Die Freude im Dorf ist groß
Wirtshaus-Wunder von Prutting: Gasthof zur Post eröffnet wieder – Nach acht Jahren!
In Prutting wird der Gasthof zur Post, der seit acht Jahren geschlossen war, im Frühsommer wiedereröffnet. Die neuen Pächter, Ingrid und Julien Graveleine, planen eine ganzjährige Bewirtschaftung.
Prutting – In Prutting ist, man muss es wohl so bezeichnen, ein kleines Wunder passiert. Denn dort wird das altehrwürdige Wirtshaus des Ortes im Frühsommer wieder aufgesperrt werden. Und das nicht nur für einen Einzel-Event oder ein paar Sommermonate, sondern ganzjährig und, wenn es nach den zukünftigen Pächtern, Ingrid und Julien Graveleine, geht, für immer.
Personalmangel und Bürokratie
Ein Wunder ist das deswegen, weil es üblicherweise anders läuft: Wenn ein Wirtshaus einmal zugesperrt hat, bleibt es zu, da hilft kein Rütteln und kein Betteln. Der Gasthof zur Post in Prutting ist mittlerweile schon seit acht Jahren geschlossen. Der Grund hierfür war, so sagt Georg Maier, der Eigentümer des Hauses und ehemaliger Wirt, derselbe wie bei den meisten anderen Wirtshausschließungen: Personalmangel, ein Wildwuchs an bürokratischen Auflagen und – auch – das Abbröckeln der sogenannten Wirtshauskultur: Das Wirtshaus hat seine Bedeutung als Treffpunkt eines Dorfes, als Nachrichtenbörse und als Unterhaltungsmöglichkeit schon seit langem verloren – manche sagen, der Niedergang begann bereits zu der Zeit, als der Fernseher Einzug in die Wohnzimmer hielt. Und es liegt natürlich auch an den mittlerweile unzähligen Vereinsheimen und deren Festen.
Ganz oben auf der Wunschliste
Dennoch wünschen sich viele Pruttinger, dass das stattliche Gebäude in ihrer Ortsmitte wieder rundum mit Leben erfüllt sein sollte, über die angeschlossene Metzgerei, die es immerhin noch bis Dezember 2024 gab, hinaus. Das zeigte sich deutlich im Rahmen des Dorfentwicklungsprozesses, den Prutting in den vergangenen Jahren durchlaufen hat. Da war bei einer Bürgerbefragung und anschließenden Workshops der Wunsch nach einem Wirtshaus ganz oben gestanden.
Nagelprobe bestanden
Dieser Wunsch ist das eine, die Bereitschaft, aktiv dazu etwas zu tun, nämlich das wiederbelebte Wirtshaus dann auch zu besuchen, damit es dauerhaft existieren kann, ist nochmal etwas anderes. Für Bürgermeister Johannes Thusbaß war deshalb eine Veranstaltung im Januar 2023 eine Art Nagelprobe. Da hatte die Gemeinde ins Wirtshaus eingeladen, um sozusagen vor Ort die Möglichkeiten für eine Wiederbelebung zu besprechen.
Die große Frage war: Wie viele Pruttinger würden kommen? Die Antwort an dem Abend war überwältigend: Gefühlt war der ganze Ort da, die Wirtsstube bis auf den allerletzten Platz gefüllt, so sehr, dass manche sogar stehen mussten.
Von da an war für Bürgermeister Thusbaß klar: Das Wirtshaus verdient tatsächlich einen Platz ganz oben auf der Prioritätenliste. Der Bürgermeister war deshalb in der Folge immer wieder auf vielen Veranstaltungen zu finden, auf denen es um den Erhalt von Wirtshäusern ging, lotete zeitgleich auch aus, ob einschlägige Gastromakler einen neuen Betreiber auftun könnten, der in Person und Konzept zum Ort passen würde.
An Gemeinde verpachtet
Am Ende war es dann auch hier so, dass das Glück dem Tüchtigen in die Hände spielt. Georg Maier rückte von seinem ursprünglichen Plan ab, das ganze Gebäude zu verkaufen, und willigte ein, es der Gemeinde zu verpachten. Und Glück hatte Bürgermeister Thusbaß schließlich auch in seinen Gesprächen, die er mit den zwei großen Rosenheimer Brauereien führte. Auch dort hatte er für die Wiedereröffnung des Gasthauses geworben, dabei aber von Anfang eines klar gemacht: Dass Gespräche eigentlich nur dann sinnvoll seien, wenn die Brauerei, die ihrerseits das Wirtshaus von der Gemeinde pachten würde, auch gleich einen Wirt präsentieren könnte.
Marisa Stegmüller von der Flötzinger Brauerei gelang das. Sie hatte das Ehepaar Ingrid und Julien Graveleine „anzubieten“, die Wirtsleute, die eigentlich die Simssee-Stuben übernehmen wollten. Die beiden sehen in dem Gasthof zur Post in Prutting echtes Potential: Ein Wirtshaus in ortsbildprägender Lage, fast schon der Dorfmittelpunkt, und das in einem Ort, in dem nach allem, was man aus der jüngsten Vergangenheit sagen kann, wirklich die Bereitschaft da ist, einem wiederbelebten Wirtshaus zum Erfolg zu verhelfen – günstigere Vorzeichen, so meinen die beiden, kann man sich schlecht vorstellen. Zumal, auch das ein Riesenplus, ihr gesamtes top eingespieltes Team mit zu der neuen Aufgabe wechseln wird.
Metzger wird noch gesucht
Und vielleicht gelingt es sogar, auch für die Metzgerei einen neuen Betreiber zu finden. Auch dafür wären die Bedingungen eigentlich optimal: Ein Betrieb, der im Ort bestens verwurzelt ist, und deshalb schon jetzt schmerzlich vermisst wird, mit einem „angeschlossenen“ Wirtshaus als festem Abnehmer – auch hier sind jede Menge positiver Voraussetzungen gegeben.
Sicher wird aber eines sein: Das „neue“ Wirtshaus wird, wie es sich für ein ordentliches bayerisches Wirtshaus gehört, auch einen Biergarten haben. Das Besondere daran: Die nötige Holzterrasse dazu wird von Pruttinger Bürgern errichtet werden. Und obwohl die offizielle Bitte um Mithilfe noch gar nicht veröffentlicht wurde, haben sich schon etliche gefunden, die mitmachen werden.
Kurz: Wenn die düstere Prophezeiung stimmt, dass das Sterben eines Wirtshauses oft das „Todeln“ eines ganzen Ortes vorwegnimmt, so wird in Prutting auch deren Umkehrung zutreffen: Wo eine Gemeinde den Schwung hat, ihr Wirtshaus wiederzubeleben, ist auch sie selbst ein Ort voller Lebendigkeit, Gemeinschaftssinn und damit Zukunft.