Im Bereich der Hirschlahner Rotwildfütterung
Kein Zutritt für Wanderer: Das sagt der DAV zum Betretungsverbot in Reit im Winkl
Betreten verboten! Das gilt bald für ein Gebiet in Reit im Winkl um das dortige Rotwild zu schützen. Das Problem: Dort ist wohl auch ein beliebter Weg für Wintersportler. Sorgt das Verbot für Verständnis? – Oder hagelt es doch Kritik?
Reit im Winkl – „ Allgemeinverfügung“. Bei diesem Wort kommen einem die Corona-Regeln in den Sinn. Nicht in diesem Fall: Das Landratsamt Traunstein hat eine Allgemeinverfügung für ein Gebiet in der Gemeinde Reit im Winkl erlassen. Genau handelt es sich um ein Betretungs- sowie Befahrungsverbot für den Bereich der Hirschlahner Rotwildfütterung, das von November bis April gilt.
An der Fütterungs-Anlage überwintern im Schnitt 45 Stück Rotwild. Durch dieses Gebiet führt aber auch der Jochbergalm-Forstweg, und diesen nutzen viele Skitourengeher und Schneeschuhwanderer, heißt es von Seiten des Landratsamtes. Auch Stangensucher (Geweih-Sammler) seien unterwegs. Das störe die dortigen Tiere und bereite ihnen Stress. Und wenn die Tiere gestört werden und sich nicht mehr an der Fütterungs-Anlage aufhalten können, erhöhe das das Schadensrisiko für Waldbesitzer aufgrund von Verbiss-Schäden.
„Müssen naturschutzrechtliche Belange akzeptieren“
Die Bayerischen Staatsforsten Ruhpolding haben den Antrag für die Sperrung gestellt. Ein Schritt um Natur und Tiere zu schützen. Jedoch zum Nachteil von Wintersportlern, die dieses Gebiet somit nicht nutzen dürfen. Trifft das Verbot auf Verständnis, oder ruft es Kritik hervor?
Der zuständige Alpenverein Kössen-Reit im Winkl will dazu kein Statement abgeben. Doch das Gebiet wird auch von Wintersportlern aus anderen Regionen besucht. Wie steht man hier einem solchen Betretungsverbot gegenüber? Hans Gfaller, 1. Vorsitzender der Sektion Traunstein des Deutschen Alpenvereins (DAV), erklärt auf OVB-Nachfrage, dass für Bergsportler grundsätzlich ein freies Betretungsrecht besteht.
Das ist auch im bayerischen Naturschutzgesetz, Art 27, festgelegt. „Alle Teile der freien Natur [...] können von jedermann unentgeltlich betreten werden“, heißt es darin. Gfaller betont aber auch, dass der DAV sowohl Bergsport- als auch Naturschutzverband ist. „Deshalb müssen wir für beide Seiten Verständnis haben und trotz Betretungsrecht die naturschutzrechtlichen Belange sowie Einschränkungen akzeptieren.“
Vorsitzender appelliert an Sportler, Rücksicht zu nehmen
Im Arbeitsgebiet der Sektion Traunstein – dazu gehört die Reiter Alpe – gebe es aktuell keine solchen Verbote. Gfaller ist auch noch nie mit derartigen Maßnahmen konfrontiert worden. Er persönlich versteht die Sorgen der Antragsteller, wie er dem OVB mitteilt. Dabei nimmt er besonders Bezug auf das Verhalten einiger Bergsteiger und Wintersportler. Zwar wüssten die meisten, dass man wilde Tiere nicht stört, was auch in der alpinen Ausbildung vermittelt werde, doch es gebe Ausnahmen. „Das sind oft Leute, die wollen unbedingt ein Foto von den Hirschen aus der Nähe machen, und dadurch können die Tiere erheblich gestört werden“, sagt Gfaller und fügt hinzu: „Die Fotos werden außerdem oft gepostet und ziehen zusätzliche Besucher an.“
Kein Verständnis habe er, wenn Betretungsverbote für Wege verhängt werden, die benötigt werden, um zum Beispiel eine Alm zu erreichen. „Diese ausgewiesenen Routen sind bei den Sportlern bekannt und auch in den gängigen Karten eingetragen.“ Solche Wege zu sperren, sei kontraproduktiv und biete Konfliktpotenzial. Wenn Gebietssperrungen vorgesehen sind, muss lösungsorientiert, nicht konfliktorientiert gehandelt werden, betont Gfaller. Und das sei nur möglich, wenn sich beide Seiten zu einem Gespräch treffen, und über mögliche Lösungen diskutieren.
Wichtig für Gfaller: Es sollen keine Berg-Sportarten ausgegrenzt werden. „Wenn es so ein Verbot wie im Bereich Hirschlahner gibt, dann muss das für alle gelten. Egal, wie sie unterwegs sind.“ In diesem Zusammenhang appelliert er auch an alle, die in den Bergregionen unterwegs sind, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Besonders im Winter.
Das Betretungsverbot im Bereich der Hirschlahner Rotwildfütterung in der Gemeinde Reit im Winkl erstreckt sich über die Bereiche Hirschlahner, Jochberg Schattseite und Seewände. Es gilt vom 15. November bis zum 15. April. Wer in diesem Zeitraum das Gebiet unbefugt betritt, kann eine Geldstrafe von bis zu 5000 Euro drohen. Mitarbeiter des Forstbetrieb Ruhpolding werden den betroffenen Bereich mit entsprechenden Hinweis-Schildern kennzeichnen.
