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Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Bagger?

Begehrter „lost place“: Warum der Abbruch des Umspannwerks in Wasserburg für Streit sorgt

Blick ins Umspannwerk: Hier dürfen sich auf Einladung von Katrin Meindl, Vorsitzende der Künstlergemeinschaft Ak 68 in Wasserburg, Kreative austoben. Auch Bands machen hier Musik.
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Blick ins Umspannwerk: Hier dürfen sich auf Einladung von Katrin Meindl, Vorsitzende der Künstlergemeinschaft Ak 68 in Wasserburg, Kreative austoben. Auch Bands machen hier Musik.

Wasserburg stellt zum zweiten Mal einen „lost place“ für Kreative zur Verfügung, wo sie sich nach Herzenslust austoben können. Doch auch das ist typisch für diese Industriebrachen: Irgendwann kommt der Abriss. So auch beim Umspannwerk. Warum diese Tatsache für Streit sorgt.

Wasserburg – Wasserburg bekommt einen neuen Wertstoffhof. Die alte, viel zu kleine und nicht mehr zeitgemäße Anlage in der Altstadt soll umziehen in einen Neubau an der Priener Straße. Dafür muss hier das ehemalige Umspannwerk, das die Stadt gekauft hat, abgerissen werden. Bis es soweit ist, dürfen die Künstlergemeinschaft AK 68 die Ruine für Kunstprojekte Street-Art nutzen, hier Workshops stattfinden und Bands proben. Ein idealer Raum für Kreative und Musiker – weitab von der nächsten Wohnsiedlung stören sie hier niemanden und können sich so richtig ausleben. Das ist der Industriebrache auch anzusehen: Die Graffiti-Kunst am Mauerwerk sticht ins Auge. Vielen gefällt‘s.

Abrisskosten steigen

Doch die bunten Zeiten sind bald vorbei. Die Stadt möchte die Ausschreibung der Abbrucharbeiten vorbereiten. Dazu benötigte sie einen Grundsatzbeschluss des Stadtrates. Die Zeit drängt, sagt Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann: Die Abbruchkosten explodieren, nannte sie als Grund. 2018 war ein Gutachten von rund 226.000 Euro ausgegangen, im Juni 2023 waren es schon fast 360.000 Euro. Weitere Steigerungen werden erwartet, denn es steht eine Gesetzesänderung zur Rohstoffverwertung an, die erneut Auswirkungen auf die Kosten haben wird, kündigte Herrmann an. Nach dem Abbruch stehen außerdem Untersuchungen des Baugrunds an. Auch dafür benötigt die Stadt Zeit. Sie möchte so ausschreiben, dass in Frage kommende Unternehmen ein möglichst großes Zeitfenster für die Durchführung haben. Das helfe, die Kosten zu senken, so Bürgermeister Michael Kölbl (SPD). Das heißt konkret: Wenn ein Abriss zwischen Sommer und Jahresende möglich ist, kann es sein, dass die Bagger schon im Juli anrücken oder erst im Spätherbst.

Antrag: warten bis der Plan steht

Norbert Buortesch, Sprecher der bunten Fraktion aus Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg/ÖDP, forderte jedoch einen Aufschub. Denn im Umspannwerk würden derzeit drei Bands proben. Ihnen und weiteren Jugendlichen, die hier ungestört kreativ sein könnten, sollte das Gebäude so lange wie möglich erhalten bleiben. „Das ist die billigste Jugendförderung, die es gibt.“ Noch stehe die Planung für den Wertstoffhof nicht, die Abbruchentscheidung komme deshalb zu früh. Buortesch befürchtet, dass es nach dem Abriss eine längere Zeit des Stillstands ohne Bautätigkeiten gibt. Das wäre ein fatales Signal für die Jugend, die sich dann frage, warum sie das Gebäude schon habe verlassen müssen.

„Niemand soll vertrieben werden“, betonte Heike Maas, Fraktionsvorsitzende von CSU/Wasserburger Block. Doch die Vorbereitung des Abbruchs sei jetzt notwendig, nicht nur aus Sorgen weiter steigender Kosten. „Wir brauchen den neuen Wertstoffhof“. An ihm hängt außerdem ein weiteres Großprojekt: Sobald die Recyclinganlage aus der Altstadt weggezogen ist, kann die Grundschule erweitert werden. Auch hier drängt die Zeit, den 2026 kommt die verbindlich anzubietende Ganztagsschule.

Warnung vor einer „weiteren Ehrenrunde“

Kämmerer Konrad Doser warnte ebenso wie Bürgermeister Kölbl eindringlich vor Verzögerungen bei der Vorbereitung des Abrisses. Die Planungsphase des Wertstoffhofes habe sich bereits durch weitere Forderungen an das Gebäude verlängert. Eine weitere „Ehrenrunde“ könne der Stadt teuer zu stehen kommen. Kölbl bedauerte, dass genau das eingetreten sei, was befürchtet worden sei, als die Stadt den Mietvertrag mit den Nutzern des Umspannwerks verlängert habe: „dass die unterschiedlichen Nutzungen gegeneinander ausgespielt und unfair verknüpft würden.“ Nach dem Motto: Die Jugend muss raus, weil die Bagger kommen. Das Unverständnis sei nachvollziehbar, so Friederike Kayser-Büker, Fraktionsvorsitzende der SPD, doch das Nutzungsende komme nicht unerwartet, sondern sei bekannt. In der Tat war die Tatsache, dass der Mietvertrag nicht noch einmal verlängert werden kann, darin aufgenommen worden. Die aktuelle Diskussion sei emotional, obwohl es um sachliche Themen gehe, warnte Kayser-Büker. Georg Machl (CSU) war richtig verärgert über Buorteschs Vorstoß: Die Stadt solle sich auf ihre Pflichtaufgaben konzentrieren, nämlich einen modernen Wertstoffhof zu bauen. Die Abbruchkosten würden drohen, zu explodieren, „konzentrieren wir uns darauf, das zu verhindern, verdammt noch mal“. Wolfgang Janeczka (SPD) stieß ins gleiche Horn. „Bizarr“ nannte der die Diskussion. Die Bedürfnisse von drei Bands würden über die Bedürfnisse von 13.000 Einwohnern gestellt.

„Wollen keine Verzögerung“

Josef Baumann, Freie Wähler, sprang Buortesch in die Bresche. Es reiche, den Abbruch auszuschreiben, wenn es konkrete Pläne für den Wertstoffhof gebe. „Seid froh, dass ihr das Geld jetzt noch nicht ausgeben müsst“, fand er. Private Bauherren würden es auch schaffen, mit einem Abriss bis zum letztmöglichen Zeitpunkt zu warten, „nur wir als Stadt schaffen das mal wieder nicht“. Buortesch betonte mit Nachdruck: „Wir wollen die Planung für den Wertstoffhof nicht verzögern. Wir wollen auch nicht den Bau und die Erweiterung der Grundschule verzögern. Wir wollen nur, dass erst dann mit dem Abriss begonnen wird, wenn die Planung steht.“

Sein Antrag wurde mit 19 Nein- und vier Ja-Stimmen von Buortesch (Bürgerforum), Edith Stürmlinger (Bürgerforum), Josef Baumann (Freie Wähler) und Christian Flemisch (ÖDP) abgelehnt.

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