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„Die Enttäuschung ist riesengroß“

Nach dem Hochwasser kommen die Soforthilfen – aber nicht für alle

Hochwasser in Bayern - Aufräumarbeiten
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Aufräumen nach dem Hochwasser in Teilen Bayerns.

Bayern hat 200 Millionen Euro Hilfen für Hochwasseropfer bereitgestellt. „Wir lassen niemanden allein“, kündigte Ministerpräsident Söder an. Doch nicht alle Betroffenen haben Anspruch auf diese Hilfen. Sie bleiben auf den Schäden sitzen - und fühlen sich im Stich gelassen.

Karlsfeld – Das Wasser kam durch alle Ritzen durch die Wände, durch die Bodenplatten. Als Anita Bartling um fünf Uhr morgens wach wurde und wegen des starken Regens nach dem Rechten schauen wollte, stand der Keller schon unter Wasser. Bartling lebt mit ihrer Familie in Karlsfeld im Landkreis Dachau. „Unser Haus wurde 1951 gebaut“, sagt sie. Es war bereits das vierte Mal, dass das Wasser sich einen Weg durch die alten Mauern bahnte. Aber noch nie zuvor stand es so hoch wie dieses Mal.

„Meine Familie hat mich am Freitag noch verflucht, weil ich alle gezwungen hatte, mit mir den Keller so weit es ging leerzuräumen.“ Bartling hatte befürchtet, dass der angekündigte Starkregen wieder für eine Überschwemmung sorgen würde. Aber sie hatte nicht kommen sehen, dass das Wasser 35 Zentimeter hoch im Keller stehen würde. Es sind viele Möbel kaputt gegangen. Und leider auch die Modellbau Werkstatt ihres Sohnes. „Aber es hätte uns viel schlimmer treffen können“ – diesen Satz sagt die 59-Jährige immer wieder. Das Hochwasser ist in Karlsfeld auch nach knapp zwei Wochen noch überall Gesprächsthema. Deshalb weiß Bartling, dass auch die Keller ihrer Nachbarn alle überflutet waren. Nicht alle konnten so viel retten wie sie.

„Rund 350.000 Euro Soforthilfen sind bereits ausbezahlt worden“

Und trotzdem ist der Schaden auch bei ihr immens. Sie hat bereits einen Handwerker kontaktiert. Die Betonböden werden von allein trocknen. Der Putz an den Wänden aber nicht. „Der muss entfernt werden.“ Dann müssen die Wände neu verkleidet werden. Was das kosten wird, kann die Karlsfelderin noch nicht sagen. Den Schaden an den Möbel schätzt sie auf etwa 2000 Euro. Sie hatte gehofft, dass sie von den Soforthilfen profitieren wird, die die Staatsregierung versprochen und vorgestern noch mal auf 200 Millionen Euro verdoppelt hatte. „Wir lassen niemanden allein“, hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versprochen. Doch wie sich nun abzeichnet, stimmt das nicht ganz. Und Anita Bartling ist nicht die einzige Betroffene.

Allein beim Landratsamt Dachau sind bis Mittwoch (12. Juni) 1850 Anträge auf Soforthilfe eingegangen. Im ebenfalls stark vom Hochwasser betroffenen Landkreis Freising waren es wegen Hausrat-Schäden 180 Anträge. „Rund 350.000 Euro Soforthilfen sind bereits ausbezahlt worden“, sagt ein Sprecher. Doch nicht alle Antragsteller werden wirklich Geld bekommen. Die Behörde in Dachau hat bereits einen Hinweis auf ihrer Internetseite veröffentlicht, dass Schäden, die durch aufsteigendes Grundwasser entstanden sind, nicht von den Soforthilfen erfasst werden. Man habe sich an den Soforthilfen aus dem Jahr 2021 orientiert, heißt es aus dem Finanzministerium. Wenn das Grundwasser zunächst an die Oberfläche getreten ist und dann zum Beispiel über den Schacht eines Kellerfensters ins Gebäude eingedrungen ist, werden die Hilfen gezahlt, erklärt ein Sprecher. Wenn es unterirdisch durch die Wände oder die Böden drückt, nicht.

„Ich dachte, er hat unsere Situation verstanden.“

Demnach wird Anita Bartling die Schäden allein stemmen müssen. Genau wie die meisten ihrer Nachbarn in Karlsfeld. Auch bei den Hochwassern in den Vorjahren hatte weder die Elementar- noch die Hausrat Versicherung die Schäden ersetzt. „Ich hatte gehofft, dass wir wenigstens diesmal auch Unterstützung bekommen – so wie Herr Söder es angekündigt hatte“, sagt sie. „Ich dachte, er hat unsere Situation verstanden.“ Denn die Bartlings können nichts tun, um sich künftig besser vor Hochwasser zu schützen, sagen sie. Ihren Nachbarn geht es genauso. „Die Enttäuschung ist jetzt bei allen riesengroß.“

Ähnlich geht es Milda Kahl. Sie wohnt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in einem Reihenhaus in Dachau. Auch ihr Keller ist geflutet worden. Die neuen Böden: kaputt. Die Wände: nass. Die Verkleidung der Rohre: kaputt. Dazu kommen viele kaputte Möbel und Haushaltsgegenstände. Auch bei ihr drückte das Wasser durch die Wände und die Bodenplatten ins Haus. Auch sie kann den Schaden noch nicht abschätzen. „Wir zahlen gerade einen Kredit ab“, sagt sie. Die nächsten Jahre waren genau durchgerechnet. Die Soforthilfen wären für sie die Rettung gewesen. „Ich habe sofort einen Antrag ausgefüllt, als ich davon erfahren habe“, erzählt die 43-Jährige. Einen Tag später erfuhr sie von anderen Betroffenen, dass sie wohl nicht auf staatliche Hilfen hoffen kann.

Das trifft die Familie schwer. Noch hat Milda Kahl die Hoffnung nicht aufgegeben, dass ihr Antrag doch bewilligt werden könnte. Für den Fall, dass es anders kommt, hat sie schon kurz über einen Anwalt nachgedacht. Aber auch der müsste ja bezahlt werden. Es würde sich wohl nicht rechnen, glaubt Kahl und sagt: „Wir werden uns künftig stark einschränken müssen, um die Schäden bezahlen zu können.

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