Lebenshilfe mit Augenzwinkern
„Wir brauchen das Tamtam“: Warum Kabarettist Michi Altinger ein „Weihnachts-Freak“ ist
Er sagt von sich, er sei ein „Weihnachts-Freak“. Der Heiligabend ist für Kabarettist Michi Altinger der emotionalste Tag im Jahr. Denn Weihnachten ist sogar der Grund, warum er Kabarettist wurde, verrät er uns. Ein Gespräch über kindliche Erwartungen und die Freude am „Tamtam“ – mit Tipps für mehr Gelassenheit.
Wasserburg/Eiselfing – Michi Altinger ( „Schlachthof“) ist so vernarrt in Weihnachten, dass er darüber sogar ein Buch geschrieben hat: „Auch das Christkind muss dran glauben.“ Eine „total verlogene Biografie“ und ein Ratgeber zugleich, wie der Kabarettist aus Eiselfing ( „Montagsbrettl“) betont. Wir haben mit Altinger über das Fest der Liebe gesprochen. Schließlich nimmt er von sich in Anspruch, der Weihnachts-Experte zu sein.
Herr Altinger, Sie sagen von sich, Sie seien ein Weihnachts-Freak. Warum lieben Sie Weihnachten so sehr, dass sie ganz vernarrt in das Fest sind? Und wie äußert sich diese Leidenschaft?
Altinger: Ich erliege nach wie vor der kindlichen Überzeugung, dass mit Weihnachten alles gut ist. Innerer Frieden, äußerer Frieden. Es ist quasi eine sehr gut funktionierende Form von Eskapismus. Und je schlimmer die Welt wird, umso wichtiger wird deshalb die Weihnachtszeit. Ich entspanne mich und manchmal werde ich dann krank.
Die Erwartungen halten ja in der Regel der Realität nicht stand. Warum können wir nicht locker in den Heiligabend starten, ganz ohne viel Tamtam?
Altinger: In meinem Freundeskreis gibt es immer mehr Leute, die das Schenken abschaffen. Spätestens, wenn die Kinder groß sind. Wir nehmen uns das jedes Jahr zu Weihnachten vor, fürs nächste Jahr. Aber scheinbar brauchen wir dann doch wieder das Tamtam, um Weihnachten so aussehen zu lassen, wie wir es lieben. Das macht uns dann locker. Bei uns gilt: keine Lockerheit ohne Tamtam.
Wie gehen Sie mit dem Erwartungsdruck um? Versuchen Sie, ihn zu erfüllen oder ignorieren sie ihn?
Altinger: Ganz ehrlich: Ich habe in der Vorweihnachtszeit so viel beruflichen Druck, dass der weihnachtliche Druck eher wenig Chancen hat. Da muss ich nicht viel ignorieren.
Zu Weihnachten gibt es bekanntlich ja auch oft Streit unter dem Tannenbaum. Nehmen Sie als Komiker und Satiriker solche Auseinandersetzungen mit Humor?
Altinger: Tatsächlich gab´s bei uns noch nie Streit unterm Tannenbaum. Außerdem stehen wir gar nicht unterm Tannenbaum, sondern davor. Unterm Tannenbaum steht bei uns die Krippe. Ich weiß nicht, ob’s da zwischen Maria und Josef schon mal eine Auseinandersetzung gab. Josef: „Maria, Du starrst immer nur das Kind an. Huhu, ich bin auch noch da!“ Maria: „Sei still und wechsle die Windel!“ Josef: „Ach, ich jetzt wieder. Dafür bin ich also gut genug!“…. Das könnt ich mir gut vorstellen.
Wie feiern Sie denn daheim Weihnachten? Was gibt es zu essen, liegen viele Geschenke auf dem Gabentisch, geht es gar in die Kirche zur Christmette?
Altinger: Es kommt die ganze Familie in unserem Haus zusammen. Es wird gesungen, es wird geherzt, es wird Geschenkpapier zerfetzt und dann gibt’s „heißen Stein“ und man isst und trinkt, bis die ersten einschlafen. Dann trägt man sich gegenseitig ins Bett und hofft, dass bald die Vier-Schanzen-Tournee beginnt.
Glauben wir Ihrem Weihnachtsbuch „Auch das Christkind muss dran glauben“ spielen bei Ihnen daheim auch Domino-Steine, ein heißer Stein und eingeschlafene Füße eine Rolle an den Festtagen. Was hat es damit auf sich?
Altinger: Da ist der „heiße Stein“ das Einzige, was bis heute überlebt hat. Die Domino-Steine sind ein Relikt aus meiner Kindheit in den 70er Jahren. Mein Bruder hat diese Steine tagelang aneinandergereiht und irgendwann musste die ganze Familie kommen und Zeuge sein, wie er das letzte Steinchen umwarf und darauf alle Steine umfielen. Ich war neidisch auf die große Aufmerksamkeit, die er damit erfahren hat. Um das auszugleichen, wurde ich Kabarettist.
Sie nennen Ihre Weihnachtslesung, die Sie auch in Wasserburg im Gimplekeller gehalten haben, „total verlogen – mit einem wahren Kern“. Was denken Sie, warum neigen wir dazu, unser Fest in Erzählungen viel idyllischer darzustellen, als es in der Wirklichkeit war oder ist?
Altinger: Ich glaube, dass wir allgemein zu Übertreibungen neigen, wenn es um das wichtigste Fest des Jahres geht. Das muss nicht nur in die idyllische Richtung gehen. Ich kenne auch grausame Weihnachtsgeschichten, die sicherlich vom Erzähler, mit der ein oder anderen Zusatz-Katastrophe ausgeschmückt wurden, um den Zuhörer besser zu unterhalten.
Noch einmal zu Ihrem Buch: Sie sagen, es sei eine Art Lebenshilfe, mit der die Krisen im Fest der Liebe bewältigt werden könnten. Welchen wichtigsten Rat haben Sie denn für unsere Leser? Wie kommen wir gut durch die Festtage, ohne Familienkrieg, verdorbenen Magen und Stress?
Altinger: Unbedingt Pausen machen. Hinlegen, frische Luft schnappen und wenn alles nichts mehr hilft: Einfach vom Christbaum ein Asterl abzwicken und sagen: „Nimm das, Du böses Weihnachten!“
