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Prozess um Mord an Oberarzt Gerth aus Wasserburg

Gutachterin: „Er hat bizarren Wahn“ – Bruder warnte längst: „Helft, bevor Schlimmes passiert“

Am 8. April kam Rainer Gerth, Oberarzt der Forensik am kbo Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg gewaltsam zu Tode. Der Prozess gegen den Tatverdächtigen Dominik S. startete am Montag, 4. November.
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Am 8. April kam Rainer Gerth, Oberarzt der Forensik am kbo Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg gewaltsam zu Tode. Die Anklage gegen einen 41-jährigen Ex-Patienten Gerths lautet auf Mord.

Wasserburg/Traunstein - Das Bild wurde an den vergangenen Prozesstagen immer klarer: „Ich bin gekommen, um ihn zu töten“, sagte ein 41-Jähriger kurz nach der Tat zur Polizei - im Prozess um den mutmaßlichen Mord am Wasserburger Oberarzt Rainer Gerth geht es heute in die dritte Verhandlungsrunde.

Upadte, 16.09 Uhr - Bruder warnte: „Helft, bevor Schlimmes passiert“

Die Worte von Susanne Lausch sind unmissverständlich. Sie legt jetzt ihr psychiatrisches Gutachten über den Angeklagten ab: „Er hat einen bizarren Wahn“, so die Sachverständige. Seit mindestens 2010 leider der 41-Jährige unter einer paranoiden Schizophrenie. „Da wird der Mensch überflutet von Wahnideen, vor denen er sich nicht mehr schützen kann.“

Zwar habe der Angeklagte durchaus Medikamente gegen die Krankheit genommen. Aber die paranoide Schizophrenie sei beim 41-Jährigen so stark gewesen, dass die Medikamente kaum mehr einen Einfluss gehabt hätten. Zur Tatzeit seien die Wahnideen so bestimmend gewesen, dass der Angeklagte für Susanne Lausch schuldunfähig ist.

Auch die Gutachterin zeichnet nochmal den Lebensweg des Angeklagten nach. Geboren in Oberschlesien in Polen kam er im Alter von fünf Jahren nach Traunreut. Ab der 5. Klasse kam er in Freundeskreise, in denen Drogen eine Rolle spielten. Seit er 14 Jahre alt ist, nimmt er harte Drogen. Am meisten bestimmend wurde Heroin, später in Kombination mit starken Schmerz- und Beruhigungsmitteln.

Interessant sind auch Briefe, die der Bruder des Angeklagten bereits 2016 ans Amtsgericht Görlitz schrieb. Der Angeklagte wohnte damals in der Stadt in Sachsen. Es sind verzweifelte Worte: „Bitte schicken Sie einen gerichtlichen Psychologen. Es geht ihm immer schlechter, er ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Bitte helfen Sie uns, bevor etwas Schlimmes passiert.“

Der Prozess um die Tötung von Rainer Gerth wird am morgigen Dienstag (19. November) ab 9 Uhr fortgesetzt und abgeschlossen. Die Plädoyers werden gehalten und das Urteil gesprochen.

Update, 14.26 Uhr - Obduktionsbericht zum Tod Gerths liegt vor

Jetzt ist die Rechtsmedizinerin Bettina Zinka an der Reihe. Sie obduzierte den Leichnam von Rainer Gerth einen Tag nach seiner Tötung. Vor Gericht zählt sie all die Kratzer, Verletzungen, Stich- und Schnittwunden auf, die man an ihm fand. Zu jeder Wunde werden Fotos teils riesiger, klaffender Wunden vor Gericht gezeigt, die hier einigen Zuschauern den Atem stocken lassen. 

„Zentral war ein Stich in die linke Brust, in den Herzbeutel“, so die Rechtsmedizinerin. Gerth sei schließlich an einer Kombination aus Herzversagen und Verbluten gestorben, weiß Zinka. Durch einen Messerstich sei sogar eine Rippe nahezu durchtrennt worden. Rechtsmedizinerin Zinka meint auch: Hätte Gerth die Attacke irgendwie überstanden, hätte er intensivmedizinisch am Leben erhalten werden müssen.

61 Meter konnte sich Rainer Gerth vom Parkplatz, wo die Tat geschah, noch in Richtung Inn-Salzach-Klinikum schleppen. Durch eine Blutspur war der Weg später für alle ersichtlich. Gerth verstarb nur weniger Minuten nach den Messerstichen. Ein Patient der Klinik war der erste, der ihn fand, und der noch versuchte, ihm zu helfen.

Gerth wurde von der Attacke am Parkplatz wohl völlig überwältigt. Denn am Körper des Angeklagten fand man keine Hinweise darauf, dass sich der Oberarzt noch spürbar gewehrt hätte. Außerdem gibt es keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte bei der Tat im Drogenrausch war. 

Update, 13.01 Uhr - Die verkorkste Biografie des Angeklagten

Richter Volker Ziegler kommt jetzt auf die vielen Vorstrafen des Angeklagten zu sprechen – sie liefern einen Einblick in die verkorkste Biografie des heute 41-Jährigen. Im Alter von fünf Jahren kam der mutmaßliche Mörder von Rainer Gerth als Spätaussiedler von Polen nach Traunreut. Schon mit 13 Jahren kam er mit Cannabis in Kontakt, mit 14 nahm er Kokain und Ecstasy, im Alter von 15 Jahren gesellte sich Heroin dazu.

Der Angeklagte machte eine Lehre bei einem Edeka-Markt im Landkreis Traunstein. Aber schon nach vier Monaten brach er die Lehre wieder ab. Mit 17 Jahren wurde er am Traunsteiner Amtsgericht zum ersten Mal verurteilt: Er überfiel Leute in Traunreut auf offener Straße, nahm ihnen Discmans oder Bargeld ab.

Und: Gerade mal mit 16 Jahren habe der Angeklagte in Traunreut schon Heroin verkauft. Es folgten etliche weitere Urteile. Während er schon stark unter Rauschgiftsucht litt, habe der Mann in Traunreut auch in einer Arztpraxis eingebrochen und dort Medikamente, Rezepte und Spritzen geklaut.

2010 landete der Angeklagte erstmals in der Forensik in Wasserburg. Zuvor drohte er im Drogenrausch seinen Bruder abzustechen. In den letzten Jahren hätten dann vor allem Heroin sowie starke Schmerz- und Beruhigungsmittel eine große Rolle im Leben des 41-Jährigen gespielt. Um über die Runden zu kommen, habe er die Medikamente zum Teil auch weiterverkauft. 

Update, 12.07 Uhr - Angeklagter spähte Gerth schon fünf Wochen vor Mord aus

Wie lange vor der Tat hat der Angeklagte Rainer Gerth vorm Wasserburger Inn-Salzach-Klinikum schon ausgespäht – und so womöglich den Mord vorbereitet? Ein weiterer Kripo-Beamter gibt dazu jetzt Auskunft. Zumindest zeigen die Handydaten des Angeklagten: Am 3. März fuhr er heuer erstmals nach Oberbayern. Zehn Tage lang hielt er sich im Raum Traunreut, Wasserburg und München auf.

Auch Pfleger und Ärzte der Klinik in Wasserburg-Gabersee sagten bereits, dass sie den 41-Jährigen schon mehrere Wochen vor der Tat auf dem Gelände sahen. Am 7. April – also einen Tag vor der Tötung Gerths – reise er wieder an. Mit dem Zug von Mölln in Schleswig-Holstein nach Traunstein. Dort besuchte er noch seinen Bruder.

„Am 8. April ist der dann vermutlich mit dem Zug von Traunstein nach Wasserburg gefahren“, so der Kriminalpolizist. Ab 13 Uhr sahen ihn dann erste Zeugen auf dem Klinikgelände in Wasserburg. Was durch die Zeugenaussage jetzt auch klar wird: Auf dem Areal gibt es weder Überwachungskameras noch Sicherheitsmitarbeiter.

Auch zum Tatmesser (Klingenlänge zwölf Zentimeter) hat die Polizei geforscht. Es stammt vom Billig-Discounter „Kleinpreiskönig“ und kostete 1,99 Euro. Gekauft hat es der Angeklagte vermutlich am 11. März in Traunreut.

Die DNA-Spuren vom Tatort seien laut Richter Volker Ziegler „klar“: Zwar fand man auf dem Leichnam von Gerth keine DNA-Spuren des Angeklagten – was auch an dem vielen Blut liegen kann, die der Oberarzt verlor. Aber auf dem Messergriff sind die Spuren des Angeklagten klar nachgewiesen. 

Update, 10.36 Uhr - Blut überall am Parkplatz - und Preußen-Fahne beim Angeklagten

Der heutige Prozesstag beginnt mit dem Kripo-Beamten der Spurensicherung. Seine Aussage wird unterlegt mit Fotos vom Tatort, die hier im Gerichtssaal an die Wand projiziert werden – nahezu alle Bilder sind von Blutspuren geprägt. Angegriffen wurde Rainer Gerth auf dem Mitarbeiter-Parkplatz des Klinikums, direkt an seinem Auto. Nach den Messerstichen konnte er sich noch 61 Meter über das Gelände schleppen, bis er zusammenbrach.

Der Beamte der Spurensicherung spricht von einem „sehr dynamischen Geschehen“ auf dem Parkplatz: Die Blutspritzer und -lachen finden sich an Gerths Auto, an einem Baum und auf seinen persönlichen Dingen wie seiner Tasche oder Gerichtsakten. Was man auch fand: den Messergriff, ein Stück der Klinge und die Verpackung des Küchenmessers des Täters.

Gezeigt werden auch Fotos von den Dingen, die der Angeklagte bei der Tat mit sich trug: jede Menge Medikamente, Zigaretten, Taschentücher. Dazu auch mehrere Seiten mit ausgedruckten Zugverbindungen von Mölln in Schleswig-Holstein nach Traunstein. Auch diese Zettel sind zum Teil blutverschmiert.

Was der Angeklagte auch in seiner Tasche hatte: Eine Preußen-Fahne, schwarzer Adler auf weißem Grund. Erklären kann man sich das im Gericht nicht. Von dem 41-Jährigen ist nur bekannt, dass er den verschiedensten Verschwörungstheorien nachhing. Im Gerichtssaal hieß es auch bereits einmal, der Angeklagte habe „Briefe an Putin“ geschrieben. Und: Er stammt ursprünglich aus Schlesien und zog zwischenzeitlich auch mal ins schlesische Görlitz, obwohl er dort niemanden kannte. Auch das könnte ein Hinweis sein.

Vorbericht:

Ein 41-Jähriger aus Mölln in Schleswig-Holstein scheint als Täter ausgemacht. Auch wenn er vor Gericht bisher nur eine wirre Erklärung und kein Geständnis abgab: Bei der Festnahme kurz nach der Tat am 8. April vor dem Wasserburger Inn-Salzach-Klinikums sagte er zur Polizei, „ich bin heute gekommen, um ihn zu töten“. Gemeint war damit Oberarzt Rainer Gerth. Der Angeklagte war früher selbst einer seiner Patienten. Am Parkplatz, direkt am Auto des Arztes, stach er mehrfach auf ihn ein, so die Staatsanwaltschaft. Ein Stich traf direkt das Herz.

Mord-Prozess zum Tod von Oberarzt Gerth aus Wasserburg

Am Montag wird ab 9 Uhr vor dem Traunsteiner Landgericht weiterverhandelt. Noch stehen Gutachten aus, unter anderem zur Psyche des Angeklagten. Bisher geht man davon aus, dass der 41-Jährige unter einer paranoiden Schizophrenie leidet. Sein Bruder sagte außerdem als Zeuge, dass er schon seit mehr als 20 Jahren Drogen nehme und einen Verfolgungswahn verspüre. Dazu passt das Statement des Angeklagten zum Prozessauftakt: „Sie filmen uns und mischen giftige Substanzen in die Nahrung, damit wir krank werden. Sie wollen mich ermorden.“

Rainer Gerth war in der Klinik in Wasserburg-Gabersee Forensiker und auch als renommierter Gutachter vor Gericht bekannt. „Für mich war er mehr als nur ein Arzt. Er hatte eine schützende Hand über mich. Ich habe Gerth viel zu verdanken“, sagte ein Patient aus der Klinik vor Gericht. Er entdeckte den Oberarzt als ersten, als er sich blutüberströmt vom Parkplatz zurück in Richtung Klinik schleppte. Doch jede Hilfe sollte zu spät kommen. Die Anklage lautet auf Mord. wasserburg24.de wird aktuell aus dem Gerichtssaal berichten. (xe)

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