Landwirte wehren sich gegen Ampelpläne
Deutliche Kritik vom Bauernverband: So hoch fallen die Mehrkosten aus
Die Haushaltspläne der Ampelkoalition sorgen für viel Frust unter den Landwirten. Steuerbegünstigungen für Agrardiesel sollen entfallen, genauso wie die Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kfz-Steuer. Wie Beispiele aus Traunstein und dem Berchtesgadener Land zeigen: Die Bauern nehmen das nicht klaglos hin und versuchen dagegen vorzugehen.
Traunstein/Berchtesgadener Land - „Es herrschen Resignation und Demotivation“, weiß Matthäus Michlbauer. Als Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Traunstein, der auch für den Kreis Berchtesgadener Land zuständig ist, kennt er aus vielen Gesprächen den Ärger und die Sorgen über die Pläne der Ampelregierung. „Die Landwirte nagen immer mehr an dem Gewinn, der überhaupt noch zu verdienen ist.“ Es sei von enormen finanziellen Auswirkungen für die Bauern auszugehen. Zusammen mit Kollegen versuchte Michlbauer ungefähr auszurechnen, wie hoch die Mehrkosten ausfallen.
Für kleinere Bauern sei mit einem Plus von rund 1800 Euro pro Jahr auszugehen, bei größeren Betrieben könnte der Anstieg 8000 bis 9000 Euro betragen. Das sei von der Größe des Betriebs und der Anzahl der Fahrzeuge abhängig, erklärt der Kreisverbandschef. Zwar seien die Gewinne nach Corona zuletzt wieder gestiegen. „Aber das sind schon ordentliche Summen, die nun auf die Landwirte zukommen.“
Wie groß der Ärger über die Ampel-Pläne ausfällt, zeigten die spontanen Demonstrationen am Samstag in Rosenheim und gestern in Berchtesgaden. Und damit nicht genug: Am Freitag nutzte der BBV die Gelegenheit, als Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen), Vizepräsident des Bayerischen Landtags, das Wahlkreisbüro der Parteikollegin und ehemalige Landtagsabgeordneten Gisela Sengl besuchte. Aus Protest gegen die Zusatzbelastungen übergab der Bauernverband ein Petitionsschreiben mit der Aufforderungen an die Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler (SPD) aus dem Wahlkreis Traunstein, der Abschaffung des Agrardiesels und der Einführung der Kfz-Steuer für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge nicht zuzustimmen.
BBV-Präsident: „Ampel liefert Landwirtschaft ans Messer“
Nicht nur Michlbauer, sondern auch der BBV-Präsident Günther Felßner kritisiert die Ampel-Pläne. „Mit dem angekündigten Aus für den Agrardiesel liefert die Ampelkoalition die Landwirtschaft in Deutschland ans Messer“, wird Felßner in einer Mitteilung auf der BBV-Homepage zitiert. Der drohende Wegfall der steuerlichen Vergünstigung beim Kraftstoff für die Landwirtschaft bedrohe die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion hierzulande. Massive Kostensteigerungen für Landwirtinnen und Landwirte sowie höhere Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher wären die Folge. Felßner: „Klima- und umweltschädliche Importe aus anderen Teilen der Welt drohen die regionale Ware zu verdrängen. Dazu kann und darf es nicht kommen!“
Auch BBV-Kreisobmann Hans Gruber, Betreiber des Eisenbichler Hofs bei Bad Reichenhall, bezieht Stellung: „Die Maut steig, die CO₂-Abgabe steigt, das Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung: Wir bekommen Druck von allen Seiten.“ Er rechnet nun durch die Ampel-Pläne mit 400 bis 900 Euro Mehrkosten im Jahr - pro Fahrzeug und pro Anhänger. Und durch den Wegfall der Steuervergünstigung für Agrardiesel würden pro Liter 21 Cent mehr anfallen. Das alles bereite ihm „schlaflose Nächte“ und vielleicht sei nun der eine Tropfen zu viel erreicht, „der das Fass zum Überlaufen bringt“.
Gruber: „Es fällt schwer, in die Zukunft zu blicken. Die Aussichten sind total ungewiss und eigentlich können wir uns auf nichts mehr verlassen.“ Denn bei Investitionen im Stallbaubereich gehe es um Kosten, die für die nächsten 20 bis 30 Jahre geschultert werden müssten. Doch dafür brauche es Planungssicherheit. Ein neuer Betrieb mit 60 bis 80 Kühen brauche mittlerweile gar nicht mehr gebaut werden, das sei betriebswirtschaftlich nicht mehr möglich. „Mit diesen Maßnahmen trifft man diejenigen, die man eigentlich schützen will und deren Existenz man aufrechterhalten möchte“, findet der Landwirt. Für Gruber ist klar: Wenn die Menschen regionale Produkte kaufen möchten, „dann brauchen wir auch die Unterstützung der Gesellschaft“.
Matthäus Michlbauer vom Kreisverband Traunstein ergänzt, dass es die Landwirte schon zuvor sehr schwer hatten. „In der öffentlichen Wahrnehmung zerstören wir meistens nur die Natur. Vom Jahresgewinn, der je nach Betrieb bei 50.000 bis 60.000 Euro brutto liegt, müssten die Bauern aufgrund ihrer Selbstständigkeit unter anderem für die eigene Rente sorgen. Und dann gibt es noch die ausufernde Bürokratie. „Die vielen Regulierungen und unendlichen Aufzeichnungspflichten sind der Wahnsinn. Es ist extrem schwierig geworden, den Überblick zu behalten. Bald fahren alle nur noch mit dem Handy in der Hand Traktor, um alles zu dokumentieren. Die Jungen machen das noch mit, aber nicht die älteren Landwirte“, so Michlbauer. Deshalb wundert es ihn überhaupt nicht, dass sich immer mehr Bauern ein zweites berufliches Standbein aufbauen, um im schlimmsten Fall als Quereinsteiger umzusatteln. Diese Entwicklung sei das falsche Signal für unser Land.