Diskussion zum Windpark im Landkreis Altötting
„Keine seriöse Politik!“: Das Bürgerbegehren gegen Windräder in Neuötting ist gescheitert
Bei einer Sondersitzung hat der Stadtrat von Neuötting das Bürgerbegehren gegen den Bau von Windrädern im Staatsforst als unzulässig abgelehnt. Das Begehren habe trotz reger Beteiligung keine Auswirkungen mehr auf die Entscheidungen der Bayerischen Staatsforsten.
Neuötting – In einer emotional geladenen Sondersitzung am 1. August im Stadtsaal Neuötting hat der Stadtrat entschieden, das Bürgerbegehren „Keine Windräder im Neuöttinger Forst“ als unzulässig abzulehnen. Bürgermeister Peter Haugeneder (SPD) betonte dabei, dass das Anliegen der Bürger wichtig sei, aber seit der Abschaffung der Kommunalklausel habe das Bürgerbegehren keine Auswirkung mehr auf die Vertragsverhältnisse zwischen den Bayerischen Staatsforsten und dem Windparkbetreiber Qair. Die betroffenen Flächen seien zudem vom Regionalen Planungsverband als Windvorranggebiete ausgewiesen worden.
„Während des Spiels werden plötzlich die Spielregeln geändert“
Der Stadtrat bestätigte, dass die notwendige Anzahl an Unterschriften erreicht wurde. Von den eingereichten 1.672 Unterschriften waren 1.448 gültig, womit das erforderliche Quorum von 10 Prozent der Gemeindebürger deutlich überschritten wurde. Trotz dieser formellen Zulässigkeit konnte das Bürgerbegehren aus materiellen Gründen nicht zugelassen werden.
Klaus Angermeier kritisierte jedoch die Situation: „Während des Spiels wurden plötzlich die Spielregeln geändert“, so der Fraktionssprecher der CSU. „Die Bürger werden an der Nase herumgeführt, wenn wir so tun, als könnten wir noch etwas bewegen“, betonte er. Zwar hatte Bürgermeister Haugenender vorgeschlagen, dass das Gespräch mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens gesucht werde und auch Vertreter des Wirtschaftsministeriums und Qair daran teilnehmen sollen. Doch Angermeier hob hervor, wie unbefriedigend die Situation für Bürger, Initiatoren und Stadtratsmitglieder sei.
„Wir haben vor einem halben Jahr einen guten, modifizierten Beschluss gefasst, weil wir nicht nur passiv daneben stehen, sondern daran mitwirken wollten, für das Neuöttinger und Alzgerner Gebiet eine vernünftige Lösung zu finden“, so Angermeier. Nun sei die Beteiligung jedoch nur noch eine monetäre. Die CSU-Fraktion stimmte dennoch zu, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen: „Im Prinzip machen wir dann ein Freundschaftsspiel ohne Bedeutung“, so der Fraktionssprecher. Er bat aber um den Zusatz, dass ein Dialog über den Standort der Windräder geführt werden solle, der denen der Kommune Marktl ähneln sollte: „Die Stadt ist als Moderator dieses Dialogs wichtig“, so Angermeier.
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„Bürgerbegehren würde die Fronten noch verhärten“
Jürgen Gastel, Fraktionssprecher der SPD sprach sich ebenfalls für die Ablehnung des Bürgerbegehrens aus. Es sei ein Begehren, das ins Leere hineinlaufe und aus diesem Grund nicht zulässig. Auch wenn die Gemeinde ein Ratsbegehren hinzufüge, wäre am Ende niemand der Sieger: „Wir haben Angst davor, dass die Gräben noch größer werden.“, so Gastel. „Das Bürgerbegehren würde die Fronten noch verhärten – und das wollen wir verhindern.“ Der SPD-Sprecher betonte jedoch wie sein Kollege von der CSU die Notwendigkeit des Dialogs: „Wir haben den Beschluss damals nicht leichtfertig gefasst. Wir wollten Bürgerbeteiligung bei der Standortfrage, doch schon zu Beginn sind wir überrannt worden mit 40 Windrädern, die publik gemacht wurden, ohne dass je vorher etwas geprüft worden wäre.“
Auch die Grünen und die Freien Wähler stimmten für die Unzulässigkeit des Begehrens. „Wir können durch das Bürgerbegehren nichts mehr ändern“, so Felix Ober von den Grünen. Oskar Hofstetter (FW) bedauerte: „Nun ist eingetreten, was wir bei der ersten Abstimmung befürchtet haben, nämlich dass wir dasitzen und bei dem Spiel nur zusehen dürfen. Das ist schade.“ Lediglich MdB Stephan Mayer (CSU) stemmte sich vehement gegen den Beschluss für die Unzulässigkeit des Begehrens. Er könne die Argumente nicht nachvollziehen und komme zu einer ganz anderen Bewertung. Mayer kritisierte die „massiven Fehler“ in der Kommunikation und öffentlichen Arbeit, die seitens der Bayerischen Staatsforsten begangen worden seien.
„Das ist keine seriöse Politik!“
„Die Spielregeln sind vom Aufsichtsrat der Bayerischen Staatsforsten verändert worden“, so Mayer. „Doch wenn die eine neue Entscheidung treffen, ist das Bürgerbegehren wieder zulässig“, machte er deutlich. Es gehe bei dem Begehren darum, dass die Bürger ernst genommen werden müssen. In Mayers Augen werden Gräben nicht durch die Zulassung eines Bürgerbegehrens vertieft, sondern durch dessen Nicht-Zulassung. „Manchmal machen auch Freundschaftsspiele Sinn – egal wie sie ausgehen“, betonte Mayer. Wirtschaftsminister Aiwanger habe sich vor dem negativen Bürgerentscheid in Mehring kein einziges Mal im Landkreis blicken lassen, hob Mayer außerdem hervor. „Dann ist es in die Hose gegangen und er stand plötzlich in jedem Vorgarten. Das ist keine seriöse Politik!“ Der schwarze Peter falle nun den Stadträten zu und das hätte keiner der Betroffenen verdient, so Mayer.
Nachdem alle Parteien ihre Meinung kundgetan hatten, wurde abgestimmt: Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wurde mit vier Gegenstimmen abgelehnt. Nach nur dreißig Minuten war die Sondersitzung, die von zahlreichen Bürgern aus Neuötting besucht worden war, beendet.