Bald soll mit den Probebohrungen begonnen werden
„Wir haben alle Erlaubnisse“: Geothermie bei Tengling in Startlöchern - aber viele Fragen
Einige Jahre wurde es still ums Geothermie-Projekt zwischen Tengling und Tittmoning, doch jetzt wird es konkret: Vor 200 Interessierten präsentierte die Projektgesellschaft ihren Fahrplan - und sah sich etlichen Fragen konfrontiert.
Tittmoning/Taching/Waging - „Wir haben alle Erlaubnisse. Eigentlich dürften wir gleich mit dem Bohren beginnen“, fasste es Hubertus Prinz zu Hohenlohe-Langenburg zusammen. Gemeinsam mit Berhard Gubo ist er Geschäftsführer der Geoenergie Bayern GmbH und will das Geothermie-Projekt nördlich des Tachinger Sees jetzt auf die Gleise stellen. Rund 200 Interessierte kamen am Mittwochabend (24. Juli) ins Gasthaus Ledern, als die Pläne vorgestellt wurden.
Nächstes Jahr beginnen die Probebohrungen
Mitte nächsten Jahres wird mit den Probebohrungen begonnen. Der Bohrplatz befindet sich beim Weiler Haus, zwischen Tengling und Wiesmühl, nahe der Oppacher-Kiesgruber. Das Grundstück hat die Projektgesellschaft längst gekauft, auch die bergrechtliche Genehmigung ist da. „Wir rechnen mit 130 Grad heißem Wasser“, so Bernhard Gubo. Nach dem ersten Pumptest soll mit den Gemeinden Tittmoning, Taching und Waging über einen Fernwärmepreis verhandelt werden. Ende 2026 könnte dann die Heizzentrale gebaut werden, um ab 2027 oder 2028 die ersten Häuser und Betriebe zu beliefern.
„Einen Ortsteil werden wir anschließen, entweder Tengling oder Törring. Aber den Rest des Netzes werden wir weder bauen noch betreiben“, so Hohenlohe-Langenburg. Der Netzausbau dürfte wohl Aufgabe der Kommunen werden oder des Regionalwerks Chiemgau-Rupertiwinkel, in dem über 30 Gemeinden zusammengeschlossen sind. „Der Netzausbau lässt sich nicht über den Haushalt der Stadt machen“, so Tittmonings Bürgermeister Andreas Bratzdrum (CSU). Der Bau von einem Kilometer Wärmenetz könnte um die eine Million Euro kosten.
Interesse bei Gewerbe und Industrie wohl hoch
Wirklich rentabel - damit auch die Haushalte günstige Wärme bekommen - wird das Projekt aber nur, wenn es auch Großabnehmer gibt. „Wir haben mit den Gewerbebetrieben der Region gesprochen. Das Interesse ist hoch“, so Hubertus Prinz zu Hohenlohe-Langenburg. Beispiel Polling im Landkreis Mühldorf: Auch dort führt die Geoenergie Bayern GmbH derzeit Probebohrungen durch. Abnehmer werden dann unter anderem Gewächshäuser oder ein Milchwerk. Vom Bohrplatz in Haus könnten die Leitungen dann bis Tittmoning im Norden und Waging im Süden gelegt werden. Theoretisch würde die Wärme auch bis Fridolfing reichen.
25 erfolgreiche Geothermie-Projekte gibt es in Bayern, die nächsten in Traunreut, Kirchweidach und Garching. Auch in Kirchanschöring liefen in den vergangenen Jahren Probebohrungen, aber ohne Erfolg. Das Gestein unter der Erde stellte sich als zu wenig durchlässig dar, die Förderrate wäre zu gering gewesen. Denn bei der Tiefengeothermie werden 120 bis 130 Liter Heißwasser pro Sekunde aus bis zu 4000 Metern Tiefe nach oben gepumpt. Mit Hilfe von Wärmetauschern wird dem Wasser Wärme entzogen und danach wieder nach unten geschickt.
„Ich habe Angst ums Grundwasser“ - so oder so ähnlich trugen bei der Info-Veranstaltung ein knappes Dutzend Zuhörer immer wieder ihre Befürchtungen vor. Noch Anfang 2020 gingen zu einer Kundgebung rund 150 Menschen gegen die Geothermie in Taching auf die Straße. „Wir kennen die Bodenprofile. Je tiefer, umso härter wird das Gestein. Und die Bohrrohre werden mit Beton abgedichtet und ständig überwacht, ob Wasser verloren geht“, versuchte Jochen Schneider von der Firma Hydrosion zu beruhigen. Mit Frackig sei die Geothermie ebenfalls nicht vergleichbar, auch würden dem Wasser keine Chemikalien zugesetzt.
Auch die Frage nach einem Betreiber kam bei den Interessenten immer wieder auf. Denn die Geoenergie Bayern GmbH werde das Projekt zwar nicht verkaufen, wie man versprach, aber nicht betreiben. Aber die Geothermie sei unerschöpflich, wurde immer wieder betont. Vom „Bullerofen Erde“ war die Rede. Und: Gegenüber fossilen Energieträgern hat die Geothermie die zehnfache CO₂-Ersparnis. Die Leistung der Anlage in Traunreut liegt bei zwölf Megawatt, in Ampfing bei 19 Megawatt, in Polling sollen es sogar 30 Megawatt werden. (xe)
