Hasskriminalität: Lesung in Wasserburg
„Aufgeheizte Stimmung“: Wie Kabarettist Christian Springer „Gewalt gegen Politiker“ entgegentritt
Anfeindungen, Hass, Hetze, Angriffe: Kabarettist Christian Springer ist fassungslos über die zunehmende Gewalt gegen Politiker. Bei einer Lesung in Wasserburg will er auf die neue Aggressionsbereitschaft aufmerksam machen. Was er fordert, um der Hasskriminalität entgegenzutreten.
Wasserburg – Er ist bekannt für eine klare Meinung, satirische Bemerkungen und harte politische Statements: Kabarettist Christian Springer. Mit seinem neuen Buch „Bayerischer Mob – wie die Gewalt in die Politik einzog“ kommt der gebürtige Münchner am Mittwoch (25. September) für eine Lesung in den Gimplkeller nach Wasserburg.
Im Gepäck: Fassungslosigkeit über die politische Entwicklung im Land. „Im vergangenen Jahr gab es über 2.800 Angriffe – tätlich oder verbal – auf Politiker, über 1.200 davon betrafen die Grünen“, sagt Springer im Gespräch mit der Redaktion. Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sprach im Innenausschuss des Landtags, 2023 seien über 1.350 Straftaten registriert worden, bei denen Mandatsträger betroffen gewesen seien.
Bei einer Attacke war der Kabarettist selbst dabei. „Ich bin nach einer Rede über Demokratie von der Bühne gegangen, da habe ich gesehen, wie ein Mann einen armdicken Stein nach Katharina Schulze und Ludwig Hartmann von den Grünen geworfen hat. Er hat sie nicht getroffen, aber das hätte ganz böse ins Auge gehen können“, zeigt sich Springer noch heute fassungslos über die Situation, die er während des Landtagswahlkampf 2023 erlebt hat. „Ich dachte, dass sich die aufgeheizte Stimmung nach der Wahl wieder legt, dem war aber nicht so“, bedauert er.
Würzburg, München, Landshut, Holzkirchen
So habe ihn dieses Erlebnis dazu angeregt, das Buch zu schreiben. Dabei konzentriere er sich nur auf Bayern, denn das Bundesland sei groß genug. „Würzburg, München, Landshut, Holzkirchen: überall gibt es politisch motivierte Vorfälle. Das Werk soll auf die Region bezogen sein. Vielleicht kennt man sogar den ein oder anderen Politiker selbst, der einen Angriff erlebt hat. So versteht man es besser, kann sich damit identifizieren“, ist Springer überzeugt.
Der Kabarettist verstehe die politische Unzufriedenheit der Leute. „Ich selbst habe als Student bei einem Besuch auf dem Nockherberg zwei Eier auf den ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß geworfen – getroffen habe ich ihn nicht“, erzählt er. Strauß sei damals „unsäglich“ mit den Studierenden umgesprungen, darüber habe sich Springer maßlos geärgert. Die Quittung bekam er hinterher: „5.000 Mark Strafe – das war damals eine horrende Summe – und der Staatsschutz hat mein Studium beendet.“
Aber er finde, dass das Eierwerfen nicht vergleichbar sei mit den Attacken auf Politiker heutzutage: „Da gibt es gravierende Unterschiede. Ich habe überhaupt kein Verständnis für die unfassbare Anzahl von Attacken – vor allem gegen Repräsentanten der Ampel-Parteien – die deutlich extremer sind als früher. Die Vorfälle gehen von tätlichen Übergriffen bis zum Mordversuch“, zeigt sich der Kabarettist entsetzt über die derzeitige Situation.
„Die Regierung ist vom Volk gewählt worden. Das haben wir mit einem Kreuz auf dem Wahlschein so entschieden. So funktioniert Demokratie nun mal“, betont er. „In anderen Ländern gehen die Leute auf die Straße, um sich zu erkämpfen, was wir schon haben: Freiheit. Wir dürfen uns zu allem äußern. Über unser Land zu sagen: ‚Wir sind eine Diktatur‘ ist einfach unsäglich“, schimpft er.
„Bayerischer Mob – wie die Gewalt in die Politik einzog“
„Bayerischer Mob – wie die Gewalt in die Politik einzog“: Das neue Buch von Christian Springer wurde am 30. Mai 2024 im Lustspielhaus München vorgestellt. Mitautoren sind Bautechnikerin Kerstin Schweiger, die auch bei der Lesung in Wasserburg dabei sein wird. Weitere Autoren sind: Teresa Reichl, Prof. Dr. Michael Sterner, Hans Well, Prof. Dr. Reng, Karl Stankiewitz, und im Interview der leitende Kommissar für polizeilichen Staatsschutz.
Das Buch ist erschienen im cs.wort Verlag München und kostet 19 Euro. Bestellung per E-Mail an: bestellung.cswort@gmail.com, ISBN: 978-3-9818358-6-1.
Er finde auch das Verhalten von Markus Söder im Hinblick auf die politisch motivierten Attacken falsch. Der Bayerische Ministerpräsident würde die Empörung der Grünen als „Mimosenhaftigkeit“ abtun. „Das ist ein Herunterspielen von Gewaltbereitschaft“, kritisiert Springer. „Wir müssen diesem Problem Hand in Hand entgegentreten“, fordert er.
„Das ist nur Hetze“
Auch Hubert Aiwangers Aussage, dass Rotgrün Schuld wäre an der Wählerzunahme der AfD, sei falsch. „Das ist nur Hetze und soll von den echten Problemen ablenken: Die Alters- und Kinderarmut nimmt immer weiter zu, die Schulen sind marode, sowie die Infrastruktur. Viele Medikamente waren im vergangenen Winter nicht zu bekommen“, sagt der 59-Jährige. „Diese Problematiken müssen angegangen werden. Es nützt nichts, der Ampel-Partei den Schwarzen Peter zuzuschieben“.
Trotz aller Ernsthaftigkeit werden die Wasserburger bei der Lesung auch etwas zum Schmunzeln bekommen. „Es gibt keinen Springer, der nicht auch Humor hat“, so der Kabarettist. Gemeinsam mit der Co-Autorin des Buchs, Kerstin Schweiger, mit der er sich „ganz toll“ ergänze, können sich die Gäste auf einen sicherlich politischen, aber auch kurzweiligen Abend freuen.
„Buch trifft Bühne“ mit Christian Springer
Das Bündnis „Wasserburg.bunt“ mit Schirmherr Michael Altinger lädt am Mittwoch, 25. September, zu einer Lesung mit Christian Springer unter dem Motto „Buch trifft Bühne“ in den Gimplkeller nach Wasserburg ein. Springer liest zusammen mit Co-Autorin Kerstin Schweiger aus ihrem gemeinsamen aktuellen Titel „Bayerischer Mob – wie die Gewalt in die Politik einzog“.
In dem Buch geht es um die sich häufenden körperlichen Übergriffe auf Politiker. Das Buch enthält Essays von Teresa Reichl (Kabarettistin), Professor Dr. Michael Sterner (Energieexperte), Hans Well (Musikkabarettist und Autor), Professor Dr. Reng (Chefarzt am Klinikum Landshut) und Karl Stankiewitz (Journalist) sowie ein Interview mit dem leitenden Kommissar für polizeilichen Staatsschutz. Karten gibt es in der Buchhandlung Herzog. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr, Einlass ist ab 19 Uhr.
