Ticker: Der 33. Verhandlungstag im Hanna-Prozess
Abschluss im „Eiskeller-Prozess“ in Sicht: Urteil gegen Sebastian T. am 19. März erwartet
Der Prozess gegen Sebastian T. (22) den mutmaßlichen Mörder von Hanna W. (†23) neigt sich dem Ende zu. Am 33. Tag werden wohl weitere Beweisanträge der Verteidigung abgearbeitet – es sind zwei Stunden für die Verhandlung angesetzt.
Das Wichtigste in Kürze:
Update, 14.40 Uhr – Urteil am 19. März erwartet
Den 19. Beweisantrag, in dem es um die Geschwindigkeit des Angeklagten bei seiner nächtlichen Jogging-Runde ging, war die Kammer bereits nachgegangen. Antrag Nummer 20 weist das Gericht zurück. Es geht darin um die Einschätzung eines Radiologen zu den Verletzungen an Hannas Leichnam. Er zieht in Zweifel, dass die Frakturen an Hannas Schulterdächern durch ein „Aufknien“ entstanden sein könnten. Die Kammer begründet ihre Zurückweisung des Antrags aber damit, dass der Radiologe kein forensischer Sachverständiger sei, welcher in solchen Fällen zur rechtsmedizinischen Begutachtung durch das Gericht herangezogen würde.
Auch der 21. Beweisantrag wird von der Kammer abgelehnt. Erneut wollte die Verteidigung eine Untersuchung der Nutzung von YouTube und Google am Handy des Angeklagten einfordern. Dies sei aber bereits umfänglich eingeführt worden, so die Richter. Die Vorsitzende Richterin wendet sich dann abschließend an die Eltern des Angeklagten, und fragt diese, ob sie noch etwas zur Kindheit und Entwicklung von Sebastian T. sagen wollen. Die Eltern lehnen dies ab.
Somit kann die Verhandlung gegen den 22-Jährigen nun zu einem Ende kommen. Richterin Jacqueline Aßbichler kündigt an, dass am Vormittag des 8. März (Freitag) ab 9.30 die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und am Nachmittag die der Verteidigung gehört werden sollen. Das Urteil der zweiten Jugendkammer soll dann am 19. März um 12 Uhr gefällt werden:. Es dürfte mit großem Medienrummel und zahlreichen Besuchern gerechnet werden. Die Eltern der Geschädigten Hanna W. (†23) wirken erleichtert, als sie zusammen den Gerichtssaal verlassen. „Ich brauche einen Abschluss“, sagt Hannas Mutter – und dürfte damit nicht allein sein.
Berichtigung: Das anfangs genannte Datum für die Urteilsverkündung wurde korrigiert: Die Urteilsverkündung findet am 19. März um 12 Uhr statt.
Update, 13.45 Uhr – Vorherige Todesfälle lassen keine Rückschlüsse zu
Die Zweite Jugendkammer fährt mit der Zurückweisung von Beweisanträgen der Verteidigung fort: Im Beweisantrag Nummer 16, hieß es, dass ein 19-Jähriger in der Nacht zum 1. Januar 2022 zwischen Traunstein und Siegsdorf in die Traun stürzte und ertrank. Auch sein Leichnam habe ein ähnliches Verletzungsbild gezeigt – auch sein Körper sei auch über mehrere Wehre in der Traun gespült worden, bis er schließlich zum Liegen kam. In dem angeführten Fall sei aber ein Fremdeinwirken ausgeschlossen worden. Laut der Kammer sei er aber nicht mit dem Fall „Hanna“ vergleichbar und Rückschlüsse von dem vorherigen Todesfall nicht zwingend zu ziehen.
Auch der 17. Beweisantrag der Verteidigung bezog sich auf einen früheren Unglücksfall: Am 23. September 2023 war ein Mann über die steile Böschung in den Bärbach gestürzt und dort verstorben. Die Verteidigung forderte dazu die Vernehmung weiterer Zeugen, was die Kammer ablehnte, weil auch dieses Unglück keinen Zusammenhang und keine Vergleichbarkeit zum gegenständlichen Fall aufweise.
In Antrag Nummer 18 forderte die Verteidigung wiederum die Vernehmung eines Facharztes für Rechtsmedizin, der bezüglich der Verletzungen an Hannas Kopf aussagen sollte. Er habe im Jahr 2018 die Verletzungen am Kopf einer Leiche begutachtet, die angeblich ähnlich waren. Auch in diesem Fall hatte man wohl Verdacht auf ein Tötungsdelikt gehegt, führte die Wunden am Ende aber auf das Treiben im Wasser zurück. Auch Antrag 18 wies die Kammer zurück, und stellte infrage, ob es sich formal überhaupt um einen Beweisantrag handle, da darin nur die Behauptung aufgestellt worden sei, dass Quetsch-Riss-Wunden auch unabhängig von Scherkräften im Wasser entstehen können. Außerdem hätten hierzu die Sachverständigen umfänglich ausgesagt.
Update, 12.52 Uhr – Zahlreiche Beweisanträge abgelehnt
Der 33. Verhandlungstag gegen Sebastian T. beginnt mit der Zurückweisung einiger Beweisanträge der Verteidigung durch die Zweite Jugendkammer. Zuerst geht es um Antrag Nummer 15, in dem die Anwälte des Angeklagten vier Beweistatsachen anführten und deren Erhebung forderten. Das Gericht geht auf jede einzelne der Tatsachen ein und erklärt, warum die Anträge zurückgewiesen werden. So heißt es darin beispielsweise, dass die Einblutungen, Frakturen und Wunden an Hannas Leichnam allesamt durch das Treiben im Fluss erklärbar seien und die Verteidigung führt dazu eine Einschätzung von Dr. Klaus Püschel an.
Richterin Aßbichler verliest dazu die Begründung der Kammer: Die Beweise seien erhoben worden und die Sachverständigen Prof. Mützel und Dr. Adamec hätten ihre Gutachten zu den Verletzungen abgegeben. Sie seien zu dem Schluss gekommen, dass unter Berücksichtigung der Gesamtumstände das Treiben im Fluss als Ursache für die Verletzungen nicht plausibel sei. Auch der Antrag auf eine weitere Beweiserhebung bezüglich der beidseitigen Schulterdachbrüche an Hannas Leichnam wurde mit der angeführten Begründung zurückgewiesen.
Eine von der Verteidigung geforderte Beweiserhebung dazu, ob die beidseitigen Akromionfrakturen tatsächlich durch ein „Aufknien“ des Angeklagten zustande gekommen sein könnten, lehnte die Kammer ab: Die Sachverständigen hätten dies umfangreich behandelt und dargestellt. Zwar hatte Sebastian T.s Anwältin Regina Rick selbst das Gutachten von Dr. Malcherek eingefordert, doch in ihrem Beweisantrag befindet sie es als „nicht nachvollziehbar“ und führt dazu erneut eine Einschätzung Püschels an. Auch diesen Beweisantrag weist die Kammer zurück und begründet dies damit, dass Püschel bei seiner Beurteilung von einer Handlungsfähigkeit und Schwimmbewegungen Hannas ausging – und er habe auch die Hochwassersituation und das Treibeverhalten des Körpers nicht berücksichtigt.
Vorbericht - Der „Eiskeller-Prozess“ nähert sich dem Ende
Traunstein; Aschau im Chiemgau – Nach der Ablehnung des Befangenheitsantrags gegen drei Richter der zweiten Jugendkammer kann der Prozess gegen Sebastian T. (22) aus Aschau nun zu Ende geführt werden. Er soll die Medizinstudentin Hanna W. am 3. Oktober 2022 gegen 2.35 Uhr aus sexuellen Motiven bewusstlos geschlagen und sie dann zur Vertuschung seiner Tat in den Bärbach geworfen haben.
Revision im Falle einer Verurteilung
Verteidigerin Regina Rick hatte wegen Inhalt und Ton des E-Mail-Verkehrs zwischen Richterin Jacqueline Aßbichler und Staatsanwalt Wolfgang Fiedler Sorge wegen Befangenheit des Gerichts geäußert. Sie forderte, den gesamten E-Mail-Verlauf zwischen Richterin Aßbichler und Staatsanwalt Wolfgang Fiedler offenzulegen. Da dieser aber bereits in den Akten vorliege, lehnte das Gericht den Antrag der Verteidigung ab. Sebastian T., der am 32. Prozesstag im Rollstuhl erschienen war, soll in der JVA Traunstein gestolpert sein und dabei eine Knieverletzung erlitten haben. Von ihm dürften bis zum Ende des Prozesses keine Äußerungen erwartet werden – immerhin hatte Rick bereits angekündigt, im Falle einer Verurteilung Revision einzulegen.