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Einblicke in eine alte Handwerkskunst

Wasserburgs Stadtkirche wird bunt: So arbeitet Glas-Restauratorin Lisa Thomet in 15 Metern Höhe

Durften über zwei Jahre hinweg die Buntglasfenster des Kapellenkranzes in der Wasserburger Stadtpfarrkirche St. Jakob restaurieren: Lisa Thomet und Kollege Pablo Lavera.
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Durften über zwei Jahre hinweg die Buntglasfenster des Kapellenkranzes in der Wasserburger Stadtpfarrkirche St. Jakob restaurieren: Lisa Thomet und Kollege Pablo Lavera.

Von außen ist Wasserburgs Stadtpfarrkirche seit Jahren eingerüstet. Doch die Sanierung steuert dem Ende zu. Eine wichtige Rolle spielt die Wiederherstellung der alten Buntglasfenster. Glas-Restauratorin Lisa Thomet nimmt uns mit auf das Gerüst. Warum die wertvollen Fenster beinah für immer verloren gewesen wären.

Wasserburg – Die Stadtpfarrkirche St. Jakob wird allmählich wieder hell. Und farbig. Nicht zuletzt im Chor und im Langhaus. Nun ist auch das Letzte der Buntglasfenster in den Kapellenkranz zurückgekehrt. Endlich. Frisch restauriert. Nach gut zwei Jahren. Wir machen einen Ausflug mit der Glas-Restauratorin in schwindelnde Höhe.

Lisa Thomet und ihr Kollege Pablo Lavera setzen die frisch restaurierten Buntglaselemente wieder ein.

Rund 15 Meter hoch, über der früheren Grablege der Adelsfamilie Kern, in der „Münzmeister-Kern-Kapelle“ steht Lisa Thomet. Sie ist studierte Restauratorin und hat sich auf Glasmalereien spezialisiert. Sie versteht ihr Handwerk. Zusammen mit ihrem Kollegen Pablo Lavera setzt sie Buntglassegment für Buntglassegment der rund 45 Fensterstücke je Maßwerkfenster auf die vorbereiteten Leistenbolzen an den Quereisen. Nach einem klar vordefinierten Schema. Anschließend werden sie mit Deckschienen und Muttern gesichert.

Fünf Kilo schwere Glassegmente auf 15 Metern hochgeschleppt

Es sind die Letzten im Kapellenkranz des Chors der Stadtpfarrkirche nach der Restaurierung. Einen ganzen Tag werden sie dafür benötigen. Einschließlich Schlepperei. Denn die einzelnen und rund fünf Kilogramm schweren Glassegmente müssen auf 15 Meter Gerüsthöhe gebracht werden. Durch schmale Öffnungen hindurch und an steilen Treppen das Gerüst hinauf. Ein Kraftakt. Und nichts darf dabei passieren. Eine zerbrechliche Fracht. Schließlich sind die Buntglasbrennereien wertvoll, eine kunsthistorische Einzigartigkeit. Und an die 150 Jahre alt.

Einen exklusiven Ausblick in die Weite des Langhauses hat man vom Baugerüst aus.

Noch heute künden in den gläsernen Zwickelfeldern und Ovalen die Inschriften von der Entstehungszeit und der Herkunft. Ab 1880 wurden sie entworfen und fabriziert von der königlichen Hof-Glasmalerei Zettler in München. Angestoßen hatte die sakralkünstlerische Einzigartigkeit ein Jahr davor der damalige Stadtpfarrer Joseph Lechner im Zuge der Neugotisierung der Stadtpfarrkirche.

Feinste Details durch Schabung und Stupfung

Der Herstellungsprozess war anspruchsvoll, weiß die Restauratorin. Nach der aufwändigen Einfärbung der Glasschichten mit Metalloxiden hatte man sie damals in komplizierte Formen geschnitten und mit mehreren Schichten einer Schwarzlotmalerei bei rund 600 Grad zum heutigen Farbbild gebrannt. Die kunstvolle und kleinräumige Einzelgestaltung hat freilich die Menschenhand geschaffen. Aus dem feinschichtigen Malereiüberzug wurden durch Schabung und Stupfung feinste Details herausgearbeitet, gewissermaßen von außen nach innen, und stellenweise mit Konturen verstärkt, berichtet die Handwerkerin.

Nachdem die Originalglasfelder im Frühjahr 2023 demontiert worden waren, fand im Anschluss die Restaurierung unmittelbar vor Ort statt. Der Pfarrhofkeller war gewissermaßen die „Dombauhütte“, wo die kostbaren Buntglasscheiben in den vergangenen Monaten von den beiden Spezialisten der Firma Rothkegel aus Würzburg überrestauriert, mit Spezialschwämmen gereinigt, die Patina abgesaugt, Sprünge repariert, Bleibrüche gelötet und die Messingrahmen nachgelötet wurden. Die Originalfelder selbst haben einen stabilisierenden Rahmen erhalten, der eine vorgehängte, hinterlüftete Befestigungsweise im Fenster ermöglicht. Zwingende Maßgabe war stets, dass die ursprünglichen Malschichten nicht beschädigt werden. Vorsicht hatte also oberste Priorität.

Steinmetze haben neue Schutzverglasung eingeputzt

An den Maßwerkfenstern selbst haben zeitgleich die Steinmetze eine neue Schutzverglasung eingeputzt. Diese soll die Kostbarkeiten nach außen hin vor freier Verwitterung und Kondensatfeuchte bewahren, zumal sich Letztere künftig an den Schutzscheiben anstatt den Originalen niederschlagen wird. An den jeweiligen Fenstersockeln sorgen Schwitzwasserröhrchen schließlich für die Ableitung nach außen. Und die Luftzirkulation erfolgt durch den Freiraum zwischen den Scheiben, berichtet Lisa Thomet.

Nach zwei Jahren Arbeit wurde nun gedeihlich und langsam aus den Einzelstücken in luftiger Höhe wieder ein Ganzes, entfalten die Buntglasfenster im Durchlicht wieder ihre volle Pracht. Eine wahrhaft erfrischende Wiederaufwertung des Gesamtraumes, nach langer Dunkelheit.

Verweise im Buntglas der Münzmeister-Kapelle erinnern an die Stifterin Elise Kosak.

Stifterin Elise Kosak war die Tochter des letzten Schiffsmeisters

Gestiftet wurde das Fenster in der Münzmeister-Kapelle übrigens von Elise Kosak im Jahr 1894. Sie war Tochter des letzten Wasserburger Schiffsmeisters Peter Breitenacher und Frau des Bezirksarztes Dr. Ludwig Kosak. Nicht nur eine Inschrift im Buntglas erinnert an die Familie, sondern auch eine Darstellung der Stifterin selbst, betend vor einem Marienbild.

Der Gänze halber sollte erwähnt werden, dass 1948 vom Landesamt für Denkmalpflege angedacht war, die Glasfenster im Chorraum komplett aus der Kirche zu verbannen. Nur dem damaligen Stadtpfarrer Koblechner ist der Erhalt zu verdanken. Wären die Fenster entfernt worden, hätte auch er Wasserburg verlassen. Beide blieben. Gott sei Dank.

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