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Parteinachwuchs schließt sich zusammen

Politische Jugend im Landkreis Rosenheim: „Wir stehen für eine faire Streitkultur“

Sitzen in einem Boot: Die Sprecher des Rings politischer Jugend (von links): Helmut Freund, Vorsitzender Matthias Eggerl, Lucas Rothstein, Patricia Peters und Antonia Heil.
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Sitzen in einem Boot: Die Sprecher des Rings politischer Jugend (von links): Helmut Freund, Vorsitzender Matthias Eggerl, Lucas Rothstein, Patricia Peters und Antonia Heil.

Sie sind jung, politisch interessiert, engagiert – doch ihre Standpunkte zu manchen Themen gehen auseinander. Trotzdem: Vertreter der politischen Nachwuchsorganisationen im Landkreis haben sich zum Ring politischer Jugend (RPJ) zusammengeschlossen. Was sie antreibt, erläutern sie im Interview.

Wasserburg/Landkreis – Zum Interview mit den OVB-Heimatzeitungen treffen sich die Sprecher des Rings politischer Jugend im Landkreis an einem symbolträchtigen Ort: Matthias Eggerl (25, Student und Fahrschullehrer aus Rott, Junge Union), Lucas Rothstein (21, Student aus Schechen, Jusos), Antonia Heil (26, Studentin aus Rosenheim, Grüne Jugend), Patricia Peters (16, Schülerin aus Kolbermoor, Junge Liberale) und Helmut Freund (31, Brandschutztechniker aus Frasdorf, Jungbayernbund) setzen sich am Inndamm gemeinsam in ein Boot.

Was war Auslöser dafür, den Ring politischer Jugend zu gründen? Wer hatte die Idee – und war viel Überzeugungsarbeit vonnöten?

Matthias Eggerl: Schon die Idee ist gemeinschaftlich entstanden. Wir haben uns regelmäßig bei Stammtischen getroffen, so näher kenngelernt und beschlossen, unsere Zusammenarbeit in eine Organisationsform zu gießen, um auch gemeinsam aktiv werden zu können – etwa durch Veranstaltungen. Auslöser für mich war jedoch ein Politik-Slam im Wasserburger Jugendzentrum Innsekt, veranstaltet zur Europawahl. Ich fand es super interessant, die Mitbewerber kennenzulernen. Es war ein Schlüsselmoment für mich, zu erleben, wie eine gesunde Streitkultur aussehen kann.

Lucas Rothstein : In der Tat kennen wir uns ja schon und wir haben festgestellt, dass wir ein gemeinsames Ziel haben: mehr junge Leute für die Politik zu interessieren. Der Ring politischer Jugend soll dafür eine neutrale Plattform bieten. Darüber waren wir uns schnell einig.

Was wollen Sie erreichen?

Helmut Freund: Wir wollen dazu beitragen, den politischer Mitbewerber besser kennenzulernen. Denn uns eint mehr, als uns trennt: Wir wollen die Botschaft vermitteln, dass auch junge Leute politisch etwas bewegen können.

Antonia Heil: Viele junge Leute glauben leider, die Politik hört sie nicht. Politik und Jugend, das ist – dieser Eindruck hat sich noch verstärkt in der Pandemie – in den Augen vieler nicht vereinbar. Wir zeigen, dass es das sehr wohl ist.Wir wollen hörbar werden, Präsenz zeigen und beweisen: Junge Menschen haben durchaus eine Chance, mitzugestalten. Ich bin dafür ein gutes Beispiel: Mit 26 Jahre bin ich Sprecherin der Grünen in der Stadt Rosenheim.

Doch allgemein wird von einer Politikmüdigkeit gesprochen. Auch junge Leute würden sich eher projektbezogen engagieren als politisch binden.

Patricia Peters: Das glaube ich nicht, ich denke, es ist sogar einfacher geworden, junge Menschen zu interessieren. Fridays for Future hat doch eindringlich bewiesen: Junge Leute sind grundsätzlich durchaus bereit, mitzuwirken. Der Klimaschutz ist ein jugendspezifisches Thema, das uns junge Leute eint.

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Doch lassen sich junge Menschen auch bewegen, sich aktiv in einer Partei einzubringen?

Rothstein: Das ist natürlich nach wie vor eine große Hürde. In eine Partei tritt es sich nicht so leicht ein wie in die Feuerwehr. Doch die Klimadebatte hat gezeigt: Es gibt Fridays-for-Future-Aktivisten, die diesen Schritt gehen.

Peters: Ich finde es wichtig, dass wir im Ring politischer Jugend deutlich machen, die Mitarbeit in einer Partei heißt nicht gleich, dass ich in die große Politik will oder muss. Nicht jeder von uns wird Kanzlerin. Politik ist in erster Linie Ehrenamt. Es geht um lokale oder regionale Themen. In der Schule lernen wir halt vor allem die bundespolitische Sicht, schade. Dabei ist Politik viel mehr – und ganz nah an unserer Lebenswirklichkeit. Das zu vermitteln, haben wir uns vorgenommen.

Eggerl: Der Ring politischer Jugend gibt die Chance, überparteilich heranzuführen an politische Themen – etwa bei gemeinsamen Veranstaltungen. Wir wollen zeigen: Reinschnuppern heißt nicht, sofort verpflichtet zu werden, an der nächsten Sitzung der Jungen Union teilnehmen zu müssen.

Sie wünschen mehr Dialog und Austausch, doch uns steht ein Bundestagswahlkampf mit harten Bandagen ins Haus, bei dem viele Beteiligten versuchen werden, zu polarisieren und lautstark auf sich aufmerksam zu machen. Wie werden Sie damit umgehen?

Heil: Wir haben uns vorgenommen, uns nicht mit Argumenten unter der Gürtellinie zu begegnen. Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, einen politischen Diskurs zu führen. Der kann auch hart sein, aber wir werden uns an einem unschönen Wahlkampf, wie er sich jetzt schon vor allem im Netz andeutet, nicht beteiligen.

Rothstein: Demokratie heißt schließlich nicht, dass ich mich alleine mit meiner Position durchsetze. Demokratie ist Kompromissbereitschaft.

Freund: Genau, die Zusammenarbeit im Ring politischer Nachwuchsorganisationen lehrt auch, was ebenfalls wichtig ist: Diplomatie.

Peters: Außerdem wollen wir nicht die anderen belehren.

Eggerl: Wahlkampf darf polarisieren. Das ist ja das Spannende. Doch wir werden die Meinung der anderen akzeptieren und wollen zeigen, dass es eine gute Debattenkultur geben kann - hart in der Sache, aber menschlich fair.

Freund: Bei unseren Veranstaltungen – ob in Präsenz oder digital – werden wir uns auf Augenhöhe begegnen. Wir werden uns nicht hinter anonymen Profilen im Netz verstecken.

Was hat Ihnen persönlich die Zusammenarbeit bisher gebracht?

Peters: Wir lernen voneinander. Ich kann von mir sagen, dass ich schon einen ganz anderen Blick auf die anderen Parteien habe. Zur Bayernpartei hatte ich vorher keinen richtigen Draht . Im Ring politischer Jugend habe ich sie kennengelernt und stelle fest: Das sind auch ganz coole Leute.

Heil: Ich finde es auch wichtig, über den politischer Tellerrand hinauszuschauen. Wir leben ja alle in einer Parteienblase. Das gilt auch für uns Grüne.

Rothstein: In der Auseinandersetzung mit dem politischen Mitbewerber lerne ich, wo meine Argumente Schwächen haben. Das fällt mir nicht auf, wenn ich mich nur unter Meinesgleichen austausche.

Freund: Ich nehme auch viel mit aus unseren Diskussionen. Ich lerne die Sichtweisen der anderen Jugendorganisationen besser kennen und erweitere dabei auch meinen eigenen politischen Horizont.

Es gibt Themen, da gehen die Positionen weit auseinander. Beispiel: Klimaschutz, Vermögenssteuer, Coronapolitik. Wie gehen Sie damit um?

Freund: So weit liegen wir oft gar nicht auseinander. Das große Ziel ist bei allen das Gleiche, nur die Herangehensweisen sind unterschiedlich. Unser aller Wunsch ist es, dass es der Region gut geht.

Würden Sie auch die Jugendorganisation der AfD aufnehmen?

Eggerl: Nein, wir haben uns bei der Zusammensetzung am RPJ Bayern orientiert. Wir wollen auch grundsätzlich keine Organisationen der extremen Ränder aufnehmen. Das gilt für links ebenso wie für rechts. Unsere Mitglieder sind Vertreter der gemäßigten Mitte.

Peters: Wir wollen ja für die Politik und eine faire Debattenkultur sensibilisieren. Das geht nicht mit verfassungsfeindlichen Positionen, wie sie zum Teil die junge Alternative vertritt.

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