Irschener Winkel bedroht
Wieder Öl im Chiemsee? – Zweiter Unfall in zwei Wochen: „Man muss jetzt eine Lösung finden!“
Schon wieder Diesel im Wasser: Ein weiterer Unfall am Bernauer Berg sorgt für Umweltverschmutzung und Unmut in Bernau. Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber fordert vom Freistaat Bayern eine Lösung, „die alles abdeckt.“
Bernau – Hinter der Kuppe kommt das bayerische Meer zum Vorschein. Ein majestätischer Blick, während es den Bernauer Berg auf der A8 Richtung Salzburg steil hingeht. Zeit zum Staunen bleibt wenig, denn die Abfahrt zum Chiemsee hat es in sich. Bergab in leichten Kurven wird die Autobahn dreispurig – mit der Aus- und Auffahrt am Fuße des Tals sogar kurz vierspurig, bis sie sich keine 250 Meter weiter wieder auf zwei Spuren verengt. Eine besondere Konstellation, die immer wieder zu Unfällen führt und deren Folgen auch den Chiemsee nicht unberührt lassen.
Lastwagen kollidiert mit Pkw und Leitplanke
Am Freitag (2. August) kam noch Starkregen hinzu. Ein Lastwagenfahrer geriet auf der nassen Fahrbahn zur Mittagszeit mit seinem Sattelzug ins Schlingern. Er drückte dabei ein Auto in die linke Mittelleitplanke, kreuzte daraufhin die Fahrbahn, „kollidierte anschließend noch mit der rechten Leitplanke und kam auf dem rechten Fahrstreifen zum Stehen“, heißt es vonseiten der Verkehrspolizeiinspektion Rosenheim. Die Insassen des Fahrzeugs sowie der Lkw-Fahrer kamen mit leichten Verletzungen und dem Schock davon. Auf der Autobahn staute es sich für mehrere Kilometer. Aufgrund des Unfalls verlor der Lastwagen Kraftstoff. Die Feuerwehr Bernau geht von „etwa 100 Litern Diesel aus“, die auf die Straße flossen, sagt ein Sprecher der Feuerwehr.
Öl im Naturschutzgebiet
An der Spitze und am Fuße des Bernauer Berges fließt der Moosbach. Zweimal unterquert er die Autobahn. Im Tal legt er von dort rund zwei Kilometer zurück, fließt durch die Wiesen des Irschener Winkels und mündet im Chiemsee. Der Bereich gehört zu einem bedeutenden Brut-, Rast- und Mausergebieten für Vögel. Schadstoffe, die am Bernauer Berg auf der Autobahn austreten, finden mit dem Moosbach eine direkte Verbindung zum Bayerischen Meer. „Das kann nicht sein, dass wir jedes Mal diesen Kraftstoff im Irschener Winkel haben, in diesem sensiblen Naturschutzgebiet“, beschwert sich Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber.
500 Liter und 180 Einsatzkräfte
Erst am 22. Juli kam es zu einem Unfall am Bernauer Berg, bei dem rund 500 Liter Kraftstoff austraten. Sie flossen die Fahrbahn hinab und sammelten sich im Moosbach. Trotz des schnellen Einsatzes der Feuerwehren und trotz ausgebrachter Ölsperren fand ein Teil den Weg bis in den See. „Wir haben einen leichten Eintrag von Öl in den Chiemsee verzeichnet“, sagte Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber zwei Tage nach dem Unfall. Über 180 Einsatzkräfte waren mehrere Tage beschäftigt, um eine schlimmere Umweltkatastrophe zu verhindern.
Am 31. Juli kam durch einen externen Gutachter die Entwarnung: Das Gewässer wurde freigegeben. Die Ölsperren, die in der Bucht der Mündung des Moosbachs ausgebracht wurden, damit die Ausbreitung des Öls eingedämmt wird, können wieder abgebaut werden. Keine zwei Tage später mussten sie wieder ausgebracht werden.
Wieder ein Großeinsatz
Zwar trat durch den Unfall am Freitag (1. August) eine deutlich geringere Menge an Diesel aus, der Vorgang hielt trotzdem über 100 Einsatzkräfte in Atem und Kraftstoff gelangte in den Moosbach. „Das kommt leider immer wieder vor“, sagt Josef Weber, erster Kommandant der Frasdorfer Feuerwehr. Feuerwehren aus Bernau, Frasdorf, Hittenkirchen, Chieming, Taching am See, Übersee und Prien haben zusammengehalten, heißt es vonseiten der Bernauer Feuerwehr.
„Es muss jetzt eine nachhaltige Lösung gefunden werden, die nicht manchmal greift, sondern bitte immer greift“, sagt Bürgermeisterin Biebl-Daiber. Es braucht eine Lösung, „die alles abdeckt“. Damit meint sie, dass ein Eintritt von Öl in den Moosbach an beiden Stellen, an denen er in die Nähe der Autobahn kommt, verhindert werden muss. Angedacht seien Auffangbecken, die im Falle eines Unfalls die austretenden Kraftstoffe aufnehmen können, aber „das zu überlegen ist Sache der Autobahn, da ist die Gemeinde tatsächlich außen vor“, sagt die Bürgermeisterin.
„Ich habe nicht unendlich Mitarbeiter“
Bereits einen Tag vor dem zweiten Unfall habe sie an Bayerns Innenminister Joachim Hermann „einen dringenden Brief geschrieben, dass es so gar nicht mehr weitergehen kann.“ Neben den Umweltschäden würden Einsätze dieser Art viel Personal binden. Die Ölsperren, die den Kraftstoff im Moosbach auffangen sollen, wurden bei dem aktuellen Vorfall „schon zweimal gewechselt“, sagt Biebl-Daiber (Stand 5. August). Das mache eine Kombination aus Feuerwehr und Bauhof, je nachdem, wer gerade Dienst habe. „Ich habe aber keinen unendlichen Pool an Mitarbeitern im Bauhof“, empört sich die Bürgermeisterin. Andere Baustellen und Aufgaben in der Gemeinde würden somit „einfach liegen bleiben.“
Biebl-Daiber ist dankbar für die gute Zusammenarbeit der Einsatzkräfte untereinander und mit dem Katastrophenschutz. Diese zeigt bisher auch ihre Wirkung. Von Seiten der Gemeinde und der Feuerwehr Bernau heißt es, dass bisher im aktuellen Fall noch kein Öl in den Chiemsee vorgedrungen sei. Die Ölsperren bleiben vorerst bestehen.“



