, weil das betroffene Gebiet inzwischen als Vorranggebiet für Windenergieanlagen ausgewiesen worden ist. Das ist von entscheidender Bedeutung.“

Die Fragestellung, die sich auf bisherige Zustimmungen der Gemeinde zu Windrädern auf dem Gemeindegebiet bezieht, sei materiell unzulässig, so Beier. Er begründete dies mit schriftlichen Mitteilungen von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) und den BaySF, die sich inhaltlich decken: Ein Bürgerentscheid würde seit dem Wegfall der Kommunalklausel keine direkte Auswirkung mehr auf die Verträge mit dem Windpark-Erbauer haben. Aus diesem Grund sah Beier keine Zulässigkeit dieses Frageteils und zitierte eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs: „Wo es nichts zu entscheiden gibt, kann auch kein Bürgerentscheid stattfinden.“

Komplexe Neubestimmungen und Sondersituation

Laut Beier führen die komplexen Neubestimmungen und die Sondersituation, dass der Staatsforst im Gemeindegebiet nun zum Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen wurde, nun auch dazu, dass der zweite Teil der Fragestellung materiell unzulässig ist. Durch die Privilegierung der Windenergie und die Ausweisung zum Vorranggebiet könne die Gemeinde den Bau der Windkraftanlagen nicht mehr beeinflussen. Ein Gemeindeentscheid – also auch ein Bürgerbegehren – habe demnach keine rechtlichen Auswirkungen mehr. Mit einer Gegenstimme beschloss der Gemeinderat anschließend, das Bürgerbegehren wegen dessen materieller Unzulässigkeit abzulehnen.

Auch für ein Ratsbegehren sah Bürgermeister Beier „keine Notwendigkeit, keinen Sinn und keinen Zweck.“ Die Gemeinde habe die Windkraftanlagen nicht prinzipiell abgelehnt, aber intensiv daran gearbeitet, eine verträgliche Lösung zu erlangen. Mit wenig Aufwand habe man die Zahl der Windräder um zwei Anlagen reduzieren und den Abstand zur Wohnbebauung vergrößern können. Christine Neudert eine Sprecherin der Bürgerinitiative Gegenwind kam zum Ende auch zu Wort und äußerte ihre Sorge bezüglich der vielen gesetzlichen Änderungen. „Ich bin überrascht, dass das Bürgerbegehren mit so wenig Verständnis aufgenommen wird“, so Neudert, bedankte sich aber zugleich für die konstruktiven Gespräche mit dem Bürgermeister im Vorfeld.

Zahlreiche Bürger von Haiming wohnten dem öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung bei. Viele von ihnen zeigten sich während der Sitzung empört und erschüttert über die Auswirkungen der rechtlichen Änderungen. Auch beim Verlassen des Rathauses wurden Enttäuschung und Frust laut.

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Vorbericht: Bürgerbegehren gegen Windräder – Entscheidung des Gemeinderats erwartet

Haiming – Inzwischen sind über zwei Monate vergangen, seit der Gemeinderat von Haiming über einen Antrag der Initiative „Gegenwind“ auf ein Bürgerentscheid gegen Windräder auf dem Gebiet der Kommune abstimmte: Der Antrag sei formell und materiell unzulässig, lautete die Begründung des Beschlusses. Bei der Initiative stieß die Ablehnung jedoch auf scharfe Kritik und in einer Pressemitteilung wurde daraufhin angekündigt, dass man ein neues Bürgerbegehren mit geänderter Fragestellung anstrebe. Bereits am 7. August teilte „Gegenwind“ dann mit, dass die neuen Unterschriftenlisten bei der Gemeinde eingereicht worden seien – der Beschluss über den erneuten Antrag soll heute (26. August) ab 16 Uhr gefasst werden.

Schwere Vorwürfe gegen Gemeinderat und Bürgermeister

„Nichts ist enttäuschender, als die Ablehnung des Bürgerwillens durch den eigenen Bürgermeister bzw. den eigenen Gemeinderat“, schrieb „Gegenwind“ in der Pressemitteilung vom 22. Juni 2024. Dass das Bürgerbegehren formelle und materielle Fehler enthalte, sei nicht richtig. Die Initiative warf dem Gemeinderat jedoch vor, sich hinter Paragrafen zu verstecken und bemängelt, dass der Bürgermeister die Antragsteller nicht auf formale Fehler hingewiesen habe: „Als neutrales und faires Oberhaupt der Gemeinde hätte man dies erwarten können“, so die Pressemitteilung im Wortlaut.

29 Unterschriftenlisten mit 419 Unterschriften hatte die Initiative eingereicht – deutlich mehr als die erforderlichen zehn Prozent der wahlberechtigten Bürger von Haiming. Doch ein wesentlicher Grund für die Ablehnung durch den Gemeinderat war die unvollständige Vertretung: Eine der drei benannten Personen, Wolfgang Peiskar, war zum Zeitpunkt des Antrags bereits aus der Initiative ausgetreten. Im Februar hatte Peiskar sein Mandat niedergelegt, weil sich das Führungsteam von „Gegenwind“ zu wenig von der AfD distanziere. Auch Frank C. Starke aus Bad Reichenhall, der ehemalige Anwalt der Initiative, hatte aus denselben Gründen die Zusammenarbeit mit den Windpark-Gegnern beendet.

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Unsere gesamte Berichterstattung zum Windpark Altötting, den Argumenten dafür und dagegen, dem Ablauf der Bürgerbegehren und vieles mehr findet Ihr auf unserer Themenseite.

Neues Begehren fordert Aufhebung jeder Zustimmung zu Windrädern

Nun wurde am 7. August ein neuer Antrag auf einen Bürgerentscheid bei der Gemeinde Haiming eingereicht: Dieses Mal wurden von vorneherein nur zwei Vertreter der Initiative genannt. Es wird ein Bürgerentscheid gefordert, bei dem die Haiminger darüber abstimmen sollen, ob die Gemeinde ihre bereits gegebenen Zustimmungen aufheben und künftige Zustimmungen Windkraftprojekten verweigern soll. Die Begründung des Antrags fällt umfangreich aus: Haiming sei bereits durch mehrere große Bauvorhaben, wie den Ausbau der A94, eine Deponie für PFOA-belasteten Bodenaushub, eine 380-KV-Freilandtrasse sowie den Bau eines Wasserstoffspeichers und eines Wasserstoffnetzes, stark belastet. Die Windkraftanlagen würden zu einer weiteren Verschlechterung der Lebensqualität führen, ohne nennenswert zur Energieversorgung beizutragen.

Die Initiatoren warnen zudem vor erheblichen Gefahren und Einschränkungen, die durch das Windkraftprojekt entstehen könnten. Besonders besorgniserregend sei die Nähe der Windräder zu explosionsgefährdeten Bereichen der chemischen Industrie. „Ein Brandfall, der auf die Chemieanlagen übergreift, kann nicht zu 100 % ausgeschlossen werden“, so die Befürchtungen der Bürgerinitiative. Auch der Bannwald müsse unversehrt bleiben, um die Emissionen der nahegelegenen Industrie zu mindern. Zudem liege das projektierte Gebiet größtenteils im Vorranggebiet für die Wasserversorgung. In Zeiten des Klimawandels sei es besonders wichtig, die Trinkwasserversorgung uneingeschränkt zu erhalten

Rechtliche Herausforderungen und Hintergründe

Auf dem Gemeindegebiet von Haiming ist nach derzeitigem Stand der Bau von sieben Windrädern geplant. Die Grundstücke gehören dem Freistaat Bayern und werden von den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) an den Projektbetreiber „Qair“ verpachtet. Sie gehören zum Vorranggebiet für Windenergie und sind ausgewiesene Flächen im Regionalplan. Die Gemeinde Haiming betont, weder Initiatorin noch Trägerin des Projekts zu sein – trotzdem steht sie aufgrund ihrer bisherigen Zustimmungsbefugnisse im Zentrum der Kritik. Die Abschaffung der Kommunalklausel, welche die BaySF früher dazu verpflichtete, ein „Ja“ von Gemeinden für Windräder im Staatsforst einzuholen, warf jedoch neue rechtliche Fragen auf.

Frank C. Starke, der ehemalige Anwalt von „Gegenwind“ und Fachanwalt für Verwaltungsrecht betonte jedoch, dass Bürgerbegehren weiterhin möglich sind und die Bürgerbeteiligung nicht geschwächt werde. Auch ein Sprecher der BaySF gab gegenüber innsalzach24.de an, dass auch künftig Bürgerentscheide im Gebiet des Windpark Altötting möglich seien. Belange der jeweiligen Standortgemeinde, wie beispielsweise die Zahl der Windräder, im Sinne der Akzeptanzförderung für Windenergieprojekte würden auch weiterhin bestmöglich berücksichtigt.

Die aktuellen Standorte der geplanten Windräder im Landkreis Altötting.

Ausgang vorheriger Bürgerbegehren

In einem Bürgerentscheid der Gemeinde Mehring stimmte die Bevölkerung bereits gegen den Bau von Windrädern, während sich die Bürger von Marktl für deren Bau entschieden. In Gesprächen mit den Bewohnern des Dorfes Schützing war ein Kompromiss ausgearbeitet worden, der schließlich zur Befürwortung er Kommune führte. Ein kürzlich eingereichtes Bürgerbegehren in Neuötting wurde jedoch ebenso wie das erste Begehren in Haiming vom Stadtrat als unzulässig abgelehnt. Wie es in Neuötting weitergehen wird, könnte nun vom Verlauf des Geschehens in Haiming abzuleiten sein.

Insgesamt 27 Windkraftanlagen will Qair im Burghauser und Öttinger Forst erbauen, die Inbetriebnahme soll 2027 erfolgen. Aktuell laufen Windmessungen und eine artenschutzrechtliche Prüfung und Kartierung des Gebiets. Anfang 2025 sollen die genauen Standorte feststehen und der Genehmigungsantrag eingereicht werden. Dieser enthält neun Unterpunkte, in denen unter anderem auf Brandschutz, Rückbauverpflichtung und den Umgang mit PFOA-belastetem Erdaushub eingegangen wird. Bei der Antragskonferenz Mitte Julia hatten mehrere Bürgermeister ein besonderes Augenmerk auf den Trinkwasserschutz erbeten. Ausgleichsflächen für die Abholzung von Bannwald sollen auch in den angrenzenden Gebieten von Kirchdorf am Inn und Hart an der Alz geschaffen werden können.

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