Kostenfreie Sprechstunde im Bürgerbahnhof
Wenn der Job zur Belastung wird: So hilft Betriebs-Seelsorger Michael Kafka aus Wasserburg
Mobbing am Arbeitsplatz, Leistungsdruck, Stress: Michael Kafka hat als Betriebs-Seelsorger in Wasserburg schon vieles erlebt. „Sich Hilfe zu holen, ist mit viel Sorge verbunden“, weiß der Experte. Warum davor niemand Angst haben muss – und wie er helfen kann.
Wasserburg – Im Arbeitsleben ein Problem zu haben, davon ist wahrscheinlich jeder einmal in seinem Leben betroffen. Sei es wegen Mobbing, Streit mit Kollegen, Überlastung oder dass sich Job und Familie nicht vereinbaren lassen. Wer in diesem Bereich Hilfe benötigt oder auch einfach nur jemanden zum Zuhören braucht, der kann sich an Michael Kafka wenden – denn der 53-Jährige ist Betriebsseelsorger in Wasserburg.
Wenn sich ein Problem auf den Job auswirkt
Als Betriebsseelsorger kümmert sich Kafka um alle Anliegen, die das Arbeitsleben betreffen. „Das kann alles Mögliche sein“, sagt er. „Sobald sich ein Thema auf das Arbeitsleben auswirkt oder den Job betrifft.“ Seit eineinhalb Jahren arbeitet er nun in diesem Bereich. Davor war er in der Familienberatung tätig. Angestellt ist Kafka bei der Katholischen Kirche als Gemeindereferent. Neben den Sprechstunden als Betriebsseelsorger, die er kostenfrei und unabhängig von Religion und Weltanschauung anbietet, hält er zum Beispiel Vorträge oder Workshops in Firmen und arbeitet mit Betriebsräten und Gewerkschaften zusammen.
Zu seinem Beruf als Seelsorger kam Kafka über Umwege. Er ist gelernter Elektriker und hat mehrere Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Als Pfadfinder und Mitglied des Bunds der Katholischen Jugend habe der Rechtmehringer jedoch gemerkt, dass er lieber mit Menschen arbeiten würde. Und genau das tut er nun als Religionspädagoge. „Meine beruflichen Wurzeln kann ich hierbei aber gut gebrauchen. Denn ich weiß, wie das Arbeiten in einem Betrieb abläuft“, erklärt Kafka.
Gemeinsam an Problemen arbeiten
Wichtig ist ihm, dass er und sein Gegenüber gemeinsam und auf Augenhöhe an einer Lösung für das vorliegende Problem arbeiten. „Manchmal kann es eine Lösung auch sein, dass ich jemanden weitervermittle, zum Beispiel an einen Psychiater“, so der Betriebsseelsorger. Die Schwierigkeiten seien jedoch so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Bei manchen reiche ein Gespräch, andere begleitet Kafka über einen längeren Zeitraum. „Oft fehlt den Menschen einfach eine Person, mit der sie nur darüber reden können“, sagt der 53-Jährige. Wer zu ihm kommen will, braucht keinen Nachweis. Zudem ist der Betriebsseelsorger der Verschwiegenheit verpflichtet.
Doch der Schritt, sich jemanden anzuvertrauen, falle auch heute noch vielen schwer. „Sich Hilfe zu holen ist mit viel Angst und der Sorge verbunden, sofort in eine psychische Einrichtung eingewiesen zu werden“, weiß Kafka. Um das zu ändern, brauche es eine andere Sicht auf psychische Probleme in der Gesellschaft. Die Denkmuster würden immer noch zu tief liegen. „Leider wird weiterhin derjenige belohnt, der am meisten leistet“.
Sprechstunde für Betriebsseelsorge in Wasserburg
Michael Kafka ist Betriebsseelsorger in Wasserburg und bietet Sprechstunden an.
Wann? Jeden dritten Montag im Monat von 10 bis 14 Uhr. Die nächsten Termine sind der 21. Oktober und 18. November 2024. Oder nach Vereinbarung.
Wo? Im Bürgerbahnhof in Wasserburg
Wer darf kommen: alle, unabhängig von Religion oder Weltanschauung, unabhängig von Berufsstand (auch Studierende, Auszubildende, Arbeitslose)
Welche Themen fallen unter Betriebsseelsorge? Alles, das mit dem Arbeitsbereich zu tun hat (Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Neuorientierungen/Job-Verlust oder Mobbing)
Michael Kafka ist unter der Telefonnummer 0175 - 225 12 75 oder per E-Mail unter mkafka@ebmuc.de erreichbar. Über seine Arbeit kann man sich auf Instagram oder Facebook unter dem Titel „menschen.wuerdig.arbeiten“ informieren.
Er beobachte auch, dass es den meisten Betroffenen leichter falle, über einen Burnout zu sprechen, als über Mobbing am Arbeitsplatz oder Beziehungsprobleme. „Besonders Männer trauen sich oft nicht“, sagt Kafka. „Aber auch mal Schwäche zu zeigen, sollte honoriert werden, denn es kämpft fast jede Person einmal in ihrem Leben mit psychischen Problemen“, erklärt der Betriebsseelsorger. Das liege neben dem Leistungsdruck auch am Trauma des Zweiten Weltkriegs, das an die heutige Generation weitergeben wurde. „Während des Kriegs waren viele auf sich gestellt und mussten mit Problemen alleine klarkommen“, sagt er. Die Kapazitäten, dass sich jemand gekümmert hätte, hätten schlichtweg gefehlt.
Heutzutage gebe es in manchen, meist größeren Betrieben, sogenannte Social- oder Mental-Coaches, die auch auf psychische Gesundheit am Arbeitsplatz eingehen würden, sagt Kafka. Kleinere Betriebe hingegen könnten sich solche Angebote oft nicht leisten. Ein weiterer Trugschluss: die familiäre Stimmung im Unternehmen. „Das ist natürlich ein schönes Arbeitsumfeld, aber es kann keine psychischen Probleme erkennen und lösen“, warnt Kafka. Dafür brauche es professionelle Hilfe – wie in der Sprechstunde im Bürgerbahnhof.