Der Ex-Mühldorfer liefert vor Gericht bizarre Erklärungen
Mädchen in Kiste entführt, Kinderpornos, Missbrauch: Aber Bernd W. sagt, er sei nicht pädophil
Traunstein/Regensburg/Mühldorf - Jahrzehntelang entkam Bernd W. (58) der Justiz, jetzt steht er vor dem Traunsteiner Landgericht: Der Ex-Mühldorfer soll unter anderem ein Kind in eine Kiste gesteckt und entführt sowie ein anderes Mädchen missbraucht haben. Er kündigte bereits an, am heutigen Dienstag über die Taten sprechen zu wollen.
Update, 13.52 Uhr – Urteil soll am Donnerstag fallen
Nachdem Bernd W. alle Taten eingeräumt hat – teils mit verwunderlichen Begründungen – fragt ihn Staatsanwältin Helena Neumeier direkt: „Haben Sie sexuelles Interesse an Kindern?“ Der Angeklagte verneint. Er hätte sich nur mal gefragt, ob er Neugierde an Kindern habe... Was dem entgegensteht: Das Geständnis, eine fremde Vierjährige in Regensburg auf offener Straße im Intimbereich fotografiert und gefilmt zu haben – und die vielen, harten Kinderpornos, die ihm gefunden wurden.
Außerdem wurde Bernd W. vor knapp 30 Jahren schon einmal wegen sexuellen Kindesmissbrauchs verurteilt. Der Sachverständige meint in seiner Aussage, Bernd W. habe mit ihm nicht über seine sexuellen Vorlieben sprechen wollen. „Aber der Verdacht einer pädophilen Neigung liegt nahe“, so der Gutachter vor dem Landgericht.
Angeklagter wollte sich selbst testen
Aufhorchen ließ auch die Begründung des Ex-Mühldorfers, warum er 2014 in Tschechien ein erst elfjähriges Mädchen in eine Holzkiste in seinem Kofferraum steckte und sie entführte. Es sei eine ungeplante Spontantat gewesen und er habe sich nur selbst testen wollen: zu fühlen, was in ihm vorgeht, ob er pädophil oder aggressiv sei. Nach einer 30-minütigen Fahrt lud er das Kind damals gefesselt an einem Maisfeld ab und verschwand.
Der Prozess ist für heute beendet. Am Donnerstag ab 9 Uhr wird mit den Plädoyers fortgesetzt, im Anschluss wird das Urteil gegen den 58-Jährigen gesprochen.
Update, 11.45 Uhr – Bereits 1995 wegen Kindesmissbrauchs verurteilt
Jetzt geht es um die Vorwürfe, die Bernd W. gemacht werden. Eingeräumt hatte er sie bereits – jetzt erklärt er sich. Im Zentrum steht eine Tat aus dem Jahr 2014. In Tschechien entführte der Angeklagte eine Elfjährige, steckte sie in eine Holzkiste in seinem Auto und lud sie später gefesselt ab. „Das war nicht geplant, sondern eine Spontantat. Die Kiste im Kofferraum war für Holztransporte, nicht für das Kind“, so Bernd W. An jenem 4. September 2014 sei er nur zum Tanken im Nachbarland gewesen.
Und warum das ganze will Richterin Jacqueline Aßbichler wissen. „Ich wollte nur herausfinden, ob ich pädophil bin oder aggressive Tendenzen habe“, so Bernd W. 1995 wurde er aber schon einmal wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Seine Idee sei gewesen, mit dem Mädchen an einen ruhigen Platz zu fahren, und zu fühlen, was in ihm vorgehe. Schon wenige Sekunden, nachdem er die Elfjährige im Kofferraum seines Autos eingesperrt hatte, sei er „komplett durch den Wind“ gewesen.
Angeklagter auch bei anderen Vorwürfen geständig
„Ich wollte nie, dass sie sich verletzt“, gibt der 58-Jährige auch noch an. Nach rund 30 Minuten Fahrt habe er bei einem Maisfeld angehalten. Nur, um sich fünf bis zehn Minuten Zeit zu verschaffen, um zu entkommen, habe er das Mädchen dann noch mit Kabelbindern gefesselt. Danach habe er Jahre damit verbracht, sich die Tat zu erklären...
Geständig ist der Ex-Mühldorfer auch bei den anderen Vorwürfen: Dass er 2003 in Regensburg auf offener Straße eine Vierjährige im Intimbereich berührte und sie dabei filmte. Oder dass er massenweise Kinderpornos der übelsten Sorte besaß. Viel davon wurde in seinem Spind an der Uni Regensburg gefunden. Bernd W.s Erklärung: „Ein Professor schlug mir vor, eine Diplomarbeit zum Thema Pädophilie zu schreiben. Dazu wollte ich mir einen Überblick verschaffen und lud mir Material von einer Online-Tauschbörse herunter.“
Jetzt soll sich der psychiatrische Gutachter zum Angeklagten äußern.
Update, 10.26 Uhr – Bernd W. erzählt über das Gefängnis in Indien
Der Prozess gegen Bernd W. wird fortgesetzt. Zuerst soll der Ex-Mühldorfer heute über seine Haft in Indien erzählen. Denn nach seiner Flucht aus Bayern wurde er 2020 dort festgenommen – wegen Problemen mit seiner Aufenthaltsberechtigung. Fürs Traunsteiner Landgericht sind die Haftbedingungen nicht unwichtig, denn seine Haftzeit in Indien wird ihm teils wohl angerechnet.
Mit einem Schlag in die Rippen durchs Wachpersonal habe es begonnen, dann sei es in einen Raum mit 15 Leuten gegangen. Schulter an Schulter habe man am Boden liegen müssen, dazu durchgehend Licht und Ventilatorengeräusche. Später ging es in einen größeren Raum, aber mit etwa 50 Mithäftlingen. „Covid hat dort eingeschlagen wie eine Bombe“, so Bernd W.
Bernd W. verlor 17 Kilo an Gewicht im Gefängnis
Das Essen sei zu scharf gewesen, keine Möglichkeit zum Zähneputzen oder die Klamotten zu waschen. „Ich verlor in den drei Jahren im Gefängnis in Indien 17 Kilogramm Gewicht. Die meiste Zeit war ich krank und meine Zähne sind langsam verfault.“ Die meiste Zeit war Bernd W. in Bengalore inhaftiert. Wenn es Wasser zum Waschen gab, sei es braun und salzig gewesen.
Dass die Gefängnisse in Indien überbelegt sind und die sanitären Umstände schlecht, bekommt das Traunsteiner Landgericht auch vom Auswärtigen Amt bestätigt.
Vorbericht:
Den ersten Schritt hat Bernd W. bereits getan: Beim jüngsten Verhandlungstag Anfang März hat er - kurz und knapp über seine Verteidigerin - alle Vorwürfe eingeräumt. Für den heutigen Dienstag (26. März) kündigte der Ex-Mühldorfer an, sich vor dem Landgericht ausführlicher zu äußern. Beginn ist um 9 Uhr. Durch das Geständnis bleibt den missbrauchten und entführten Mädchen eine Aussage in Traunstein erspart.
Drei Vorwürfe stehen bei der Verhandlung im Mittelpunkt: 2014 soll der Angeklagte eine damals Elfjährige entführt haben. In Obrnice in Tschechien, nahe der sächsischen Grenze, hat er das Mädchen gepackt und in eine Holzkiste in seinem Kofferraum gesperrt, so die Staatsanwaltschaft. Nach rund 30 Kilometern habe er sie dann gefesselt in einem Wald abgeladen und sei verschwunden. 2003 habe er in Regensburg eine Vierjährige auf offener Straße im Intimbereich berührt. Und in seinem Spind an der Universität Regensburg habe man CDs mit 20.000 Dateien an Kinderpornographie gefunden.
Verjährt wären die Taten noch nicht. Doch wie lange Bernd W. im Falle einer Verurteilung im Gefängnis bleiben muss, bleibt offen. Denn im Juni 2020 wurde er bereits in Indien festgenommen und sitzt seitdem durchgehend in Haft. Ein Teil davon dürfte dem 58-Jährigen angerechnet werden. Angeklagt ist der Ex-Mühldorfer jetzt wegen Menschenraubs, sexuellen Missbrauchs von Kindern, Körperverletzung und Kinderpornos.
innsalzach24.de wird aktuell vom Prozess berichten.
xe