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Berechtigte Beschwerden oder kleinkariertes Verhalten?

Franz im Clinch mit dem Garser Rat: Kämpfer für mehr Transparenz oder Störenfried?

Vor jeder Gemeinderatssitzung in Gars gibt es eine Bürgerfragestunde. Rathauschef Robert Otter sieht die Kommune in Sachen Transparenz und Bürgerfreundlichkeit sehr gut aufgestellt. Doch es gibt einen Garser, der das anders sieht. Thema einer Beschwerde war sogar eine Vertragsvergabe für ein öffentliches WC an der Pfarrkirche.
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Vor jeder Gemeinderatssitzung in Gars gibt es eine Bürgerfragestunde. Rathauschef Robert Otter sieht die Kommune in Sachen Transparenz und Bürgerfreundlichkeit sehr gut aufgestellt. Doch es gibt einen Garser, der das anders sieht. Thema einer Beschwerde war sogar eine Vertragsvergabe für ein öffentliches WC an der Pfarrkirche.

Kaum eine Sitzung in Gars vergeht, ohne dass Franz Kurzmeier eine kritische Bürgeranfrage stellt. Dreh- und Angelpunkt: die Arbeit von Bürgermeister und Gemeinderat. Welche Rolle dabei nicht-öffentliche Beratungen und ein öffentliches WC spielen, warum Beschwerdeführer und Gemeinde unterschiedliche Ansichten über Bürgernähe haben.

Gars am Inn – „Ich schaue dem Gemeinderat auf die Finger, denn er muss die demokratischen Richtlinien einhalten. Er hat ja schließlich auch eine Vorbildfunktion“, findet Franz Kurzmeier aus Gars. In der Tat: Er ist ein interessierter Begleiter der Kommunalpolitik, ein sehr kritischer noch dazu. Der Gemeinderat ist, das wird in den Sitzungen deutlich, sichtlich genervt. Denn die Bearbeitung von Anfragen und Eingaben hält die Verwaltung ordentlich auf Trab.

In der aktuellen Gemeinderatssitzung gab es schon vor der Beratung der Bürgereingabe von Franz Kurzmeier den ersten Ärger: Er beschwerte sich in der immer vor dem Start der Sitzung stattfindenden Bürgerfragestunde, dass bei der Veröffentlichung der Tagesordnung sein Punkt nicht deutlicher ausformuliert worden sei. Unter dem Stichwort „Bürgereingabe nach Art. 56 Abs. 3 GO“ könnten sich viele nicht vorstellen, worum es gehe. Doch Otter wies darauf hin, dass in einer Tagesordnung kein Sachverhalt mit Erklärungen dargestellt werde.

Hauptkritikpunkt: Fehlende Transparenz

Das folgte schließlich in der Sitzung, die sich in Punkt 3 ausführlich den Beschwerden von Kurzmeier widmete. Der Hauptkritikpunkt des Garsers: angeblich fehlende Transparenz. Kurzmeier begründet diesen Vorwurf vor allem mit in seinen Augen nicht eingehaltenen Formalitäten. Dass es zu kleineren Formfehlern gekommen ist, räumte der Rathauschef ein. Doch wenn sie ausgebügelt werden, steigt dann die Bürgerfreundlichkeit?

Vermutlich eher nicht, wie ein Kritikpunkt von Kurzmeier aufzeigt. Bauangelegenheiten würden in Gars fast immer vom Gemeinderat, nicht vom beschließenden Fachausschuss beraten, ärgert er sich. Das stimmt, räumte der Bürgermeister ein. Und begründete dies mit dem Bemühen des Gremiums, zeitnahe Entscheidungen zu fassen. Amtsleiterin Lieselotte Oberbauer konkretisierte im Gespräch mit der Wasserburger Zeitung und wasserburg24.de, dass für Fachgremien wie den Bau- und Umwelt- sowie Haupt- und Finanzausschuss immer mehrere Punkte gesammelt würden, damit sich die Einberufung auch lohne. Deshalb tagen diese Gremien des Gemeinderates in der Regel nur zwei bis drei Mal im Jahr. Damit Angelegenheiten wie beispielsweise Zuschussanträge der Vereine oder Bauanträge nicht zu lange auf Erledigung warten müssen, werden sie laut Oberbauer auch auf die Tagesordnung des einmal monatlich zusammentreffenden Gemeinderates gepackt. „Wir wollen unsere Bürger schnell bedienen, deshalb diese Vorgehensweise“, so Otter.

Was tun bei Befangenheit?

Mit dieser Regelung hat Gars zwar in der Tat, wie von Kurzmeier kritisiert, gegen die Geschäftsordnung des Gemeinderates verstoßen, trotzdem seien diese Beschlüsse rechtswirksam, da sie nicht gegen höherrangiges Recht, gemeint ist die Bayerische Gemeindeordnung, verstoßen hätten. So habe es auf Nachfrage der Gemeinde der Referent für Kommunalrecht beim Bayerischen Gemeindetag ausgeführt, so Oberbauer. In der jüngsten Sitzung ging der Rat bereits anders vor als in den vorherigen: Er beraumte vor der Sitzung eine Zusammenkunft des Bauausschusses an. Eigentlich tagt dieser freitagmorgens um 8 Uhr, um im Bedarfsfall auch Ortsbesichtigungen mit Expertenanhörungen durchführen zu können.

Als regelmäßiger Besucher der Sitzungen ist Kurzmeier auch verärgert über den Umgang mit der Befangenheit eines Ratsmitglieds. Einige Mitglieder würden im Fall von persönlicher Beteiligung nicht ihren Stuhl verlassen und sich im Zuhörerraum übergangsweise einen neuen Platz suchen. Der Bürgermeister habe beispielsweise bei einer persönlichen Befangenheit zwar seinen Platz geräumt, sich jedoch nur wenige Meter entfernt auf den Stuhl der Zweiten Bürgermeisterin gesetzt, die für ihn die Sitzungsleitung übernommen habe. Kurzmeier fände es sogar am besten, wenn der Betroffene den Saal ganz verlässt, damit er niemanden in die „Bredouille“ bringe. Die Gemeindeverwaltung beruft sich auf einen Kommentar im Bayerischen Kommunalgesetz, der aussagt, wer sich bei Befangenheit wo aufhalte, auf seinem Platz oder im Zuschauerraum, sei „eine Stilfrage, rechtlich jedoch ohne Belang“.

„Willkürliche“ Entscheidungen

Kurzmeier beschwert sich außerdem darüber, dass der Bürgermeister manchmal in der Sitzung Antragstellern oder sachkundigen Gästen das Wort erteilt, manchmal nicht. Er sieht dies als „willkürliche“ Entscheidungen, laut Geschäftsordnung sei dieses Vorgehen des Rathauschefs unzulässig.

Otter legt Wert auf die Feststellung, dass er ein Reinrufen oder spontane Kommentare aus dem Zuhörerraum nicht dulde. Reden dürften Bürger oder Antragsteller nur, wenn er als Sitzungsleiter sie dazu auffordere. Und das tue er lediglich dann, wenn zu erwarten sei, dass der Aufklärung der Sachlage dienliche Informationen kämen. Das sei oft sehr hilfreich. Manchmal jedoch auch nicht, weshalb bei einer schon mehrfach beratenden Thematik wie der geplanten Bebauung der Volksfestwiese, der mehrere Treffen mit Bürgern und Baubewerbern vorausgegangen waren, nicht das Wort erteilt worden sei. Auch diese Vorgehensweise sei von der Geschäftsordnung gedeckt.

Beschwerdeführer Kurzmeier ist auch der Meinung, dass zu viele Bauangelegenheiten nicht-öffentlich beraten würden. Als Beispiel nannte er die Vergabe der Arbeiten für den Lengmooser Gehweg. Öffentlich sei im April nur bekanntgegeben worden, dass der Beschluss gefallen sei. Kurzmeier untermauerte sein Anliegen mit einem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern. Danach müssten Beratungen und Beschlussfassungen in laufenden Vergabeverfahren öffentlich sein, „soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen“ würden.

Genau dies ist der Fall, betont Amtsleiterin Oberbauer. Die Bieter hätten ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihr Know-How und ihre Berechnungen nicht bekannt würden, auch als Schutz vor Konkurrenten. Die Vergabe von Bauleistungen müsse zwingend in nicht-öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen werden. Dies gelte auch für den Wechsel des Fernwärmelieferanten in Gars, ein Thema, an dem sich Kurzmeier festgebissen hat. Es habe zwei Anbieter gegeben, die ihre Berechnungen vorgestellt hätten – Zahlen, die aus Datenschutzgründen nicht öffentlich diskutiert werden könnten. Fachlich habe sich die Gemeinde von einem Ingenieurbüro beraten lassen, das die Zahlen ausgewertet und eine Entscheidungsgrundlage geliefert habe.

Streit um Mietvertrag für Toilette

In seinen Augen fehlende Transparenz sieht Kurzmeier jedoch sogar bei der Vergabe eines Mietvertrags über ein öffentliches WC an der Pfarrkirche. Er hätte sich auch hier Beratung und Beschluss in öffentlicher Sitzung gewünscht, zumindest für den Auftrag an den Bürgermeister, in Verhandlungen einzutreten. Eine Forderung, die Otter den Kopf schütteln lässt. Es sei lediglich ein Mietvertrag über fünf Jahre abgeschlossen worden, die jährliche Mietzins liege im unteren dreistelligen Bereich und somit weit unter dem Betrag, über den er eigenständig entscheiden könne (in Gars liegt dieser bei 15.000 Euro). Die Anmietung einer Toilette stelle für ihn keine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung dar, die einer Beratung im Gemeinderat bedürfe.

Der Gemeinderat wies die Vorwürfe Kurzmeiers aufgrund dieser Antworten einstimmig zurück. Otter betonte: „Wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen.“ Einige Mitglieder zeigten sich außerdem genervt, weil die Bearbeitung solcher Eingaben viel Zeit koste. Christian Nieder (Grüne) appellierte an Kurzmeier, nachzufragen, wenn ihm Entscheidungen nicht schlüssig seien, jedoch auf umfangreiche Eingaben zu verzichten, weil diese „viel blockieren“ würden. Hildegard Brader (FWG Gars) unterstrich, wie viel Zeit sich der Gemeinderat für Beratungen nehme, wie intensiv er jeden Punkt berate und diskutiere. „Wir machen hier kein „Wischiwaschi“, sondern erörtern hier bis zum Schluss zum Wohle des Bürgers. Das ist alles sehr arbeits- und kostenintensiv“, betonte die Zweite Bürgermeisterin. Rathauschef und Verwaltung ständen immer für Rückfragen bereit, der Gemeinderat fühle sich gut informiert, die Bürgerschaft auch. Nieder empfahl außerdem, über den Tellerrand der Kommune in andere Orte zu schauen, wo es keine Bürgerfragestunde vor jeder Sitzung gebe und der Kommunikationsstil manchmal sehr schlecht sei. „Man hat hier in Gars schon das Gefühl von einem guten Team-Spirit und gelebter Transparenz.“

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