6.400 Euro vom Staat erschlichen
„Andere betrügen auch“: Pferdewirtin (37) aus Haag vom Amtsgericht Mühldorf verurteilt
6.400 Euro von der Arbeitsagentur erschlichen, Tierarztrechnungen nicht bezahlt: Die 37-jährige Angeklagte aus Haag meint vor dem Amtsgericht Mühldorf: „Andere betrügen auch und werden nicht bestraft.“ So fiel das Urteil aus.
Mühldorf – „Betrug“ lautete die Anklage, die Staatsanwalt Alexander Hautz im Amtsgericht Mühldorf gegen eine 37-jährige Pferdewirtin aus Haag vorbrachte. Zwei Komplexe standen in der Anklageschrift: Zum einen soll sie sich von der Agentur für Arbeit in Erding zwischen Juni 2020 bis März 2021 ungerechtfertigt 6.420 Euro erschlichen haben; zum anderen soll sie die Rechnungen zweier Tierarztpraxen in Haag beziehungsweise Albaching, die sie für tiermedizinische Leistungen an ihren Pferden und ihrer Ziege „Seppl“ beauftragt hatte, nicht bezahlt haben.
Die 37-jährige Deutsche ist verheiratet und sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Aichach ein. Zwei Polizeibeamte aus Augsburg führten die Frau, die von Rechtsanwältin Veronika Schönsteiner vertreten wurde, vor.
Heirat, Umzug nach Haag und keine Ummeldung
Zunächst wurde über den Betrug an der Agentur für Arbeit verhandelt. Dazu erklärte die Beschuldigte: „Ich habe nach meiner Haftentlassung beim Jobcenter Arbeitslosengeld beantragt. Ich wohnte damals noch in Dorfen, zog aber nach meiner Heirat nach Haag“.
Wie sich herausstellte, hatte die Frau weiterhin das Arbeitslosengeld von der Erdinger Agentur für Arbeit bezogen, darunter auch für die Miete, obwohl sie in Haag in das Haus ihrer Schwiegereltern gezogen war und dort mietfrei wohnen konnte. Sie hätte sich auch von der Erdinger Arbeitsagentur ab- und in Mühldorf anmelden müssen.
An die Zahlungen gewöhnt
„Die Zahlungen kamen, man hatte sich daran gewöhnt und so ließ ich es weiterlaufen. Andere Leute betrügen den Staat auch und werden nicht dafür bestraft“, meinte dazu die Angeklagte.
Im August 2021 stellte die Arbeitsagentur die Zahlungen ein, weil ihr Umzug nach Haag auffällig geworden war. Wie die erste Zeugin, eine Fachangestellte des Erdinger Jobcenters, aussagte, hatte es länger gedauert, die Unstimmigkeiten bei den Angaben zu bemerken, weil Corona vorherrschte und die Zahlungen in dieser Zeit weiterliefen: „Wir übergaben die Angelegenheit an unsere Inkasso-Abteilung, aber bis jetzt wurde nichts zurückgezahlt“, so die Mitarbeiterin des Arbeitsamtes.
Rechnungen für den Tierarzt nicht bezahlt
Im zweiten Komplex ging es um unbezahlte Tierarztrechnungen. Hatte die Angeklagte erste Rechnungen noch bezahlt, stellte sie die Zahlungen später aber ein, weil sie diese einerseits für falsch und überhöht hielt, wie sie erklärte. Andererseits befand sie sich ihren Angaben nach auch in einer finanziellen Schieflage. „Wir schreiben Rechnungen über die im Vormonat von uns erbrachten Leistungen und akzeptieren auch Ratenzahlung. Als die Kundin nicht mehr zahlte und sich ein Fehlbetrag von 1.463 Euro angehäuft hatte, reichte es uns und wir erstatteten Anzeige“, führte die Tierärztin aus Haag aus.
Es war nicht der erste Betrug der Angeklagten
Ähnliches erzählte eine Kollegin aus Albaching dem Gericht: „Ich hatte der Frau erlaubt, die ausstehenden Rechnungen in mehreren Raten zu zahlen. Auch sollte sie mit meinem Inkassobüro einen Ratenplan vereinbaren. Beides ist nicht geschehen. Ich bekomme von der Angeklagten 621 Euro, die ich bis heute nicht erhalten habe. Daher habe ich sie angezeigt“.
Zum Ende der Beweisaufnahme erbrachte ein Blick in das Bundeszentralregister 21 Eintragungen, darunter zwölf einschlägige wegen Betrugs.
Staatsanwalt sieht eine hohe Rückfallgeschwindigkeit
In seinem Schlusswort lobte Staatsanwalt Alexander Hautz das Geständnis der Frau und ihr vorbildliches Verhalten vor Gericht. Die immense Zahl der Vorstrafen und die dabei auch gezeigte hohe Rückfallgeschwindigkeit fielen jedoch negativ ins Gewicht. Der Anklagevertreter beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung: Die mehr als 6400 Euro, die von der Arbeitsagentur zu viel gezahlt wurden, müsse sie rückerstatten. Auch den bei den Tierärzten angerichteten Schaden von knapp 2100 Euro solle sie begleichen.
Auch die Anwältin sieht keine Möglichkeit für eine Bewährungsstrafe
Verteidigerin Veronika Schönsteiner bewertete den Sachverhalt etwas anders. Während ihre Mandantin die Anklage im Tatkomplex eins eingeräumt habe, sei es bei den Tierarztrechnungen so gewesen, dass nur ein Betrugsfall vorliege. Die Frau habe über 1100 Euro an die Tierarztpraxen zurücküberwiesen. Veronika Schönsteiner plädierte auf eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr, für eine Bewährung sah auch sie bei den vielen Vorstrafen ihrer Mandantin keine Möglichkeit. Richter Florian Greifenstein verhängte letzten Endes eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten ohne Bewährung. Eine Summe von knapp 8200 Euro soll von der Angeklagten eingezogen werden. Nach dem Urteil brachten die beiden Polizeibeamten die Pferdewirtin wieder zurück ins Frauengefängnis Aichach.