Zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt
Urteil gegen vier Töginger gefällt: Anbau, Import und Verkauf von Marihuana im Darknet
Dass es sich bei den vier Marihuana-Bauern aus Töging um intelligente junge Männer handelt, kann man nach ihrem Prozess am Landgericht Traunstein nicht abstreiten: Geht es um Krypto-Investments und Darknet-Handel, so kann man durchaus von ihnen lernen. Weniger klug war aber der Zweck, für den sie ihren Intellekt einsetzten – und das wurde auch bei der Höhe ihrer Strafen berücksichtigt.
Traunstein; Töging – Der Gerichtssaal im Landgericht Traunstein war gut gefüllt, als Volker Ziegler am 26. Oktober das Urteil der 2. Strafkammer über vier junge Männer aus Töging verkündete. Sie hatten unter der Federführung des 24-jährigen S. und seinem „Krypto-Buchhalter“ W. (23) am Töginger Schwimmbad und Innkanal, sowie im Dachboden von S. Marihuana angebaut und das Sortiment mit US-Importen erweitert. Die Ware wurde mithilfe von L. (23) und B. (23) verpackt und verkauft – aber auch über einen Darknet-Shop vertrieben.
Fünf Jahre für die „Anführer“
Während S. und W. als Köpfe der Bande fünf Jahre Freiheitsstrafe erhielten, kam L. mit zwei Jahren und B. mit einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung davon. Die Männer werden aber auch zur Kasse gebeten: S. und W. müssen rund 182.000 Euro Wertersatzzahlungen leisten, L. rund 170.000 und B. 14.400 Euro. Überdies wurden die Zugangscodes zu Darknet-Accounts und ein Kryptowallet eingezogen.
Pech hatten die beiden Bandenanführer bezüglich einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Diese hätte eine verkürzende Auswirkung auf die Haftzeit haben können. Grund dafür ist, dass einerseits der psychiatrische Sachverständige, Dr. Josef Eberl, weder bei S. noch W. einen „Hang“ zum Missbrauch von Betäubungsmitteln sah. Andererseits war aber erst zum 1. Oktober 2023 der hierfür greifende §64 im Strafgesetzbuch geändert worden.
Staatsanwalt forderte 7,5 Jahre
Weil Staatsanwalt Nils Wewer für die beiden Rädelsführer jeweils siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe gefordert hatte, sowie für die beiden Bandenmitglieder L. und B. drei Jahre und vier Monate, konnten sich die vier Angeklagten am Ende dennoch glücklich mit dem Urteil schätzen. Während dessen Begründung ging der Vorsitzende Richter Volker Ziegler auf die zahlreichen Faktoren ein, die von der Kammer strafmildernd berücksichtigt wurden: „Zuerst einmal handelt es sich um weiche Drogen“, so Ziegler. Egal wie der Gesetzgeber das nun regle, die Kammer berücksichtige die anstehende Legalisierung durch einen milderen Strafrahmen.
„Außerdem stehen sie alle am Anfang ihres Lebens, das durch eine Freiheitsstrafe erheblich gestört werden kann“, so der Richter. Positiv wurde den Männern auch angerechnet, dass keiner eine Vorstrafe vorzuweisen hatte. Außerdem seien keine Anhaltspunkte vorhanden gewesen, die darauf hingedeutet hätten, dass die Angeklagten sich in der organisierten Kriminalität bewegten. Natürlich wurde auch das vollumfängliche Geständnis der Angeklagten positiv gewertet.
Große Mengen Marihuana
Zulasten der Angeklagten musste laut Ziegler aber der hohe Organisationsgrad der Bande berücksichtigt werden. Das Vorgehen im Darknet, Urkundenfälschungen und Verdeckungshandlungen im Rahmen der Geschäfte seien ebenfalls negativ zu werten. „Wenn es Rückschläge gab, wurden außerdem immer wieder neue Wege gesucht, um die illegalen Handlungen fortführen zu können“, so der Richter. Am Ende sei aber auch die hohe Menge an Marihuana, die von der Bande ein- und verkauft wurde, negativ zu berücksichtigen.
Dass S. außerdem aus der Untersuchungshaft Briefe an seine Komplizen und Zeuge schmuggeln wollte, in denen er genaue Anleitung für deren Aussagen gab, führte insbesondere bei seiner Strafe zu einer Verschärfung. Bei W., der wegen des Besitzes einer Schreckschusswaffe des „bewaffneten Handeltreibens“ bezichtigt wurde, konnte mildernd berücksichtigt werden, dass die Waffe nicht geladen und gut verstaut war.
„Der Beginn einer kriminellen Karierre“
Kurz vor der Verabschiedung von den Angeklagten merkte Richter Ziegler noch an: „Die Angeklagten haben über einen längeren Zeitraum einen erheblichen Umfang von Straftaten begangen. Was wir gesehen haben, war der Beginn einer kriminellen Karriere.“ Ziegler hoffe, dass die jungen Männer den „Schuss vor den Bug“ verstanden hätten. „Schauen Sie, dass Sie ihre Fähigkeiten künftig für legale Geschäfte und Tätigkeiten nutzen. Ich hoffe, dass die Strafen das bewirken. Die Briefe, die wir gelesen haben, lassen zwar die Hoffnung schwinden – aber jeder kann sich ändern.“