Dietrich von Dobeneck verschenkte sein ganzes Vermögen
Millionenspende von Mäzen an Stadt Traunstein - plötzlich entpuppt sie sich als Luftnummer
Die Nachricht schlug vor vier Jahren ein wie eine Bombe: Der Unternehmer Dietrich von Dobeneck (†83) schenkte sein ganzes Vermögen, unter bestimmten Auflagen, der Stadt - Darlehen, hunderttausende Aktien, Immobilien. Jetzt wurde bekannt: Ein bedeutender Teil davon ist überhaupt nichts wert! Wir haben die Hintergründe:
Traunstein - Ein großer Teil des Vermögens, das der Unternehmer Dietrich von Dobeneck (†83) der Stadt Traunstein überließ, ist plötzlich null und nichtig. Das gab die Stadtverwaltung am Dienstagvormittag (11. Juni) bei einem Pressegespräch bekannt. Das vermeintliche Herzstück von Dobenecks Vermögen: 600.000 Aktien der Salzgitter Maschinenbau AG und ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von zwei Millionen Euro an dem Unternehmen. Doch die AG rutschte in den letzten Jahren in wirtschaftliche Schieflage und wurde zum 30. April liquidiert.
Kein anderer Gesellschafter wollte die 600.000 Aktien kaufen
Heißt konkret: Das Geld aus dem Unternehmen ist weg. Auf das Darlehen hat die Stadt keinen Anspruch mehr und die Aktien sind wertlos. „Wir hätten versucht, die Aktien an andere Gesellschafter zu verkaufen, aber ohne Erfolg“, so Joachim Kohn von der Stadt. Auch ein freier Handel der Aktien an der Börse war nicht möglich. Denn einem Verkauf hätten die anderen Gesellschafter zustimmen müssen. Man vermutet, dass Dobenecks Anteile an der Salzgitter Maschinenbau AG - immerhin sechs Prozent - schon bei der Schenkung 2020 nicht mehr allzu viel wert gewesen sein dürften.
„Ich gehe davon aus, dass Hans-Dietrich Freiherr von Dobeneck möglicherweise von seinen Geschäftspartnern nicht ins rechte Bild gesetzt wurde über den Zustand der Gesellschaft“, so Oberbürgermeister Christian Hümmer (CSU). Schon bei der Schenkung hatten die Aktien keinen Nennwert. Und seit 2019 erzielte die AG keine Gewinne mehr, daher bekam man auch keine Ausschüttungen. Als es um die Liquidation des Unternehmens ging, hat sich die Stadt bei der außerordentlichen Hauptversammlung der Stimme enthalten.
Immobilien und Zinserträge: Stadt bekam trotzdem knapp zwei Millionen Euro
Auch wenn anfangs über Summen von bis zu zehn Millionen Euro spekuliert wurde, leer ist die Stadt nicht ausgegangen: Aus dem Gesellschafterdarlehen erhielt die Stadt seit 2020 Zinsen in Höhe von rund 386.000 Euro. Außerdem schenkte Dobeneck der Stadt auch sein Wohnhaus an der Zwieselstraße. Nach einem Bieterverfahren verkaufte es die Stadt im November 2022 für 1,56 Millionen Euro. Über das große Vertrauen, das Dobeneck der Stadt entgegengebracht hatte, freue man sich trotzdem sehr, so Hümmer: „Wir fühlen uns geehrt und werden die Mittel in seinem Sinne verwenden.“
Was mit den knapp zwei Millionen Euro genau passiert, ist noch nicht entschieden. In Dobenecks Testament sind rechtlich verbindliche Auflagen genannt, genauso wie Wünsche, die aber nicht bindend sind. Die Auflage im Testament: Investitionen mit dem Ziel, „das kulturelle Erbe für die Bürger der Stadt und ihre Besucher attraktiv zu gestalten und die Innenstadt vom individuellen Pkw-Verkehr zu entlasten und wirtschaftlich zu beleben“.
Was tun mit dem Geld? Fixe Auflagen und unverbindliche Wünsche in Dobenecks Testament
Als einen Wunsch nannte Dietrich von Dobeneck, dass das Geld aus dem Immobilienverkauf in eine Erweiterung und Neuausrichtung des Heimathauses gesteckt wird. Dobeneck war unter anderem Mitglied im Förderverein Alt-Traunstein. „Eine Machbarkeitsstudie zum Ausbau des Heimathauses gibt es, aber mehr noch nicht“, so Kämmerer Markus Schott. Die anderthalb Millionen Euro dürften für die großen Pläne fürs Heimathaus am Stadtplatz aber bei weitem nicht reichen.
Die Vorstellungen in Dobenecks Testament gingen aber noch viel weiter: Der Karl-Theodor-Platz sollte als freie Fläche erhalten werden. In der Mitte sollte ein Brunnen, ähnlich dem Tinguely-Brunnen in Basel, gebaut werden - mit bewegten Figuren, die Salinenarbeiter zeigen. Auf der Westseite des Platzes schwebte dem ehemaligen Unternehmer ein Hotelneubau (“Salinenhöfe“) vor, vorausgesetzt die Eigentümer wollen ihre Häuser verkaufen. Um die Innenstadt vom Verkehr zu entlasten, wünschte sich Dietrich von Dobeneck außerdem ein Parkhaus am Festplatz. Pendelbusse sollten die Menschen von dort ins Zentrum bringen.
Schon der Salinenpark entstand auf Dobenecks Betreiben hin
Schon zu seinen Lebzeiten mischte Dobeneck bei der Stadtgestaltung mit: Die Pläne des Fördervereins Alt-Traunstein, einen Salinenpark in der Au zu errichten, konnten vor allem dank seiner Spende in Höhe von einer Million Euro verwirklicht werden. Das große Wasserrad vor den früheren Wohnhäusern der Salinenarbeiter ist inzwischen zu einem kleinen Wahrzeichen Traunsteins geworden. 2018 wurden die alten Turnhallen auf dem Areal abgerissen und der Salinenpark errichtet. Dietrich von Dobeneck gründete 1974 die Firma „pro-beam“, die inzwischen weltweit führend im Bereich der Elektronenstrahltechnologie ist.
Dietrich von Dobeneck hat seine Spuren in der Stadt also trotzdem hinterlassen, auch wenn seine Pläne noch viel weiter gegangen wären. Er verstarb am 21. März 2021. „Wir werden Herrn von Dobeneck ein ehrendes Andenken bewahren“, versprach Oberbürgermeister Christian Hümmer am heutigen Dienstag schriftlich.
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