So (un)beliebt ist das Homeoffice
Erst Corona-Lockdown, jetzt Büropflicht? Das sagen Arbeitgeber aus der Region
Raus aus dem Homeoffice, rein ins Büro? Beim Onlinehändler Amazon wird das ab Januar 2025 so sein: Der Onlinehändler verkündet, eine Büropflicht einzuführen. Droht eine solche Regelung auch in Firmen der Region? Das OVB hat nachgefragt.
Rosenheim/ Mühldorf/ Feldkirchen-Westerham / Kolbermoor/ Prien – Mit Kaffee im Wohnzimmer sitzen, während am Computer das morgendliche Meeting stattfindet: Das war zu Lockdown-Zeiten der Alltag vieler Menschen. Laut dem Statistischen Bundesamt arbeiteten im vergangenen Jahr noch 23,5 Prozent aller Erwerbstätigen zumindest gelegentlich im Homeoffice. Doch bei manchen Firmen wie beispielsweise Amazon soll das bald Geschichte sein. Laut einer Umfrage der Beratungsfirma KPMG wollen 68 Prozent der deutschen Unternehmen das Homeoffice innerhalb der nächsten drei Jahre abschaffen oder verringern. Dazu gehören auch die Firmen-Riesen Volkswagen, SAP und die Deutsche Bank. Das OVB hat bei Unternehmen und Behörden in der Region nachgefragt, was sie vom Homeoffice halten.
„Es liegt an der Person“
„Wir unterstützen das mobile Arbeiten und regeln die Umsetzung abteilungsweise“, sagt Jörg Bornemann, Geschäftsleiter der Spezialpumpen-Firma Dickow aus Waldkraiburg. Ganz soll der Bezug zum Unternehmen aber nicht verloren gehen. Daher gelte eine Homeoffice-Obergrenze von drei Tagen in der Woche. Neue Mitarbeiter sollen sich dagegen erst einmal in die Firmenkultur einfinden. Die Erfahrungen damit sind unterschiedlich. „Es gibt Abteilungen und Mitarbeiter, wo es sehr gut funktioniert. Da ist der Output unter Umständen sogar größer“, so Bornemann. Er möchte die Regelung so beibehalten.
Auch Sibylle Gaßner-Nickl, Pressesprecherin des Landratamts Rosenheim sieht Vorteile im Homeoffice. „Eine Einschätzung unter Führungskräften zeigt, dass das gelegentliche Arbeiten im Homeoffice produktiver ist“, sagt sie. Dabei sei es wichtig, trotzdem für die Bürger erreichbar zu sein. Dort, wo Homeoffice möglich ist, würden die Mitarbeiter ein bis zwei Tage von daheim aus arbeiten.
Das helfe insbesondere Eltern, die ihre Kinder betreuen müssen. „Außerdem sparen wir Büroräume ein“, sagt Gaßner-Nickl. Bei Stellenausschreibungen sei die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sehr attraktiv. Allerdings leide dabei die Zusammenarbeit im Team. „Die Führungskräfte haben manchmal Schwierigkeiten, Informationen weiterzugeben“, sagt sie. Durch Team-Veranstaltungen könne der Nachteil aber ausgeglichen werden. „Momentan überwiegen die Vorteile des Homeoffice“, sagt die Pressesprecherin. Trotzdem werde es wahrscheinlich bei der ein bis zwei Tage Regelung bleiben.
Auch beim Mühldorfer Hersteller von Steckverbindungen ODU wird es demnächst keine Änderungen beim Homeoffice geben. „Nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten können die Mitarbeiter bei uns bis zu 40 Prozent mobil arbeiten“, erklärt Nicol Schindlbeck, Leiterin der Unternehmenskommunikation.
Ähnlich läuft es bei dem Maschinen-Hersteller Krones, der auch in Rosenheim einen Standort hat. „Unsere Erfahrungen mit dem mobilen Arbeiten sind sehr gut“, sagt Ingrid Reuschl, Leiterin der Unternehmenskommunikation. Bis zu 50 Prozent Homeoffice seien nach Vereinbarung mit den Führungskräften möglich. Hier wird das Konzept ebenfalls erstmal beibehalten.
Die Mitarbeiter des Telekommunikationsunternehmens Ericsson können dagegen ein wenig öfter im Homeoffice sein. Zumindest in der Theorie. „Bei Ericsson gibt es global eine Richtschnur von 60 Prozent Büroanwesenheit“, sagt Pressesprecher Martin Ostermeier. Am Rosenheimer Standort seien die Präsenzzeiten allerdings oft höher. Das liege daran, dass hier viel Forschung und Entwicklung stattfindet. Dazu müssen die Mitarbeiter persönlich vor Ort sein.
Jeder kann, keiner muss
Indes gibt es bei einem Software-Unternehmen aus Kolbermoor keine klaren Vorgaben für die Mitarbeiter. „In unserem Haus ist es jedem Mitarbeiter freigestellt, von wo aus er arbeiten möchte“, sagt Christina Heckel von der TechDivision GmbH. Man habe Kollegen im Haus, die jeden Tag aus dem Büro arbeiten, genauso aber auch Mitarbeiter, die täglich im Homeoffice sind. „Und dann gibt es natürlich die Kollegen, die hybrid arbeiten, also mal hier, mal dort“, ergänzt Heckel.
Insgesamt gebe es bei dem Thema keine Einschränkungen. Lediglich für die Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters legt das Unternehmen TechDivision Wert darauf, dass diese im Büro stattfindet. Laut Heckel nehme die Homeoffice-Möglichkeit „so gut wie jeder Mitarbeiter“ in Anspruch. Davon regelmäßig etwa 80 Prozent der Belegschaft. Und das Kolbermoorer Unternehmen zeigt sich damit zufrieden.
„Wir haben bis jetzt nur positive Erfahrungen gemacht. Wir konnten auch einige Kollegen einstellen, die gar nicht standortnah wohnen“, sagt Heckel. Die Kollegen seien dadurch flexibler und brächten Familie und Beruf deutlich besser unter einen Hut als in der Vergangenheit. „Bei uns wird es keine Büropflicht geben“ erklärt Heckel. Viele Mitarbeiter hätten in Umfragen angegeben, dass sie lieber den Arbeitgeber wechseln würden, als auf die Möglichkeit von Homeoffice zu verzichten.
Das Software-Unternehmen starte vielmehr „nette kleine Aktionen, um die Kollegen auf freiwilliger Basis zurück ins Büro zu holen“. Beispielsweise in Form von gemeinsamen Mittagessen oder Sportangeboten im Haus.
Auch beim Logistik-Kompetenz-Zentrum in Prien gibt es keine Vorschriften zum Homeoffice. „Das hat sich bei uns von selbst so eingependelt, dass die meisten Kollegen ein- bis zweimal in der Woche zu Hause arbeiten“, sagt Bettina Fischer, Assistentin der Geschäftsleitung und Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Vereinzelte Mitarbeiter, die weiter weg wohnen, würden auch dreimal die Woche mobil arbeiten. „Das funktioniert, ohne dass wir da Regularien anbringen“, sagt sie. Es gebe keine Pläne, etwas daran zu ändern.
Fischer selbst arbeitet auch gerne von zu Hause aus. „Bei mir kommen tagsüber viele Personen vorbei, die Fragen haben. Manchmal fühle ich mich dann in meinem Denk- und Arbeitsprozess unterbrochen“, sagt sie. Deshalb nehme sie Texte und Projektunterlagen gerne mit nach Hause, um sie dort zu bearbeiten. Gleichzeitig schätzt sie aber den Austausch im Büro. „Meine Kollegen und ich finden, dass die Kommunikation vor Ort viel effizienter funktioniert“.
Homeoffice in den Gemeinden
Auch bei der Stadt Rosenheim ist Homeoffice ein Thema. „Mitarbeiter können unter bestimmten Voraussetzungen – etwa sichergestellte Erreichbarkeit und Zustimmung des Vorgesetzten – bis zu 50 Prozent mobil arbeiten“, sagt Pressesprecher Christian Baab. Seit Anfang des Jahres gelte diese Regelung für mindestens zwei Jahre. Wie viele Stunden Homeoffice derzeit von den Mitarbeitern genommen wurden, weiß Baab nicht. „Aktuell stellen wir fest, dass das mobile Arbeiten sehr unterschiedlich angenommen wird“, sagt er.
Bei der Verwaltung der Gemeinde Feldkirchen-Westerham spielt das Arbeiten von zu Hause aus ebenso eine Rolle. „Wir haben sehr kurzfristig nach Ausbruch der Pandemie das Homeoffice technisch durch unsere IT möglich gemacht. Seitdem arbeiten wir mit befristeten Nebenabreden zum Arbeitsvertrag“, erklärt Pressesprecherin Karolin Lohwasser auf OVB-Anfrage. Aktuell werde eine Dienstvereinbarung für mobiles Arbeiten erarbeitet.
Die maximale Anzahl der Homeoffice-Tage werde in der Nebenabrede beziehungsweise mit der Abteilungsleitung individuell festgelegt. „Hierbei ist die absolute Obergrenze 50 Prozent der regulären wöchentlichen Arbeitszeit“, so die Pressesprecherin. Wichtig sei, dass die Mitarbeiter zu Hause genauso gut erreichbar sind, wie in ihrem Büro. Derzeit würden 42 der 189 Mitarbeiter, zu denen auch Angestellte in den Kindergärten gehören, die Möglichkeit des Homeoffice nutzen. Überlegungen für ein „return to office“ gibt es dagegen nicht.
Ganz anders wird das Thema Homeoffice bislang in der Gemeinde Prien behandelt. „Während Corona wurde das mal zum Teil praktiziert, aber nur sehr vereinzelt“, sagt Donat Steindlmüller, Geschäftsleiter der Marktgemeinde. Allerdings soll das mobile Arbeiten in Zukunft öfter stattfinden. „Wir wollen es ermöglichen, dass wir und unsere Mitarbeiter auch mal spontan von zu Hause arbeiten“, sagt er. Trotzdem soll der Großteil der Arbeit weiterhin im Büro stattfinden. „Einmal in fünf Tagen – da kann man drüber reden.“

