Regelt Entnahme
Nach Wasser-Diskussionen im Chiemgau: Neue Leitlinie des Landratsamts vorgestellt
Am Donnerstagvormittag stellte das Landratsamt Traunstein seine neue Richtlinie für Trinkwasservorhaben vor. Zuvor hatte seit Mitte des vergangenen Jahres immer wieder eine geplante Ausweitung des Betriebs von Adelholzener in Bergen für Diskussionen gesorgt. Landrat Siegfried Walch und der zuständige Abteilungsleiter gingen darauf ein, ob damit ein Zusammenhang bestand, wie die Regeln konkret ausschauen und wie es in Zukunft weitergeht.
Traunstein - „Es geht hier um Genehmigungsverfahren und -Abläufe. Diese folgen immer den selben Prämissen, die für alle gleich gelten und es spielen weder Gutdünken noch politisches Kalkül eine Rolle. Ich spreche hier daher auch ausdrücklich als Behördenchef, nicht als Politiker“, betonte Traunsteins Landrat Siegfried Walch bei einem Pressegespräch im Landratsamt am Donnerstagvormittag, „Das Thema Grundwasser war mir schon immer sehr wichtig, denn es ist einfach eine zentrale und unverzichtbare Lebensgrundlage für den Menschen. Wir müssen uns nun auf andere Voraussetzungen einstellen und daher ist diese Verschärfung der Leitlinien unumgänglich, damit auch künftige Generationen hier bei uns in der Region Zugang zu gutem Trinkwasser haben.“
Die neuen Leitlinien lauten:
- Es werden keine wasserrechtlichen Gestattungen mehr ausgesprochen, die über das Maß der bereits jetzt gestatteten Fördermenge hinausgeht.
- Es wird ein verpflichtendes Monitoring des Tiefengrundwassers angeordnet, um das Grundwasser zu schützen und umgehend eingreifen zu können, falls sich Beeinträchtigungen ergeben.
- Es wird keine Entnahme von Tiefengrundwasser für Brauchwasserzwecke gestattet. Entsprechend notwendiges Prozesswasser muss über das Leitungswasser bezogen werden.
- Verfahren zur wasserrechtlichen Gestattung mit Nutzung von Tiefengrundwasser werden stets als Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung geführt.
„Ein Antragsteller muss ja bereits eine Reihe von Gutachten zu allen möglichen Auswirkungen, nicht zuletzt auf die Umwelt, einreichen. Gleichzeitig erfolgen auch durch das Wasserwirtschaftsamt umfangreiche Untersuchungen. Ob eine Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt, wird stets im Einzelfall geprüft. Wenn ja, werden die Unterlagen entsprechend öffentlich ausliegen“, erläuterte Christian Nebl, Leiter der Abteilung für Bauen und Umwelt am Landratsamt. „Die hervorragende Wasserqualität hat dafür gesorgt, dass eine Reihe von Unternehmen aus der Getränkeindustrie sich bei uns angesiedelt haben. Selbstverständlich sind wir im Genehmigungsprozess aber nicht beteiligt. Wir bemühen uns aber, sie zu begleiten und unterstützen, wo es geht“, betonte wiederum Dr. Birgit Seeholzer, Hauptgeschäftsführerin der Chiemgau GmbH, einer landkreiseigenen Gesellschaft, die unter anderem Wirtschaftsförderung betreibt.
Ausbaupläne von Adelholzener sorgen für Diskussionen im Chiemgau
Mitte des vergangenen Jahres sorgten die Adelholzener Alpenquellen für Aufregung im Chiemgau. „Im bestehenden Wasserrecht ist eine Menge festgelegt, die wir aktuell nicht ausschöpfen. Dieses Wasserrecht läuft 2025 aus und wir werden es in der gleichen Höhe wieder beantragen“, erklärte Vorstand Peter Lachenmeier im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen und räumte ein, es solle tatsächlich mehr entnommen werden, als vorher. „Insgesamt werden wir aber deutlich effizienter: Zum Beispiel unsere Flaschenwaschanlage benötigt heute viel weniger Wasser als früher. Zukünftig wird unsere Produktion verhältnismäßig einen deutlich niedrigeren Wasserverbrauch aufweisen.“
Die Pläne sorgten in der Folge teils für kritische Reaktionen, in Bergen wurde sogar eine Bürgerinitiative (BI) namens „Unser Bergener Wasser“ gegründet – aus Sorge, dass ihnen das Wasser ausgehen könnte. Sarina Kraft, Sprecherin der Bürgerinitiative, verwies im Gespräch mit der Heimatzeitung auf den französischen Ort Vittel, den der Lebensmittelkonzern Nestlé durch zu große Förderung von Wasser trockengelegt haben soll. Presseberichten zufolge sinkt dort der Wasserspiegel jährlich um 30 Zentimeter. Unternehmen und Behörden verweisen unterdessen darauf, dass die Fördermenge insgesamt nicht erhöht und nur die bisher bereits genehmigte Menge mehr ausgenutzt werden solle.
Neue Leitlinie des Landratsamts Traunstein für Trinkwasservorhaben vorgestellt - Laut Landrat kein Zusammenhang mit Situation in Bergen
„Natürlich nehmen wir diese Diskussion war aber die Überarbeitung der Leitlinie fand unabhängig davon statt“, betonte Landrat Siegfried Walch am Donnerstag, „Im übrigen liegt uns auch in diesem Fall noch gar kein neuer Antrag vor. Im aktuellen Genehmigungszeitraum konnten wir bislang keine Gefährdung feststellen. In jedem Fall hat für uns immer das große Ganze Vorrang. Weiterhin werden durch klare Vorgaben auch für Unternehmen, die hier Investitionen erwägen klare Rahmenbedingungen geschaffen. Wir kommunizieren das auch klar und stehen ständig im Austausch. Ich kann auch definitiv sagen: Die heimischen Unternehmen sind alle sehr am Erhalt unserer Naturgüter interessiert und wollen dazu beitragen, wo sie können.“
Wie schaut es wiederum mit möglichen Hintertürchen aus? „Eine Situation wie im Kreis Miesbach, wo es einen andauernden Konflikt um Entnahmen der Landeshauptstadt München gibt, haben wir hier nicht. Denn solche alten Wasserrechte wie dort, liegen bei uns nicht vor“, betonte Behördenleiter Nebl. Auch bestehe nicht das Risiko, dass etwa Unternehmen zusätzliche Fördermengen einklagen könnten. „Anders als beispielsweise beim Baurecht, wo nachträglich gegen Entscheidungen von Kommunen und Landratsämtern geklagt werden kann, ist das hier nicht möglich. Unsere Entscheidung gilt.“
Aktuell ginge es auch überall um die Wiedergenehmigung für die Weiterführung bestehender Förderungen. „Wenn eine neue Förderung beantragt würde, müsste sichergestellt sein, dass in der Summe nicht mehr Wasser als zuvor entnommen wird.“ Bei den Grundwasserpegeln gäbe es zwar spürbare Rückgänge, insgesamt sei der Landkreis aber in einer „komfortablen Situation“, darauf legte Landrat Walch abschließend Wert. „Da muss ich auch für die kommunale Selbstverwaltung eine Lanze brechen“, lobte er, „Alles ist aber natürlich davon abhängig, wie sich die Niederschläge weiter entwickeln.“
hs