Wie es den Eltern geht und ob Angeklagter aussagen könnte
Prozess um Mord an Hanna (†23): Jetzt spricht der Anwalt der Eltern
Der Rosenheimer Anwalt Walter Holderle (63) vertritt im Prozess um Hannas Mord ihre Eltern, die als Nebenkläger auftreten. Wie es ihnen geht und was er vom Prozess erwartet, erzählt er im Interview.
Traunstein - Es sind schwere Stunden für die Eltern von Hanna. Der Rosenheimer Anwalt Walter Holderle (63) vertritt sie im Prozess um den Mord an ihrer Tochter. In einer Verhandlungspause stand er am ersten Tag für ein Gespräch zur Verfügung.
Wie geht es Hannas Eltern am ersten Prozesstag?
Walter Holderle: Vor der Verhandlung ist es ihnen extrem schlecht gegangen. Alles, was ihrer Tochter vor einem Jahr widerfahren ist, ist ihnen noch einmal brutal bewusst geworden. Das ist unglaublich belastend. Es gibt ja den Spruch, dass die Zeit alle Wunden heilt. Das kann ich bei Hannas Familie überhaupt nicht bestätigen. Ich kenne sie jetzt knapp sieben Monate, aber ich kann nicht sagen, dass sie schon stabiler geworden sind. Hannas Mutter hat im Gerichtssaal immer wieder geweint.
Wie hält man das aus?
Holderle: Es ist sehr schwer für sie. Was ihnen ein bisschen hilft, ist der Vertrauensbeamte von der Polizei, der Hannas Eltern sehr einfühlsam begleitet und betreut. Er sitzt im Prozess neben ihnen.
Sie müssen dem mutmaßlichen Mörder ins Gesicht schauen. Was erhoffen sie sich vom Prozess?
Holderle: Der Familie ist es extrem wichtig, dass nicht nur vom Angeklagten die Rede ist und nicht nur von einem „Opfer“. Sondern dass ihre geliebte Hanna, ihre Tochter, dieser sympathische, unglaublich liebevolle Mensch sichtbar wird. Dass Hanna nicht vergessen wird.
Der Angeklagte schweigt. Wussten Sie das vor dem Prozess?
Holderle: Nein. Wir haben es aber vermutet, weil er beim Haftrichter auch keine Einlassungen gemacht hat. Das ist natürlich das gute Recht des Angeklagten und seiner Verteidiger. Für die Eltern wäre es unglaublich wichtig zu verstehen, aus welcher Situation heraus das alles passiert ist. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Angeklagte im Lauf des Verfahrens doch noch eine Aussage macht. So habe ich seinen Gesichtsausdruck interpretiert. Auch für das Gericht wäre es einfacher, ein Urteil zu fällen, wenn er was sagt. Weil das Gericht dadurch nicht nur über die Tat, die Hintergründe der Tat, wie auch über seine Persönlichkeit mehr in Erfahrung bringen könnte.
Möglicherweise muss das Gericht aber ein Urteil auf Grundlage der vorliegenden Indizien fällen. Die belasten den Angeklagten recht eindeutig, oder?
Holderle: Ich sehe das schon so. Es wurde vor der Verhaftung ja schon ein dringender Tatverdacht geprüft, das Oberlandesgericht hat ihn bestätigt. Die Verteidigung hat bislang weder Haftprüfung beantragt noch Haftbeschwerde eingelegt, das hätte sie im Zweifel ja längst getan.
Kennen sich die Familien von Opfer und mutmaßlichem Täter?
Holderle: Ja, sie waren schon bekannt. Die Familien leben nicht weit von einander entfernt. Man kannte sich vom Namen her, mehr aber nicht.
Dann laufen sich die Familien also im Alltag ab und zu über den Weg?
Holderle: Da gab es in der Vergangenheit schon Begegnungen, ja.
Das muss unglaublich schwer sein. Will Hannas Familie trotzdem in Aschau wohnen bleiben?
Holderle: Ja, auf jeden Fall. Die Familie ist alteingesessen dort.
Was wäre, wenn der Angeklagte freigesprochen wird?
Holderle: Hannas Eltern wollen niemanden unschuldig hinter Gittern sehen. Wenn er es war, wären ihnen seine Aussagen sehr wichtig. Sie können nur abschließen, wenn sie wissen, wie die letzten Sekunden des Lebens ihrer Tochter abgelaufen sind. Sie wollen einfach wissen, wer ihre geliebte Tochter Hanna getötet hat.