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Interview: Was tun, wenn Familienleben stressig wird

Das „Puber-Tier“ und andere Erziehungsprobleme: Das raten zwei Expertinnen bei Kinder-Krisen

Gabriele Fries (links) und Gertrud Schuch (rechts) coachen Eltern, unter anderem in schwierigen Erziehungsphasen wie bei der Pubertät ihrer Kinder.
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Gabriele Fries (links) und Gertrud Schuch (rechts) coachen Eltern, unter anderem in schwierigen Erziehungsphasen wie bei der Pubertät ihrer Kinder.

Überlastete Eltern, die sich aufreiben zwischen Berufs- und Familienleben, Kinder, die gestresst sind vom Lerndruck, ständig auf dem Handy herumdaddeln oder sich zum „Puber-Tier“ entwickeln: Das sind nur einige von vielen Herausforderungen in der heutigen Erziehungsarbeit. Zwei Expertinnen aus Gars wissen Rat und coachen Eltern.

Gars − Sie wissen, wie Kinder heute ticken und helfen Eltern durch schwierige Phasen der Erziehung: Gabriele Fries und Gertrud Schuch, geben ihr Know-how aus jahrzehntelanger Tätigkeit als Gymnasial- und Realschullehrerinnen in Seminaren an Eltern weiter. Fries (67), früher Lehrerin für Latein und Französisch sowie Schülerberaterin am Gymnasium Gars, und Schuch (72), Rektorin im Ruhestand, halten Vorträge, etwa am 1. März am Gymnasium Gars, und geben Seminare, in denen sie Müttern und Vätern das System Kindheit erklären. Ein Interview über Erziehungsprobleme und Lösungsansätze.

Sie wollen als erfahrene Pädagoginnen Familien im Erziehungsprozess ihrer Kinder unterstützen. Vertreter der älteren Generation pflegen gerne zu sagen, dass Erziehung eine Bauchsache sei, bei der es allein auf die Liebe für das Kind ankomme. Professionelle Beratung habe es früher nicht gegeben - „und wir haben unsere Kinder auch ohne Kurse groß bekommen“. Warum sind Schulungen, Seminare und Vorträge zu den Themen Erziehung und Familienleben heute so wichtig?

Gabriele Fries.

Gabriele Fries: Liebe ist ein wichtiger „Pfeiler“, Kenntnis der Zusammenhänge ein anderer, wenn Bauch und Kopf gut zusammenarbeiten, gelingt Erziehung. Ältere Generationen sind sicher mehr mit Sätzen wie: „Stell dich nicht so an“ – Du machst, was ich sage“ und „keine Widerrede!“ groß geworden. Heutige Eltern wollen gerne alles richtig machen, geben sich gerne selber die Schuld, wenn ein Kind nicht den gewünschten Erfolg hat, greifen zu Erziehungsratgebern. Viele sind verunsichert. Sie sind dankbar, wenn sie sehen, dass sie nicht allein sind, dass es anderen genauso geht und dass ihre Sorgen ernst genommen werden. Wir geben Input, machen Mut und unterstützen sie tatkräftig.

Gertrud Schuch.

Wo liegen die größten Herausforderungen, denen sich Eltern heutzutage stellen müssen?

Gertrud Schuch: Diese Herausforderung besteht darin, eine Balance zu finden zwischen „Regeln vorgeben“ und ein Kind selbstständig sein Ziel finden zu lassen. Und angesichts der medialen Überflutung einerseits Grenzen zu setzen und zu kontrollieren, was da oft unbedacht konsumiert wird, andererseits Vertrauen zu haben, das durch Information, gemeinsame Reflexion und Begleitung wächst.

Bei einem Vortrag am Gymnasium Gars widmen Sie sich am 1. März der Pubertät. Das ist ja bekanntlich die schwierigste Erziehungszeit, für Eltern ebenso wie für ihre Kinder. Gibt es Patentrezepte für die Bewältigung dieser Phase?

Fries: Patentrezepte – wohl kaum. Individuell passende Ideen zum Ausprobieren – ja ! Oft fehlt Erziehenden der Abstand. Die Sicht von außen auf das Familiensystem kann neue Impulse geben. Wir sehen uns als diese Begleiter, die unvoreingenommen mit psychologischem und systemischem Know-how zusammen mit den Eltern ausprobieren, wie es anders gehen könnte. Oft sind das leidige Dauerbrenner wie Aufräumen, Hausaufgaben erledigen, Handynutzung, Verhaltensthemen. Die Pubertät beinhaltet kritische Momente und große Chancen. Und ja − sie ist eine Herausforderung für alle Beteiligten. Die Phase der Erziehung geht zu Ende, an ihre Stelle tritt mehr die Beziehungsarbeit. Jedes Kind pubertiert anders: Was mit dem älteren Kind wunderbar geklappt hat, kann mit dem jüngeren völlig in die Hose gehen. Kreativität ist gefragt und eine klare Linie. In unserem Themenabend am 1. März beleuchten wir die „Großbaustelle Gehirn“ bei Pubertierenden. Es entlastet ungemein zu wissen, dass Jugendliche in dieser Zeit meist nicht anders können und dass ihr Verhalten sich nicht gegen die Erwachsenen richtet.

Sie fordern Eltern in Ihren Seminaren und Kursen auf, authentisch zu sein und zu bleiben. Was halten Sie denn in diesem Zusammenhang davon, dass sich Mütter und Väter immer mehr wie die beste Freundin oder den besten Freund ihrer Kinder sehen?

Schuch: Authentizität ist das Ergebnis von klarer Sicht auf die eigenen Stärken und Schwächen, intuitivem Wissen und liebevoller Empathie. Die Eltern- und Kinderebene sind hierarchisch getrennt. Es verwirrt das Kind, wenn es auf eine Ebene gehoben wird, die es sich nicht selbst erarbeitet hat. Eltern machen sich klein, wenn sie ihre Position nicht klar wahrnehmen. Das Verhalten des Kindes spricht dann eine deutliche Sprache. Wir sprechen hier von Schulkindern, wohlgemerkt.

Grenzen setzen: Das ist ebenfalls ein Appell, den Sie bei Ihrer Arbeit öfter äußern. Warum fällt es vielen Eltern heutzutage so schwer?

Fries: Manchmal ist die Angst, die Liebe des Kindes zu verlieren, der Grund für allzu große Nachsicht. Diese Angst ist unbegründet. Kinder sind froh, wenn sie Orientierung bekommen, auch wenn sie gegen elterliche Gebote rebellieren. Das gehört dazu. Ihr Ziel ist es ja, auf eigenen Füßen stehen zu lernen. Vielleicht haben manche Eltern auch unangenehme Erfahrungen in ihrer eigenen Kindheit gemacht und haben die Sorge, mit strengerem Auftreten in die Muster ihrer Eltern zu fallen.

Sie fordern als ehemalige Lehrerinnen außerdem mehr Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus. Im ohnehin prall gefüllten Lehrplan und in überlasteten Schulen ist dies jedoch oft gar nicht erwünscht oder möglich. Reichen die klassischen Elternabende nicht aus?

Schuch: Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass Lehrer oft am Limit arbeiten. Eine intensive Betreuung und Begleitung jedes einzelnen Kindes und seiner Eltern ist überfordernd. Wir nutzen die Chance als Referentinnen mit Kenntnis der „Schul-Innenwelt“, der entwicklungspsychologischen Gegebenheiten und der Zeit, die das Coaching mit seinen vier Abenden zur Verfügung hat, auf generelle und individuelle Fragen sowie Schwierigkeiten einzugehen. Dabei sind Kommunikation, Klarheit über das, was mich so werden hat lassen wie ich bin, Einblick in die Welten eines Pubertierenden und Kreativität wichtige Bausteine für den Erziehungsprozess. Darin sehen wir unsere Aufgabe, die wir mit Freude und Engagement seit 17 Jahren übernehmen.

Seminare und Vorträge

„Pubertät: Großbaustelle im Gehirn“, dazu gibt es am 1. März einen Themenabend im Gymnasium Gars (Erweiterungsbau) von 19 bis etwa 20.30 Uhr. Informationen zu weiteren Vorträgen und Seminaren gibt es auf der Internetseite www.syspes.de.

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