„Demokratie-Küche“ im Jugendtreff
Kochen statt diskutieren: So soll Jugendlichen in Wasserburg Politik schmackhaft gemacht werden
Politische Bildung mal anders: Das gibt es im Jugendtreff „Innsekt“ in Wasserburg. In der„Demokratie-Küche“ soll den Heranwachsenden Politik schmackhaft gemacht werden. Wie das Ganze abläuft und warum die Gespräche zu Beginn schwieriger waren, als gedacht.
Wasserburg – Es ist Freitag. Im Jugendzentrum Innsekt in Wasserburg ist das der Wochentag, an den am meisten los ist. Normalerweise trifft man die Heranwachsenden beim Zocken im Computer-Raum – also beim Spielen von Online-Games, bei der Tischtennisplatte oder am Billard-Tisch oder sie sitzen auf den Couchen und schauen in ihre Smartphones. Und das war auch am vergangenen Freitag (10. Januar) der Fall. Anders als sonst war jedoch, dass drei Jugendliche mit drei Jung-Politikern in der Küche standen und Kartoffeln schälten und Gemüse klein schnitten. Grund dafür war der Auftakt einer Veranstaltungsreihe namens „Demokratie-Küche“.
Beim Kochen über Politik reden
Damit soll den Jugendlichen Politik näher gebracht werden, erklärt Daniel Thiele, der mit Tanja Ganser den Jugendtreff in der Wasserburger Altstadt leitet. „Durch das gemeinsame Kochen soll ein ungezwungener Austausch entstehen. Das ist bei Events wie beispielsweise Podiumsdiskussionen eher nicht der Fall“, weiß Thiele. Hier erhoffen sich die beiden Sozialpädagogen, dass die Heranwachsenden mit Politikern in Berührung kommen. „Denn das sind auch normale Menschen“, sagt Thiele.
Anlass für die Veranstaltung sei die bevorstehende Bundestagswahl – auch wenn die meisten Heranwachsenden im Treff noch nicht wählen dürften. „Für Jugendliche wird zum Thema Politik allgemein zu wenig angeboten“, findet Thiele. Teenager sollen sich bei der „Demokratie-Küche“ ernst genommen fühlen. Dafür haben die Sozialpädagogen Fragen der Jugendlichen gesammelt, die sie im Laufe der Veranstaltung den eingeladenen Jung-Politikern stellen wollen. Die Heranwachsenden interessieren sich laut Thiele für Themen wie Mietpreise, Führerschein, Bildungschancen und Einschränkung von sozialen Medien.
Die politischen Jugend-Organisationen wären von der „Demokratie-Küche“ sofort begeistert gewesen, sagt Thiele. Beim Auftakt mit den Jusos haben die Sozialpädagogen jedenfalls schnell freiwillige Helfer für die Küche gefunden. Aus Karotten, Kartoffeln, Champignons, Brokkoli und Kokosmilch wollen die jungen Sozialdemokraten an diesem Abend ein rotes Curry kochen.
Charlotte Jablowsky, stellvertretende Vorsitzende der Jusos Rosenheim-Land, findet die Idee der „Demokratie-Küche“ super. Die 28-Jährige ist gemeinsam mit dem Vorsitzenden Elias Kargl (32) und Reka Molnar, der Direktkandidatin der SPD für den Wahlkreis Rosenheim, ins Innsekt gekommen. „Demokratie zu stärken ist etwas, das wir dauerhaft fördern wollen“, sagt die 24-Jährige.
Ein „lockeres Format“
Auch Matthias Eggerl, Kreisvorsitzender der Jungen Union Rosenheim-Land und Vorsitzender des Sprecherrates des Rings politischer Jugend in Rosenheim, zeigt sich begeistert von der Aktion. „Im Gegensatz zu einer Podiumsdiskussion ist die Demokratie-Küche ein anderes und lockeres Format“, erklärt er auf Anfrage. So könnten Jugendliche Politiker persönlich kennenlernen und direkt Fragen stellen. „Zudem hätten die Heranwachsenden dann einen Ansprechpartner aus der Region.“ Denn dass sich die Jugend nicht für Politik interessieren würden, ist laut Eggerl nicht wahr. Die Hemmschwelle, mit politischen Akteuren in Kontakt zu treten, sei nur sehr hoch. „Mit der Demokratie-Küche wird sie aber stark gesenkt“, findet Eggerl.
Die Hemmschwelle niedriger anzusetzen, das wollen auch die Jusos beim Kochen im Jugendtreff. Während Jablowsky und Kargl in der Küche das Gemüse schneiden, versuchen Molnar und der Jugendtreffleiter mit den Heranwachsenden ins Gespräch zu kommen. Das entpuppt sich zu Beginn jedoch als schwierig. Nach wenigen Minuten haben die drei Jungs auf der Couch das Interesse scheinbar wieder verloren. Denn während Molnar die Fragen von Thiele zum Thema Medienkompetenz beantwortet, schauen die Heranwachsenden aufs Handy.
Später gesellt sich auch Kargl zu der Gruppe. Die Jungs sind mittlerweile aufgestanden und woanders hingegangen. Die beiden Mitglieder der Jusos unterhalten sich mit Thiele, der die Ansichten dieser Organisation auf einen Zettel notiert. Die Veranstaltung hat jedoch erst begonnen und die jungen Politiker haben noch über zwei Stunden Zeit, das Curry fertig zu kochen und sich mit den Teenagern zu unterhalten.
Wie das Angebot von den Heranwachsenden weiterhin angenommen werde, werde sich erst zeigen, meint Thiele. Auch bei der Jungbürgerversammlung in Wasserburg wurde deutlich, dass sich ein neues Programm bei den Jugendlichen erst einmal etablieren muss. Dort hat das Interesse erst nach und nach zugenommen.
Freitags ist „Demokratie-Küche“
Für die „Demokratie-Küche“ im Jugendtreff „Innsekt“ in Wasserburg kommen an allen Freitagen bis zur Bundestagswahl Mitglieder von verschiedenen Jugend-Parteien. Den Anfang haben am 10. Januar die „Jusos“ (SPD) gemacht. Am 17. Januar kommen die „Jungen Liberalen“ (FDP). Weiter gehts am 24. Januar mit der „Grünen Jugend“ (Bündnis 90/Die Grünen) und am 31. Januar mit der „Jungen Union“ (CSU). Die Woche darauf, am 7. Februar, kommen junge Vertreter der ÖDP. Am 14. Februar kommt ein „Special Guest“ und als Letztes kocht die „Linksjugend“ (Die Linke) am 21. Februar. Die AfD hätten die Verantwortlichen nicht eingeladen, da sie derzeit keine Jugendorganisation hätten, erklären die beiden Jugendtreffleiter Tanja Ganser und Daniel Thiele.


