Sieben Flüchtlinge kamen bei Ampfing ums Leben
„Strafe im absolut oberen Bereich“: Hartes Urteil gegen Organisator der A94-Todes-Schleusung
Ampfing/Burghausen/Traunstein - Haben sie die Schleusung von der A94 im Oktober 2023 organisiert und die Grenzübergänge ausgespäht? Sieben Flüchtlinge starben beim Horror-Unfall bei Ampfing. Gegen die drei „Scout“-Fahrer fällt am heutigen Mittwoch das Urteil am Landgericht.
Update, 10.21 Uhr – Urteil ist gefallen
Jetzt ist das Urteil gesprochen – und vor allem den Hauptangeklagten, einen 23-jährigen Syrer, trifft es hart: Er muss für 14 Jahre ins Gefängnis, nur ein Jahr weniger als der Lenker des Schleuserautos, Samer O., der den furchtbaren Unfall direkt verursachte. „Er war Organisator, warb den Fahrer des Schleuserautos an, war verantwortlich für die ganze Fahrt und spielte die tragende Rolle“, so die Vorsitzende Richterin Heike Will.
Die beiden anderen Insassen des „Scout“-BMWs kommen besser weg. Ein 24-jähriger Syrer, der während der Fahrt zum Beispiel sein Handy zur Verfügung stellte, um zwischen den Autos zu kommunizieren, muss fünf Jahre ins Gefängnis. Und der damals 17-jährige, dritte Mitfahrer bekommt fünf Jahre Jugendstrafe aufgebrummt. Er hatte bereits im Vorfeld Kontakte zu Samer O., dem Fahrer des Schleuserautos.
Hauptangeklagter wollte den Kopf aus der Schlinge ziehen
„Sieben Tote, Schwerverletzte und zerstörte Familie“, zieht Richterin Will Bilanz unter den Unfall am 13. Oktober an der Autobahnausfahrt Ampfing. Die drei Männer wurden jeweils wegen Einschleusens von Ausländern mit Todesfolge sowie gefährlicher Einschleusung verurteilt. Die Aufgaben des „Scout“-Trios, das in einem BMW unterwegs war, laut Richterin: Das Schleuserauto absichern, die Fahrtstrecke auskundschaften, die Strecke nach Polizeikontrollen zu überprüfen, den Fahrer warnen und Alternativrouten anbieten.
Nachdem kurz nach Burghausen Zivilkräfte der Bundespolizei auf das Schleuserauto aufmerksam wurden – 23 Menschen waren in einem Mercedes-Neunsitzer zusammengepfercht – machten sich die „Scouts“ aus dem Staub. „Der Hauptangeklagte wollte so seinen Hals aus der Schlinge ziehen und die Geschleusten im Stich lassen“, so die Richterin. Und im Nachhinein hätte er in SMS-Chats darüber geklagt, ein Auto verloren zu haben. „Deshalb liegt die Strafe im absolut oberen Bereich.“
Insgesamt sieben Menschen kamen ums Leben
Schleuser und Scouts starteten mit türkischen und syrischen Flüchtlingen an Bord im niederösterreichischen Traiskirchen. Ziel war Poing bei München. Die Angeklagten lebten alle in Wien. Eigentlich sollte die Grenze bei Simbach überquert werden, doch die Scouts landeten selbst in einer Kontrolle und wurden zurückgeschickt. Also probierte man es beim unbewachten Grenzübergang Burghausen – mit Erfolg.
Als die Zivilpolizisten auf den völlig überladenen Mercedes-Kleinbus aufmerksam wurden, fuhren die „Scouts“ zurück nach Österreich und der Schleuser, Samer O., auf die A94. Er versuchte immer wieder, die Polizei abzuschütteln, beschleunigte auf bis zu 180 km/h. Als er die Ausfahrt Ampfing nahm, überschlug sich das Auto mehrfach. Sieben Menschen starben dabei, darunter auch ein sechsjähriges Kind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Erstmeldung, 5.40 Uhr
Mit dem heutigen Mittwoch (18. Dezember) dürfte die Schleusung vom 13. Oktober 2023 über die A94 - mit sieben tödlich verunglückten Flüchtlingen bei der Ausfahrt Ampfing - juristisch aufgearbeitet sein. Denn um 9 Uhr fällt das Traunsteiner Landgericht das Urteil gegen die Dreier-Besatzung des Scout-Fahrzeugs. Sie begleitete das eigentliche Schleuserauto, spähte Grenzübergänge aus und gab Tipps, wo kontrolliert wird und wo nicht.
Heute Urteil gegen „Scouts“ von Horror-Schleusung über A94
Angeklagt sind drei Syrer: ein 24-Jähriger und ein 18-Jähriger, die zuvor in Wien lebten, sowie ein 23 Jahre alter Mann, zuvor wohnhaft im niederösterreichischen Stockerau. Das Trio ist angeklagt wegen Einschleusen mit Todesfolge. Konkret sollen sie die Todes-Schleusung vom 13. Oktober vorigen Jahres organisiert und natürlich auch gewusst haben, dass der Neunsitzer mit 22 Fahrgästen völlig überladen war. Die beiden Fahrzeuge starteten in Traiskirchen bei Wien, in Burghausen ging es schließlich über die Grenze.
Zuletzt wurden vor dem Landgericht die Plädoyers gehalten. Der Staatsanwalt und die Verteidiger kamen zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Staatsanwalt Martin Freudling forderte acht Jahre Jugendstrafe für den 18-Jährigen und für die beiden weiteren Angeklagten elf und 14 Jahre Haft. Zum Vergleich: Unfallfahrer Samer O. wurde Anfang November zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Für den Hauptangeklagten, den Fahrer des „Scout“-BMW, forderte Verteidigerin Süßengut drei Jahre. Die beiden anderen Angeklagten sollten aus Sicht der Anwälte auf freien Fuß kommen. Sie hätten nicht gewusst, wie viele Flüchtlinge im Schleuserfahrzeug saßen. Und der spätere tödliche Unfall sei für die Männer nicht vorhersehbar gewesen. innsalzach24.de wird aktuell aus dem Gerichtssaal berichten. (xe)