Aufruf zum Dialog – aber keine Taten
„Angst vor Gewalttaten der Antifa“? So reagiert die AfD auf die Anti-Rassismus-Demo in Grassau
Anti-Rassismus-Demo versus AfD-Wahlkampfveranstaltung. Dieser turbulente Tag in Grassau schlägt weiter hohe Wellen. So antwortet die AfD auf die Protestaktion.
Grassau – Eine Woche steht das sonst so beschauliche Grassau im Achental jetzt inzwischen im Mittelpunkt eines Streits mit großer politischer Dimension. Alles begann an einem Montagmorgen (25. November), an dem im Luftkurort mit 7285 Einwohnern plötzlich etwa 30 Plakate kontroverser Aussagen bekannter AfD-Politiker auftauchten. Beispielsweise mit einem Spruch von Björn Höcke, dem wohl umstrittensten Politiker der Partei: „Das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt.“ Aufgehängt hatte die Sprüche das Offene Antifaschistische Plenum Rosenheim (OAP).
Die Aktion sollte eine Warnung vor der Wahlkampfveranstaltung der AfD am Samstag (30. November) sein, die mit einem Auftritt der Rosenheimer AfD-Bundestagskandidatin Leyla Bilge dann auch tatsächlich über die Bühne ging. Am gleichen Tag demonstrierte jedoch auch eine größere Menschenmenge bei der Protestaktion des neuen Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ (AGR) gegen genau diesen Termin im kleinen Heftersaal von Grassau – um gegen „Hass und Hetze“ der AfD aufzustehen. Es kam dabei auch zu einem Zwischenfall, bei der eine Person in Gewahrsam genommen wurde. Eine kleinere Gruppe linker Demonstranten hatte versucht, den von der Polizei abgeriegelten Bereich rund um den Veranstaltungsort der AfD zu durchbrechen.
Genau darauf hat die AfD nun mit klaren Gegenvorwürfen reagiert. „Wie geht eine Demokratie damit um, wenn normale Bürger, die Gäste unserer Veranstaltung sind, Angst haben diese zu verlassen, solange die Antifa vor der Türe steht, da sie sich vor physischen Gewalttaten fürchten?“, erklärte Thomas Killies, Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Traunstein und fügte hinzu: „Wie wäre eigentlich die Antwort aus Gesellschaft und Politik, wenn die AfD so handeln würde, wie die Teilnehmer der so genannten ‚antifaschistischen‘ Gegendemo?“
„Klare Kante“ gegen AfD zeigen, aber auch zuhören
Dazu muss allerdings gesagt werden, dass sich der Großteil der Demonstranten bei der Anti-AfD-Aktion von Grassau mit Sprechern von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes bis zu den Grünen friedlich verhielt. Auch Grassaus SPD-Bürgermeister Stefan Kattari sprach und meinte: „Wir müssen anerkennen, dass ein Teil der Bevölkerung für Hassparolen empfänglich ist. Weil die Menschen Angst haben.“ Er forderte dazu auf „klare Kante gegen die AfD zu zeigen“, aber auch „allen Wählern zuzuhören: „Meine Tür steht offen.“
Um seine Dialogbereitschaft zu beweisen, hatte sich der Ortschef auch gegen ein von der Antifa gefordertes Verbot der AfD-Veranstaltung ausgesprochen. Dafür gab es von AfD-Mann Killies ein Dank an die „Gemeinde Grassau, welche uns die Räumlichkeiten freundlicherweise zur Verfügung stellte“. Auch die Polizei, die mit einem größeren Aufgebot am Samstag vor Ort war, bekam ein Lob: „Sie sorgten für den Schutz unserer Gäste, eine drohende Eskalation vonseiten der Gegendemonstranten wussten sie zu verhindern.“
Ausschluss der AfD aus der Öffentlichkeit?
Bleibt noch die Frage, warum der angeregte friedliche Dialog zwischen den beiden Seiten nicht stattgefunden hat? „Warum wird gegen uns demonstriert, nicht aber wie angekündigt der Dialog gesucht und uns sachlich aufgezeigt, warum wir falsch liegen? Warum wird stattdessen mit aller Kraft versucht, uns aus der politischen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit auszuschließen?“, fragt sich AfD-Mann Killies.
Fest steht, dass auch Grassau gespalten ist. Grünen-Lokalpolitiker Helmut Bielensk erklärte, dass die AfD bei den letzten Wahlen in Grassau immerhin 13,7 Prozent der Wählerstimmen erreichen konnte. Das heiße, dass es in Grassau 500 Personen gibt, die AfD wählten. Man frage sich, wer diese Wähler sind. Schließlich sollte man mit diesen reden.
Momentan finden diese direkten Gespräche jedoch (noch) nicht statt - das hat die heiße Woche von Grassau bewiesen.