Heikle Debatte im Gemeinderat
Ferienwohnungen lukrativer als Festvermietung: Ein Problem für den Wohnungsmarkt in Grassau?
Viele Wohnungen in Grassau werden ohne Genehmigung als Ferienwohnung genutzt. Wie kann der Bedarf an Mietwohnungen und an Ferienwohnungen miteinander in Einklang gebracht werden? Jetzt befasste sich der Marktgemeinderat mit dem heiklen Thema.
Grassau – Für die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung bedarf es eine Nutzungsänderung. Dies ist vielen nicht bekannt und folglich gibt es auch Wohnungen, die ohne baurechtliche Genehmigung als Ferienwohnung betrieben werden. Gleich zweimal sollte der Marktgemeinderat nun über eine Nutzungsänderung entscheiden. In Rottau wurde beantragt eine Wohnung in eine Ferienwohnung zu verwandeln und in Mietenkam ein Haus in ein Ferienhaus. Die kontroverse Diskussion ergibt sich, da sowohl Mietwohnungen wie auch Ferienwohnungen in einer touristischen Region benötigt werden.
Genehmigung für Umnutzung
„Die Umnutzung einer Wohnung in eine Ferienwohnung bedarf einer Genehmigung. Das ist allgemein nicht bekannt und auf weiter Strecke nur ein formaler Akt. So gibt es im Mischgebiet keine Möglichkeit eine Umnutzung zu versagen“, erklärte Bürgermeister Stefan Kattari. Anders verhält es sich in einem allgemeinen Wohngebiet. Da ist eine gewerbliche Nutzung ausgeschlossen, außer der Marktgemeinderat erteilt eine Ausnahme. In den vorliegenden Fällen in Rottau und Grafing ist die Nutzung für touristische Zwecke nur mit einer Genehmigung möglich.
Derzeit gibt es in Grassau und Rottau 169 Ferienwohnungen und deutlich mehr als 3300 Wohnungen. Den Anbietern von Ferienwohnungen gehören im Durchschnitt 1,5 Wohnungen. Der größte Betrieb bietet elf Ferienwohnungen an.
Wie der Rathauschef hinzufügte, sind in den vergangenen fünf Jahren 28 Ferienwohnungen hinzugekommen, wobei sich die Zahl der Betten nicht entsprechend geändert habe. Zudem wurden von diesen 28 neuen Ferienwohnungen nur sechs baurechtlichen angemeldet. Somit werden 22 Ferienwohnungen ohne Genehmigung betrieben. Zuständig wäre das Landratsamt. Aus Gästezimmern sind in den vergangenen Jahren Ferienwohnungen entstanden. Eine Häufung von Ferienwohnungen sind dort zu sehen, wo große Anlagen in den späten 70er-Jahren für diese Art der Nutzung geschaffen wurden und es eine völlig andere Denkweise gab. Ansonsten ist das räumliche Angebot von Ferienwohnungen gleichmäßig auf das Gemeindegebiet verteilt.
Nach vielen Gesprächen und seiner Wahrnehmung nach, so der Rathauschef, werden viele Wohnungen als Ferienwohnungen vermietet, die ansonsten leer stehen würden und dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Einige schrecken vor einer Dauervermietung zurück, vor allem, wenn es sich um das eigengenutzte Haus und die freie Wohnung in diesem handelt. Nun stelle sich die Frage, wie man mit der aktuellen Situation umgehe.
Man benötige, so Kattari, eine Leitlinie, zumal der Markt Grassau Wohnraum für Einheimische halten möchte, als Fremdenverkehrsregion auch zum Wohl der örtlichen Wirtschaft von der Ferienvermietung profitiere.
Baurechtlich erklärte Bauamtsleiterin Andrea Hausotter, dass eine Ferienwohnung dann gegeben sei, wenn ein ständig wechselnder Kreis von Gästen sich dort aufhält. Damit werden Zweitwohnungen verhindert. Eine touristische Vermietung zählt zu den nicht störenden Gewerbebetrieben, die in einem Dorfgebiet jedoch nicht in einem allgemeinen Wohngebiet zugelassen sind. In Letzterem seien Ferienwohnungen nur ausnahmsweise zulässig.
Ferienwohnungen bringen mehr ein als Festvermietung
Laut Tom Hagl (CSU) sei zu differenzieren, ob jemand eine Ferienwohnung anbietet, um diese für die eigenen Kinder, die vielleicht nur übergangsweise auswärts leben, zurückhält. Grundsätzlich, so Thomas Göls (CSU), werden Ferienwohnungen gebraucht. Was wichtig sei, ist eine Linie zu finden. Bei Neubauten wird diese Vermietung durch die Grunddienstbarkeit des Erstwohnsitzes ausgeschlossen. Wo jedoch Bestand ist, werde die Vermietung einer Ferienwohnung zugestanden. „Da besteht eine Diskrepanz und jeder sollte gleichberechtigt sein“, so Göls. Auch betonte er, dass eine Ferienwohnung ertragreicher als eine Festvermietung sei und man aufpassen müsse, dass nicht gut zu vermietende Wohnungen als Ferienwohnungen genutzt werden.
Franz Heuberger (SPD) meinte, dass individuell entschieden werden müsse. Hierzu ergänzte der Rathauschef, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz gelte. Auch Franz Pletschacher (BP) plädierte für das Vermieten einer Wohnung an Gäste im eigengenutzten Haus, fragte, wie jedoch in Häusern mit drei Wohneinheiten verfahren werde. Dem setzte Kattari hinzu, dass eine Abgrenzung gefunden werden müsse, damit nicht in einem Mehrparteienhaus aus finanziellen Erwägungen Ferienwohnungen entstehen, die dann dem Wohnungsmarkt fehlen.
Anträge werden zurückgestellt
Hans Genghammer (FW) könne sich als Linie die Festlegung eines Prozentsatzes vorstellen. Außerdem sollte jeder selbst entscheiden können, was er mit seinem Wohnraum macht. Das Wohnraumproblem, so Genghammer, werde so nicht gelöst.
Bürgermeister Kattari fasste die Diskussion zusammen und meinte, dass eine tiefergehende Beratung mit erweiterten Informationen notwendig sei. Das Gremium entschied dies nochmals ausführlich im Tourismusausschuss zu beraten und die beiden Anträge auf Änderung der Nutzung als Ferienwohnung und Ferienhaus zurückzustellen.