Amtsrichter: „Sie sah das Geld als ihres an“
Burghauser Mutter veruntreute 80.000 Euro vom Konto des eigenen Sohnes: Freiheitsstrafe
Eine Burghauser Mutter überwies vom Konto ihres erwachsenen Sohnes, der am Asperger-Syndrom leidet, große Geldsummen für eigene Zwecke – ohne seinem Wissen und Einverständnis. Dafür muss sie jetzt eine Haftstrafe antreten.
Altötting, Burghausen – Eine 63-Jährige aus Burghausen musste sich am 30. August vor dem Amtsgericht in Altötting verteidigen. Sie wurde beschuldigt, einen Betrag in Höhe von 80.000 Euro vom Konto ihres Sohnes veruntreut zu haben. Wegen Untreue in zwei Fällen wurde sie zu einem Jahr und elf Monaten Haft verurteilt – ohne Bewährung.
Die zweifache Mutter bezieht Erwerbsunfähigkeitsrente und wohnt zusammen mit ihrem behinderten Sohn in einer Wohnung in Burghausen. Diesen betreute sie bis Mitte September 2022. Nach dem Tod ihres geschiedenen Ehemannes erbten sie und ihr Sohn eine Wohnung, welche im Juni 2021 für rund 130.000 Euro verkauft wurde. Dieser Betrag wurde Mitte Juli 2021 auf einem Konto des Sohnes gutgeschrieben, für welches die Angeklagte kurz zuvor eine Verfügungsberechtigung erhalten hatte.
Zweifelhafte Geschichte von Immobilienerwerb in Russland
Nach dem Eingang des Geldes auf dem Konto ihres Sohnes hatte die Mutter im Zeitraum eines Jahres davon etwas mehr als 80.000 Euro auf das Konto der Halbschwester des Geschädigten überwiesen. Laut der Angeklagten soll diese gemeinsam mit ihr den geistig behinderten Sohn aufgezogen haben. Ihre Tochter habe der Rentnerin dann wiederum 48.000 Euro in bar übergeben – angeblich war es für ein Haus in Russland bestimmt. Dieses sollen Bekannte der Aussiedlerin 2020 in ihrem Auftrag gekauft und ihr das Geld dafür ausgelegt haben. Ab März 2023 sollte der Kaufbetrag dann an die russischen Bekannten in mehreren kleineren Beträgen in bar überbracht werden. Belege für diese Angaben lagen dem Gericht nicht vor. Die Angeklagte gab an, dass das Haus für sie und ihren Sohn, der in Russland eine Ausbildung starten sollte, gedacht sei.
Mutter kaufte Möbel und verreiste mehrmals
Als erster Zeuge wurde der Geschädigte selbst in den Gerichtssaal gerufen. Er sagt, für die Eigentumswohnung des verstorbenen Vaters seien 150.000 Euro geflossen. „Ich konnte davon nur ein Heimkino und eine Kamera kaufen, den Rest des Geldes hat meine Mutter ihrer Tochter gegeben“. Seine Mutter habe zu ihm gesagt, dass ihm das Geld nicht zustehe. Seine Mutter sei mehrmals nach Russland gereist, habe Möbel und eine teure Kaffeemaschine gekauft. Die Auszüge seines Kontos habe er nie angeschaut, erst als ein Brief von der Bank an ihn ankam, habe er gesehen, dass nicht mehr viel von dem Geld für die Wohnung auf dem Konto war. Kurz darauf – im Juli 2022 – habe er dann Anzeige erstattet. Von einer großen Überweisung an seine Halbschwester in Höhe von 65.000 Euro habe der Geschädigte erst bei der polizeilichen Vernehmung erfahren.
Sohn soll von Mutter manipuliert worden sein
Über den Kauf eines Hauses in Russland soll er nie mit der Mutter geredet, geschweige denn zugestimmt haben. „Für einen Hauskauf müsste es einen Kaufvertrag geben“, sagte der Geschädigte. Diesen oder bloß ein Foto von einem Haus habe er nie gesehen. „Ich habe bei dem Wohnungsverkauf nur mitgemacht, weil ich meiner Mutter vertraut habe“, sagte der Geschädigte. Auf seine Bitte wurde ein weiterer Zeuge angehört, der aussagte, dass der Geschädigte Gespräche mit seiner Mutter mit dem Handy aufgezeichnet habe. Die Mutter soll ihren Sohn eingeschüchtert und manipuliert haben. Dieser sei wegen eines Asperger-Syndroms leicht beeinflussbar und könne nicht lügen.
Halbschwester wusste nichts von Hauskauf
Die Halbschwester des Geschädigten gab an, dass ihre Mutter sie gebeten habe, 65.000 Euro zu verwalten, damit ihr Bruder „nichts mit dem Geld anstelle.“ Sie habe sich nichts dabei gedacht, sei aber erstaunt gewesen, dass ihr Halbbruder es als „sein Geld“ bezeichnete, immerhin habe die Mutter schon immer gemeinsam mit dem Sohn gehaushaltet. Auch von einer monatelangen Reise der Mutter nach Russland wusste die Halbschwester des Geschädigten, aber nichts Konkretes über einen Hauskauf.
Verteidiger plädierte für Freispruch
Staatsanwältin Marion Schuller sah einen besonders schweren Fall von Untreue in zwei Fällen und plädierte für eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Rechtsanwalt Christian Straub wiederum bezweifelte, dass sich der Geschädigte wegen seiner psychischen Erkrankung kein klares Bild von den komplexen Sachverhalten machen konnte. Unter dem Strich sei es ausschlaggebend, ob es in Russland tatsächlich zu dem Immobilienerwerb gekommen sei. Er plädierte für einen Freispruch.
Es soll Berufung eingelegt werden
Bei der Begründung der Verurteilung der Angeklagten zu einem Jahr und elf Monaten Freiheitsstrafe und einem Wertersatzeinzug von 65.000 Euro betonte Amtsrichter Günther Hammerdinger, dass die Angeklagte nicht Inhaberin des Kontos war – sondern ihr Sohn. Auch die veräußerte Immobilie gehörte allein dem Sohn. „Wir sind davon überzeugt: Der Sohn wusste nichts von den Überweisungen oder einem Immobilienkauf in Russland.“ Laut dem Richter sah die Angeklagte das Konto und Geld ihres Sohnes als ihres an, und dachte, sie könne damit entsprechend agieren. Die Strafe wird nicht zur Bewährung ausgesetzt, weil eine besondere Schwere der Tat vorliege.
Der Verteidiger Christian Straub kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.