Tod von Benedikt XVI.
Missbrauchsskandale überschatten Wirken des Papstes: Wie umgehen mit verstörendem Geschehen?
Als erster Deutscher seit 500 Jahren, als Figur, die selbstlos vom Papstamt zurücktrat: Für vieles wurde Benedikt XVI. bewundert. In den restlichen Jahren seines Lebens legten jedoch die Missbrauchsskandale einen dunklen Schatten auf sein Wirken. Wie seine Heimatstadt Traunstein mit den verstörenden Meldungen umging.
Traunstein/Rom – Offensichtliche Falschaussagen und problematische Äußerungen des früheren Münchner Erzbischofs Joseph Ratzinger, am 31. Dezember 2022 verstorben, im Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising sorgten überregional für einen Sturm der Entrüstung. Die Kirchenaustritte schnellten in die Höhe.
Diskussion um Ehrenbürgerwürde
Sollte ihm seine Heimatstadt die Ehrenbürgerwürde aberkennen, sollten Straßen und Plätze, die seinen Namen tragen, umbenannt werden? Zur Gesamtbetrachtung wurde dafür eigens eine Kommission eingesetzt. Das aus sechs Personen gebildete Gremium war im Auftrag von Stadt- und Landkreis Traunstein, der Stadt Tittmoning und der Gemeinde Surberg eingesetzt worden und hat sich fünfmal getroffen.
Abschlussbericht des Gremiums
Dabei sei das „private Gutachten“, das im Auftrag der Erzdiözese München und Freising von einer Anwaltskanzlei erstellt worden sei, ebenso erörtert worden wie die Frage, was Betroffene sexuellen Missbrauchs über Ehrungen des emeritierten Papstes dächten. „In der Kommission bestand in der Gesamteinschätzung Einigkeit darüber, dass derzeit kein Handlungsbedarf in Bezug auf vorgenannte Ehrungen hinsichtlich Papst Benedikt XVI. besteht“, heißt es in dem vom Landratsamt Traunstein veröffentlichten Abschlussbericht des Gremiums.
Farbanschlag auf Gedenkbüste
Der Protest verhallte jedoch nicht: Die Grüne Jugend Traunstein regte mit einer Zitatstelle gegenüber der Gedenkbüste für den ehemaligen Papst in Traunstein zu heftigen Diskussionen an. Auf die Gedenkbüste vor der Traunsteiner Pfarrkirche war 2016 ein Farbanaschlag verübt worden.
Anklage am Landgericht Traunstein
Und der emeritierte Papst wurde noch Mitte Dezember 2022 angeklagt: Ihm wird zum Beispiel vorgeworfen, den Wiederholungstäter Priester H. trotz Missbrauchsvorwürfen in den Pfarrdienst geholt zu haben. Benedikt XVI. hatte die Vorwürfe immer abgestritten.
So steht es nun um die Klage
Die Rolle, die Ratzinger im Fall Priester H. spielte, sollte im kommenden Jahr eigentlich das Landgericht Traunstein beschäftigen. Dort hat ein Betroffener Klage eingereicht gegen den mutmaßlichen Täter H., das Erzbistum München und Freising und die früheren Bischöfe Kardinal Friedrich Wetter und eben Ratzinger. In der Klage geht es darum, festzustellen, inwiefern Bistumsverantwortliche Schuld auf sich geladen haben. Eine Sprecherin des Landgerichts Traunstein erklärte nun allerdings, dass die Klage gegen Benedikt XVI. nicht mehr verhandelt werde.
„Schmutz in der Kirche“
Monsignore Dr. Thomas Frauenlob kennt Papst em. Benedikt XVI. seit über 40 Jahren. Frauenlob war lange Zeit in Traunstein Direktor des Studienseminars und hat sieben Jahre lang in Rom beim Heiligen Stuhl gearbeitet. Der Leiter des Berchtesgadener Pfarrverbands verwies gegenüber dem OVB darauf, dass Papst Benedikt XVI. 2005 in seiner Kreuzwegmeditation angesichts seines Wissens als Präfekt der zuständigen Glaubenskongregation schonungslos vom „Schmutz in der Kirche“ durch Priester gesprochen habe.
Treffen mit Missbrauchsopfern
Als Papst habe er sich in Washington erstmals mit Missbrauchsopfern getroffen, sich dem Grauen und der Beschämung ausgesetzt und in vielen Ansprachen und Schreiben diese schreckliche Wirklichkeit benannt und sich entschuldigt.
(mit dpa)
