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75-Jähriger stirbt

Jeder Tote bleibt im Kopf – Wie Bergwachtler Christian Auer den Todessturz am „Dampfschiff“ einordnet

Collage Chiemgauer Alpen im Sonnenuntergang und Bergretter Christian Auer
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Etwa einmal im Jahr wird in den Chiemgauer Alpen, im Einsatzgebiet von Christian Auer ein Toter geborgen. Kürzlich stürzte ein Bergsteiger vom Berggipfel „Dampfschiff“. Der Gipfel liegt im Bild zuvorderst im Schatten.

Erinnert sich an jeden Toten: Christian Auer über die Belastung nach Einsätzen mit Verunglückten, wie dem Bergsteiger, der vom „Dampfschiff“ am Donnerstag (27. Juni) in Unterwössen 50 Meter in den Tod stürzte.

Unterwössen – „Wenn man fällt, dann fällt man tief“, sagt Christian Auer von der Bergwacht Marquartstein. Er war am Freitag (28. Juni) Einsatzleiter bei der Suche und der Bergung des 75-jährigen Chiemgauers, der von dem Berggipfel „Dampfschiff“ in den Chiemgauer Alpen in den Tod stürzte. „Der Name ist Programm“, sagt Auer und meint damit den ungewöhnlichen Namen des Gipfels. „Der Felsen steht so raus wie ein Schiffsbug.“

Eine aufmerksame Sennerin hatte am Freitagmorgen auf dem Gipfel einen herrenlosen Rucksack und weitere Utensilien entdeckt, teilte die Grenzpolizeiinspektion Piding mit. Auch ein unverschlossenes E-Mountainbike am Abzweig zum Gipfelsteig fiel ihr auf. Nachdem sie keine Person in der Nähe finden konnte und auch auf umliegenden Almen keine Hinweise bekommen hatte, alarmierte sie die Bergwacht Marquartstein. Diese setzte sich sofort mit der Polizei in Verbindung und ein Sucheinsatz wurde eingeleitet.

Gipfel nur für Schwindelfreie

„Wenn jemand nicht schwindelfrei ist, würde ich den dahin nicht mitnehmen“, führt Christian Auer aus. Am „Dampfschiff“ sei davor aber noch kein Unglück passiert, vom Gipfel gehe es allerdings „außerordentlich weit nach unten“, sagt der Bergretter. Auer war mit in dem Rettungshubschrauber Christoph 14, der am Freitag auf der Suche nach dem vermissten Bergsteiger über der Gegend kreiste.

Nach derzeitigen Erkenntnissen ist der 75-jährige Mann am Vorabend aufgestiegen. Im Gipfelbuch schrieb der Verunglückte am Donnerstagabend noch einen letzten Eintrag. Danach stürzte er aus bisher ungeklärten Gründen vom Gipfelkreuz aus nordwärts über etwa 50 Höhenmeter senkrecht in die Tiefe. Aus dem Suchhubschrauber sei am Freitag anhand des Aussehens des Seniors relativ eindeutig gewesen, „dass er nicht mehr leben wird“, sagt Christian Auer.

Bergretter Christian Auer von der Bergwacht Marquartstein im Wald am Fuße des Chiemgauer Gipfels „Dampfschiff“. Der Leichnam wurde mit dem Helikopter geborgen.

Am Fuße des Gipfels ist laut Auer ein steiles Waldgelände, in dem der 75-Jährige landete. Der Einsatzleiter ließ sich deshalb mit einem Notarzt auf dem Gipfel ab, da das Abseilen aus dem Helikopter in ein Waldstück mit größeren Risiken verbunden sei. Vom Gipfel stiegen sie zu dem Verunglückten herab, wo der Notarzt nur noch den Tod des Bergsteigers feststellen konnte.

Ein toter Bergsteiger pro Jahr

„Einmal im Jahr kann man schon fast sagen, dass wir einen toten Bergsteiger haben, bei uns im Dienstgebiet“, sagt der Einsatzleiter und Luftretter Christian Auer. Das Dienstgebiet der Bergwacht Marquartstein umfasse die Gemeinden Unterwössen, Marquartstein und Staudach-Egerndach. Im Verhältnis komme hier häufiger ein Unglück vor als in den Gebieten der umliegenden Bergwachten. Auer sieht die Ursache in dem verhältnismäßig schwierigeren Terrain und den steileren Gipfeln.

Jeder Tote bleibt im Kopf

Die Todesursache sei allerdings „nicht immer so ein tragischer Absturz“, führt der Luftretter aus. Trotzdem, manche Bilder bleiben im Kopf. „Man gewöhnt sich schon irgendwie daran“, sagt Auer, „aber spurlos geht das logischerweise nicht an einem vorbei.“ Der Bergretter könne sich an jeden einzelnen Toten erinnern. Er ist seit 25 Jahren bei der Bergwacht.

Geht es um die Aufarbeitung solcher Fälle, „sind wir relativ gut aufgestellt“, sagt Auer. Es sei eine Aufgabe, die man sich und seinen Kollegen stellt, aber auch der Familie. „Meine Frau weiß das dann schon, dass ich das dann ein paar Mal erzählen muss“, meint der Bergretter über tragische Fälle.

Tödlicher Absturz am „Dampfschiff“ in Unterwössen. Ein 75-Jähriger fällt vom Berggipfel senkrecht in die Tiefe.

Aufarbeitung besonders bei neuen Mitgliedern wichtig

Innerhalb des Kollegiums würde man sich nach dem anderen erkundigen. Nach Einsätzen, bei denen jüngere Bergwacht-Mitglieder dabei waren, würde ein besonderes Augenmerk auf die Nacharbeit gelegt werden. „Da sind wir eigentlich ganz gut geschult worden, die letzten Jahrzehnte“, sagt Christian Auer.

Die Einsatzgruppen können auch auf Hilfe innerhalb der bayerischen Bergwacht zurückgreifen. Der Kriseninterventionsdienst (KID) der Bergwacht ist für die psychosoziale Notfallversorgung von Verletzten, Tourenpartnern und Angehörigen zuständig, kann aber auch von den Bergrettern selbst in Anspruch genommen werden.

Kein Fremdverschulden bei Absturz

Bei dem Verunglückten am „Dampfschiff“ geht die Polizei bislang weiterhin von keinem Fremdverschulden aus. Ein Gastwirt der nahegelegenen Rechenbergalm berichtete über Regen am frühen Donnerstagabend.

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