„Sehr dürftige“ Erklärungen?
135.000 Euro Miese beim Kinderhaus Arche Noah: Im Haager Gemeinderat brodelt es - wer ist Schuld?
Hitzige Diskussionen im Haager Gemeinderat: Das Kinderhaus Arche Noah weist ein großes Defizit aus. Über 100.000 Euro muss die Kommune selbst berappen, die sich alles andere als begeistert zeigt. Was die Gründe für das Minus sind.
Haag – Hitzige Diskussionen gab es in der jüngsten Sitzung des Haager Gemeinderats. Der Grund: der Haushalt des Kinderhauses Arche Noah in Haag. Dieser weist für 2023 ein Defizit von über 135.000 Euro auf, obwohl in der Sitzung im Februar 2024 von einem Überschuss von rund 17.870 Euro ausgegangen worden war.
Stefan Högenauer (CSU), der als Zweiter Bürgermeister die Sitzung in Vertretung für Rathauschefin Sissi Schätz leitete, erklärte, es gebe jedes Jahr „zwei große Meilensteine“, was den Etat der Betreuungseinrichtung angehe, „den Rückblick und die Vorausschau“, so Högenauer. Er hielt fest, dass die Marktgemeinde – wie vertraglich geregelt – 80 Prozent des Verlusts zu tragen habe. Zwar würde das Jahr 2024 voraussichtlich mit „schwarzen Zahlen“ zu Ende gehen, doch der Verlust von über 135.000 Euro im vergangenen Jahr habe sich in der Abrechnung anders dargestellt, monierte er.
Zu diesem Tagesordnungspunkt war Sabine Materna, Verwaltungsleiterin des Katholischen Kita-Verbunds Haag, anwesend, um Fragen aus dem Gremium zu beantworten. Sie erläuterte, dass die Caritas jüngst eine Pressemitteilung herausgegeben habe, um auf die „prekäre Lage“ der Betreuungsstätten hinzuweisen. Der Basiswert, mit dem die Bayerische Staatsregierung die Förderung berechnen würde, sei nicht angepasst worden, was die defizitäre Lage des Haager Kinderhauses für das Jahr 2023 erkläre. „Zudem sind die Tariflöhne der Mitarbeiter angehoben worden“, so Materna. Es habe zwar Sonderzuschläge vom Freistaat gegeben, diese seien aber „bei weitem nicht ausreichend“. „Das geht quer durch alle Kommunen und betrifft viele Gemeinden“, verdeutlichte die Verwaltungsleiterin. Um das Problem anzugehen, sei die Caritas derzeit in Verhandlungen mit der Regierung.
Unverständnis im Gremium
Der Gemeinderat konnte die Rechnung trotzdem nur schwer nachvollziehen. Högenauer und Christine Sax (Grüne) fragten nach, warum für 2024 dann trotzdem ein Überschuss in Höhe von 9.770 Euro ausgewiesen werde, wenn sich die Lage so kritisch darstelle. Darüber hinaus habe Materna im Januar 2023 positive Zahlen vorgelegt. „Sie hätten da schon mit einem Minus rechnen müssen. Das verstehe ich nicht“, kritisierte Sax.
Die Verwaltungsleiterin erklärte, dass sich die Abrechnung „sehr schwierig“ gestalte und der Bezirk Oberbayern nur einmal jährlich die Förderung ausbezahlen würde. So beruhe der Etat auf Schätzungen. „Das ist ein grundsätzliches Dilemma“, erläuterte Materna. „Es ist ein rechnerischer Vorgang, der mit dem Freistaat abgewickelt wird und der nicht immer zeitnah geschieht. Die Fördergelder für 2023 konnten erst 2024 verbucht werden. Gleichzeitig haben wir zum Jahresende aber einen hohen betrieblichen Aufwand, zum Beispiel wegen des Weihnachtsgeldes für die Mitarbeiter.“
Siegfried Maier (SPD) meinte daraufhin, er müsse „erstmal tief durchschnaufen“. „Ich finde Ihre Ausführungen als Verwalterin des öffentlichen Geldes sehr dürftig“, richtete er sich an die Verwaltungsleiterin. „Für 2024 rechnen Sie dann mit der doppelten Fördersumme vom Bezirk Oberbayern. Wird es kommen oder nicht? Das wissen wir nicht genau“, beanstandete er.
Insgesamt 148 Plätze
Das Kinderhaus Arche Noah beherbergt acht Gruppen, vier Kindergarten- und vier Krippengruppen bei insgesamt 148 Plätzen, so Verwaltungsleiterin Sabine Materna auf Anfrage. Weiter beschäftige die Einrichtung rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Weiter kritisierte er, dass sich Materna als Verbundsleiterin um drei Kinderbetreuungsstätten in Haag und um vier Einrichtungen in Tacherting kümmern müsse. „Die Woche hat nur sieben Tage und Sie können wohl die Zeit nicht so aufbringen, wie Sie sollten“, warf Maier der Verwaltungsleiterin vor, die versuchte ihn mit mehreren „Stopps“ zu unterbrechen. „Wir driften ab“, konterte sie. „Das ist hier überhaupt nicht Thema. Wir diskutieren hier den Etat des Kinderhauses, der von der Finanzkammer geprüft wurde. Das ist kein Werk einer Einzelperson. Zudem wurde der Haushalt in einer Vorberatung mit der Bürgermeisterin, des Kämmerers und des Geschäftsstellenleiters durchgesprochen“, argumentierte Materna. „Die Aufstellung wurde mehrfach geprüft, es ist alles sachgemäß. Das ist hier keine kreative Buchführung“, verdeutlichte sie. „Das Defizit resultiert aus dem Basiswert, mit dem der Freistaat Bayern rechnet“, betonte die Verwaltungsleiterin erneut.
Egon Barlag (FWG) fragte nach, warum das Geld erst so spät überwiesen werde und schlug vor, dass sich die Marktgemeinde überlegen sollte, das Kinderhaus selbst zu führen. Materna entgegnete, dass die Förderung „für alle Betreuungseinrichtungen gleich ausfällt“ – egal, wer der Träger sei. „Wenn man sich so einer Fragestellung annimmt, sollte man alle Kindergärten miteinander vergleichen“, fand auch Högenauer.
Gemeinderat nimmt Haushalt zur Kenntnis
Der Zweite Bürgermeister meinte abschließend an die Verwaltungsleiterin gerichtet: „Wir sehen ihre finanziellen Nöte, aber der Kommune tut es sehr viel mehr weh, da wir 80 Prozent des Verlusts tragen müssen“. Weiter bat er Materna um Verbesserungsbedarf, was die „zeitliche Schiene“ betreffe. „Wir wollen möglichst bald informiert werden“, so Högenauer.
Das Gremium nahm den Haushaltsplanentwurf für 2024 und das Ergebnis der Jahresrechnung für 2023 zur Kenntnis und stimmte dem zu. Weiter wird die Marktgemeinde 80 Prozent des Defizits (entspricht 108.414,40 Euro) übernehmen. Der Beschluss fiel mit 9:3 Stimmen.
Nicht zuständig für Tacherting
Sabine Materna ist als Trägervertreterin in der Funktion als Verwaltungsleiterin, Dienstgeber Erzdiözese München/Freising tätig. Sie legt Wert auf die Feststellung, dass sie nicht für den katholischen Kita-Verbund Tacherting zuständig ist. Darüber hinaus erklärt die Verwaltungsleiterin, dass die kommunale Einrichtung, der Kindergarten am Schachenwald in Haag, ebenfalls ein Defizit von rund 100.000 Euro aufweise, bei rund 100 Betreuungsplätzen.


