Bürgerinitiative „Unser Bergener Wasser“
Versucht Adelholzener, Fakten zu schaffen? – Bürgerinitiative hat einen bösen Verdacht
Der Streit zwischen Adelholzener und der Bürgerinitiative um die Wasserrechte wird immer giftiger: Die Initiative „Unser Bergener Wasser“ fürchtet, dass Adelholzener mit Rohrleitungsarbeiten Fakten schafft, welche die Entscheidung über den kommenden Antrag beeinflussen. Stimmt das?
Bergen – Sarina Kraft (42), Sprecherin von „Unser Bergener Wasser“, beschreibt die Stimmung in der Bürgerinitiative (BI) mit einem Bild: „Seit über einem Jahr sitzen wir wie die Kaninchen vor der Schlange und warten auf den Antrag.“ 800 Unterstützer haben Sorge um das Grundwasser im Naturschutzgebiet Bergener Moos. Dort, am Fuß des Hochfelln, fördert die Adelholzener Alpenquellen GmbH seit Jahrzehnten Trinkwasser – weil die Wasserrechte aber 2025 auslaufen, muss der Konzern sie neu beantragen.
Theoretisch erlaubt ist die Entnahme von knapp 1,6 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr. Adelholzener darf das Wasser kostenlos aus der Erde pumpen. Ob das so bleibt, hängt auch daran, ob es in Bayern künftig einen Wassercent geben soll. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat das als Vorhaben für die neue Legislaturperiode angekündigt. Derzeit schöpft Adelholzener die Maximalmenge ohnehin nicht aus, laut Bürgerinitiative werden im Moment im Mittel 1,1 Millionen Kubikmeter jährlich gefördert.
Noch liegt der Antrag für die neuen Wasserrechte dem Landratsamt Traunstein nicht vor. Wie ein Sprecher mitteilt, besteht auch kein Grund zur Eile: Es würde ausreichen, wenn dieser erst 2024 eingeht. Doch die Stimmung zwischen Adelholzener und der Bürgerinitiative wird zunehmend giftig. Der Streit dreht sich zum Beispiel um die zeitliche Begrenzung der erlaubten Wasserförderung, um die Veröffentlichung von Bilanzen über die Entnahmemenge und über unabhängige Gutachten, die die BI verlangt. Außerdem vermutet die Bürgerinitiative, dass es durch das Abpumpen an einigen Messstellen in den oberen Grundwasserstockwerken zu Druckschwankungen kommt. Wie sich das auf die Region auswirkt, wolle man schwarz auf weiß sehen, bevor der Antrag genehmigt wird, sagt die BI.
Jüngster Zankapfel ist jedoch eine Baustelle. Ende Juni hatte die Bürgerinitiative bemerkt, dass Adelholzener Leitungen verlegt. Das mehrere Meter breite ausgebaggerte Band auf einer Wiese war nicht zu übersehen, auch nicht die Rohre für die Leitungen. Nach Angaben von Adelholzener handelt es sich um Versorgungsleitungen für den sechsten Brunnen, dessen Probebetrieb genehmigt ist. Rechtlich ist das völlig in Ordnung, teilt das Landratsamt mit. Rohrleitungsarbeiten sind in Bayern verfahrensfrei möglich. Doch die Bürgerinitiative befürchtet, dass Adelholzener dadurch Fakten schafft – und so eine Entscheidung über den Antrag für die Wasserrechte beeinflusst.
Dabei blieb es nicht. Adelholzener antwortete zu Händen von Sarina Kraft, der Ton des Schreibens ist eher scharf. Und dann schickte Adelholzener auch noch ein Schreiben an fast alle Unterstützer der Bürgerinitiative. Adelholzener hatte offenbar die öffentliche Namensliste der Unterstützer auf der Homepage der Bürgerinitiative verwendet, um die Adressen herauszufinden. Viele Briefe gingen an die Privatadressen, bei anderen an den Arbeitgeber, auch wenn es darüber keine öffentlich einsehbaren Informationen im Internet gibt. „Manche Mitglieder wurden über den Skiclub kontaktiert“, sagt Kraft. Bei Ehepartnern sei zum Teil einer privat angeschrieben worden, der andere am Arbeitsplatz. „Das ist datenschutzrechtlich bedenklich“, sagt Kraft. Tatsächlich hätten nach dem Brief einzelne ihre Mitgliedschaft gekündigt.
Die Vorwürfe weist Adelholzener zurück, das Vorgehen sei datenschutzrechtlich überprüft worden. „Die Liste der Unterstützer auf der Homepage der Bürgerinitiative haben wir um Adressdaten aus öffentlich zugänglichen Quellen, wie Telefonbuch, Branchenbücher etc. angereichert, um die genannten Personen erreichen zu können“, teilt eine Sprecherin mit.
Auch der Landkreis Traunstein scheint sich vor der Entscheidung über den Antrag zu wappnen: So wurden Ende Juni allgemeine Leitlinien zu Trinkwasservorhaben festgelegt. Unter anderem werden „keine wasserrechtlichen Gestattungen mehr ausgesprochen, die über das Maß der bereits jetzt gestatteten Fördermenge hinausgehen“, teilt die Behörde mit. Das heißt: Mit mehr als 1,6 Millionen Kubikmeter kann Adelholzener auch in Zukunft nicht rechnen.