„Mussten einen Monat lang im Keller leben“
Kriegsgeflüchtete wird Küchenchefin: Wie Mariia in der Ruhpoldinger „Tenne“ ihr Glück fand
Sie hat ihre Liebe zum Kochen früh entdeckt. Doch 2022 musste sie diese aufgeben. Denn die Ukrainerin war auf der Flucht – vor dem Krieg. Mittlerweile steht Mariia aber wieder am Herd und geht ihrer Leidenschaft nach. So hat sie es zur Küchenchefin in Ruhpolding gebracht.
Ruhpolding/Siegsdorf – Borschtsch, Vareniki, Khachapuri – das sind Namen von osteuropäischen Gerichten. Doch es gibt sie nicht nur in Osteuropa, sondern auch im Chiemgau. Artur Alsherov ist der neue Betreiber von „Tenne – Homemade, Grill & More“ in Ruhpolding. Seit dem 25. Dezember begrüßt er seine Gäste, zusammen mit seinem siebenköpfigen Team. Eine von ihnen: Mariia Pomiatikhina, die 2022 als Kriegsgeflüchtete von der Ukraine nach Deutschland kam. Im OVB-Interview berichtet sie über ihre Flucht und ihren Weg zur Küchenchefin.
Hallo Mariia. Du bist jetzt in der „neuen Tenne” Küchenchefin. Wie bist du zum Kochen gekommen?
Mariia Pomiatikhina: Ich habe schon immer gutes Essen geliebt und hatte auch schon immer Freude daran, selbst Gerichte zuzubereiten. Daher habe ich in der Ukraine auch sieben Jahre in einem Restaurant als Köchin gearbeitet.
2022 musstest du allerdings diesen Job aufgeben und vor dem Krieg flüchten. Wie hast du diese Zeit erlebt?
Pomiatikhina: Ich habe zuvor in Mariupol gelebt. Die Stadt wurde aber während des Krieges heftig angegriffen und komplett zerstört. Um uns zu schützen, mussten meine Schwester, eine Freundin und ich einen Monat lang im Keller leben. Dann sind wir in die Stadt Dnipro geflüchtet. Aber auch die wurde irgendwann das Opfer von Angriffen, und weil wir nicht wieder dasselbe durchmachen wollten, wie in Mariupol, sind meine Schwester Olena, ein Neffe, eine Nichte und ich nach Deutschland geflüchtet. Wir waren am 24. April 2022 hier und wurden im Gasthof Forelle in Siegsdorf untergebracht.
Wie bist du dann auf Artur und „Tenne – Homemade, Grill & More“ gestoßen?
Pomiatikhina: Artur ist ja gebürtig aus Kasachstan. Im Gasthof Forelle war er ehrenamtlich als Dolmetscher für die Geflüchteten tätig. Da haben wir uns kennengelernt. Etwas später haben wir uns dann zufällig beim Feuerwehrfest in Siegsdorf getroffen und uns besser kennengelernt. Er hat mich einige Zeit darauf zu sich nach Hause eingeladen und etwas gekocht. Und dann habe ich ihm eben gesagt, dass ich in der Ukraine auch Köchin war. Er erzählte mir, dass seine Mutter mal die Hirschklause in Hammer betrieben hatte. Dort hatte sie osteuropäische Gerichte angeboten, und das kam bei den Gästen sehr gut an. Für Artur war klar, er will den Leuten die osteuropäische Küche in einem eigenen Restaurant zeigen, und die Idee hat mir auch gefallen. Als er mir dann von der Tenne erzählte, und sie renovierte, habe ich mich als Küchenchefin angeboten.
Du sprichst schon gut deutsch. Wie hast du das gelernt?
Pomiatikhina: Ich habe einen Deutsch-Integrationskurs der Stufe B1 abgeschlossen. Ansonsten spreche ich bereits russisch, ukrainisch, türkisch, englisch, und jetzt bin ich eben dabei, weiter deutsch zu lernen.
Das heißt, du hast auch vor, in Deutschland zu bleiben?
Pomiatikhina: Ja. Ich freue mich, hier kochen zu dürfen und die Gäste begrüßen zu dürfen. Zum Beispiel an unserem großen Stammtisch. Und es freut mich, dass meine Schwester Olena auch hier in der Tenne als Servicekraft arbeitet.
Jetzt kennt man im Chiemgau natürlich unsere bayerischen Speisen, italienische Küche, oder zum Beispiel auch die Griechische. Wie würdest du die osteuropäische Küche beschreiben?
Pomiatikhina: Ehrlich und alles handgemacht. Weißt du, ich koche so, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Also, dass alles selbst gemacht ist. Und wir kochen jetzt nicht mit speziellen Gewürzen, die man in Deutschland nicht kennt, aber dafür intensiver. Ich würde sagen, wir trauen uns da einfach ein bisschen mehr (lacht).