Meinung
Eklat in Kirchdorf: Fatales Signal für das Ehrenamt in der Kommunalpolitik
Der Eklat in Kirchdorf, wo der Gemeinderat eine Sitzung platzen ließ und dem Bürgermeister das Vertrauen entzog, zeigt ein generelles Problem in Kommunalpolitik und Gemeindeverwaltung auf, findet OVB-Reporterin Heike Duczek.
Kirchdorf – Rechnungen, die monatelang liegengeblieben sind, Personal, das zerstritten war, Aufgaben, die nicht erledigt wurden, verstrichene Fristen, verschleppte Vorhaben: Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Reichertsheim-Kirchdorf hat ein Chaos-Jahr hinter sich. Langsam geht es zwar aufwärts, doch es brodelt nach wie vor. Vorherrschendes Gefühl: Vor lauter Fehler-Behebung geht nichts mehr voran.
Das ist ein hausgemachtes Problem, sicherlich. Trotzdem zeigt der Fall: Selbst kleine Gemeinden brauchen heutzutage eine hochprofessionell geführte Verwaltung mit einem hauptamtlichen Bürgermeister oder einer hauptamtlichen Bürgermeisterin an der Spitze. Im Ehrenamt sind die vielfältigen Herausforderungen, auch in der Mitarbeiterführung, nicht mehr zu stemmen. Das hat bei der vergangenen Kommunalwahl beispielsweise Soyen erkannt.
Überforderte Rathauschefs in einer Verwaltungsgemeinschaft, die zum Spielball von Amtsleitungen werden, ein Gemeinderat wie jener in Kirchdorf, der entnervt die Notbremse zieht und eine Sitzung platzen lässt: Das hat auch eine fatale Außenwirkung. Wer wird sich in Zukunft noch für das Bürgermeister-Amt bewerben, wenn es so aufreibend ist? Wer wird noch als Gemeinderat kandidieren, wenn Fehler solch große Konsequenzen haben? Wer wird sich für verantwortungsvolle Aufgaben wie jene in einer Kämmerei oder Geschäftsleitung einer Verwaltung interessieren, wenn es in der freien Wirtschaft viel leichter, weil geordneter zugeht?
Dass ein Bürgermeister vor allem repräsentiert, also den „Grüß-Gott-August“ macht, und bei Einweihungen das rote Band durchschneidet, gehört der Vergangenheit an. Dass ein Gemeinderat ihm vorgesetzte Vorhaben abnickt ebenso. Kommunalpolitik: Das erfordert die Bereitschaft, sich in komplexe Vorhaben hineinzufuchsen, das ist Kampf gegen bürokratische Fallstricke und gegen das Gefühl, kaum noch gestalten zu können.
Reichertsheim und Kirchdorf haben die einmalige Chance, aufzuzeigen, dass es gelingen kann, Chaos zu beenden und sich neu aufzustellen: modern, bürgernah, effizient. Eine Verwaltung muss man heute wie ein Unternehmen geführt werden, pflegt Pfaffings Rathauschef Josef Niedermeier zu betonen. Er hat recht.