OVB-Leserforum
Da „dreht sich bei mir der Magen um“: OVB-Leser zum Missbrauchs-Skandal in Rosenheim
Ein Missbrauchsskandal erschüttert Rosenheim. Der Fall um den ehemaligen Rosenheimer Pfarrer Rudolf Greihansel beschäftigt die Region. Was OVB-Leser zu dem Fall und zu den Reaktionen von Kirchenvertretern sagen.
Rosmarie Martlbauer (Bad Aibling): Beim Lesen des Berichts über Pfarrer Greihansel vom 6. April dreht sich bei mir der Magen um. Es werden kirchennahe Menschen und in der katholischen sowie evangelischen Kirche Aktive zitiert mit Aussagen wie „Direkt kann ich dazu nichts sagen“ oder „Ich denke, dafür sind wir nicht zuständig“ und „Zu einem Fall, in den ich nicht persönlich involviert bin, möchte ich persönlich nichts sagen.“ Sie wollen „würdig und andächtig Ostern feiern“. Gott dafür verantwortlich zu machen und „mit ihm zu hadern“, ist zu einfach!
Ich bin 68 Jahre alt und gläubige katholische Christin – oft nicht einig mit der Kirchenlehre, aber immer noch nicht bereit, alles anzuzweifeln und aus der Kirche auszutreten. Und genau deswegen fühle ich mich verpflichtet und auch berechtigt, mich zu Wort zu melden. Die Untaten von Greihansel und den vielen anderen unter den Teppich zu kehren, ist grausig. Das „Wir können, dürfen, wollen nicht“, muss jeder für sich entscheiden. Als ehrenamtliches Mitglied der Seelsorge und immer noch aktives Mitglied der katholischen Kirche, kann, darf und will ich eine Meinung haben zu solchen Untaten. Greihansel ist ein Täter. Was genau er in Rosenheim mit seiner pädophilen Veranlagung getan hat, wird – so hoffe ich – Stück für Stück ans Licht kommen. Aber: Stillschweigen macht das Osterfest bestimmt nicht besser und führt den Kreuztod Jesu ad absurdum. In der gleichen Ausgabe der Zeitung wurde unser Papst mit den Worten „Räumt mal auf! Wie viele Einbildungen, Illusionen, Dummheiten sind denn da?“, zitiert. „Halten wir uns an die einfachen Dinge, an die ehrlichen Dinge. Da hat die Kirche noch einiges zu tun!
Jakob Grandl (Riedering): Jetzt ist es aber genug, wegen der Missbrauchstäter die Kirche zu reformieren. Diese Aussagen von Pastoralreferentin Hannelore Maurer kann man nicht nachvollziehen. Was will sie an der Kirche noch reformieren? Was hat die Institution der katholischen Kirche mit dem Missbrauchstäter zu tun? Er hat in der Kirche gearbeitet. Die Kirche selbst kann ja überhaupt nichts dafür. Das wär dann genauso, wie wenn ein Arbeiter im Betrieb Schandtaten begeht. Dann müsste der betreffende Betrieb selbst reformiert oder verändert werden! Ebenso, wenn Missbräuche nicht weitergemeldet werden, da ist nicht das gesamte Erzbistum schuldig, sondern diese Herren, die es versäumt haben, diese weiterzuleiten. Das muss hier schon einmal klargestellt werden. Die Kirche selbst hat es heutzutage sowieso nicht leicht, seit dem verhängnisvollen Zweiten Vatikanischen Konzil. Da hilft auch ein „andächtiges und würdevolles“ Osterfest, wie es Kirchenpfleger Heinrich Dhom ausspricht, nicht mehr. Da uns das Wichtigste der katholischen Kirche, das heilige Messopfer – das Herz der Kirche – genommen wurde. Die Kirche kann nur zurück zum wahren Glauben unserer Väter und Urgroßväter.
Franz Kroiss (Rosenheim): Pfarrer Greihansel habe ich gekannt. Er wohnte nur wenige Häuser von uns entfernt. Er war schon ein seltsamer Kauz. Er kam so ab 2012 fast jede Woche in unseren Laden zum Einkaufen. Er war ein großer Geschichtenerzähler und durchaus auch witzig. Dass dieser Mensch Kinder missbraucht haben soll, lässt mich fassungslos zurück. Wie kann die Kirche so einen Menschen weiter auf junge Ministranten loslassen und ihm dann auch noch ein kircheneigenes, schönes Haus mit großem Garten mitten in Rosenheim zu Verfügung stellen? Ist es möglicherweise so, dass man „unter Brüdern“ einfach niemanden zur Verantwortung zieht, weil man sonst selbst Probleme kriegen könnte?