Besonderer Weg
Mit Flüchtlingen Geld verdienen? So kämpft St. Wolfgang dagegen - und kritisiert die große Politik
St. Wolfgang geht einen eigenen Weg bei der Flüchtlingsunterbringung. Denn Investoren, die mit Unterkünften das schnelle Geld verdienen wollen, will die Gemeinde keine Chance geben. Wie die Kommune das Problem stattdessen löst, zeigte sich bei der Bürgerversammlung.
St. Wolfgang – Die St. Wolfganger sind offenbar mit der Gemeindepolitik zufrieden. Denn niemand brachte in der Bürgerversammlung Kritik vor. Darüber freute sich Bürgermeister Ullrich Gaigl sichtlich. Dabei erlebten die gut 150 Besucher in der Goldachhalle mehrmals, wie schwierig der Spagat zwischen Bürgerinteressen und politischen Rahmenbedingungen sein kann. Einerseits waren Einsparungen zu verkünden, andererseits begründete er seine Bereitschaft, für Flüchtlinge noch mehr Geld auszugeben und sich der Kritik bewusst zu sein, die diesbezüglich laut werde: „Dafür habt ihr Geld”. Das war ein größeres Thema an diesem Abend.
St. Wolfgang gründet Kommunalunternehmen
Gaigl bemängelte, dass den Kommunen immer mehr Aufgaben zugewiesen würden, doch ohne die entsprechende finanzielle staatliche Unterstützung. Sei es der Kindergarten, dessen Personalkosten durch die Tariferhöhung „noch nicht einmal zur Hälfte” aufgefangen würden, oder eben die Unterbringung der Flüchtlinge. Hier gelte es, unbedingt „einen Investor” für eine Unterkunft zu verhindern. Denn der, so Gaigls Befürchtung, hätte „Container hingestellt, das Geld eingestrichen” und alles andere, darunter die Infrastruktur mit Kindergartenplätzen, der Gemeinde überlassen. Daher habe man das selbst mit einem neu gegründeten Kommunalunternehmen in die Hand genommen und werde sich auch weiterhin selber um die Flüchtlinge kümmern. „Zur Not stellen wir jemanden ein”. Hätte man das nicht getan, wäre eine Anlage mit mehreren Hundert Plätzen durch einen Investor im Gespräch gewesen.
Soll fast erfüllt
Mit 94 Prozent habe St. Wolfgang das Soll bei der Aufnahme der Flüchtlinge nahezu erfüllt, doch würden immer noch Wohnungen und Häuser gesucht. Fassungslos beobachte er Entwicklungen in anderen Gemeinden, in denen Investoren „massive Gebäude für zehn Jahre hinstellen und dann wieder abreißen – das kann’s nicht sein”. Gaigl machte keinen Hehl daraus, dass ihm die Entwicklung nicht gefalle, wenn in Schulklassen ein großer Teil der Kinder kein Deutsch sprechen könne und somit ein regulärer Unterricht nicht möglich sei. Hinzu kämen Fehlbelegungen in den Unterkünften, vor Ort seien es acht. Sollten diese ausziehen müssen, ständen diese Menschen als Obdachlose auf der Straße, um die sich wiederum die Gemeinde kümmern müsse. „Das können wir gar nicht.” Eine Verbesserung der Lage sei für ihn von Seiten der Politik nicht in Sicht.
Alle zwei Wochen kommt Bus mit 50 Neuankömmlingen
Dabei sei diese auf Bundesebene gefordert, betonte Erdings Landrat Martin Bayerstorfer, ebenfalls Gast in der Bürgerversammlung. Hilflos zeigte er sich gegenüber Bussen mit Flüchtlingen, die unterzubringen seien, alle zwei Wochen kämen 50 Menschen in den Landkreis. Er appellierte an die Besucher der Bürgerversammlung, möglichst Häuser zu melden, denn „kleine Wohnungen bringen nicht den Effekt”. Immerhin sei man mit dem Bearbeiten der Anträge verhältnismäßig schnell. Das Problem der Unterbringung und Betreuung sei generell nur auf Bundesebene zu lösen, meinte er, derzeit sei aber keine Änderung in Sicht.


