„Sowas macht man ja gern“
„Suche Handy für Obdachlosen“: Kolbermoorer löst bewegende Welle der Hilfsbereitschaft aus
Mit so viel Hilfe hatte ein 43-Jähriger nicht gerechnet, als er für einen Obdachlosen ein Smartphone suchte. Doch über die sozialen Netzwerke erfuhr er überraschende Unterstützung. Was hinter der eigentlichen, bewegenden Geschichte steckt.
Kolbermoor – Dass Internet-Foren nicht nur Schauplatz für Hetze und beleidigende Diskussionen sein müssen, zeigte kürzlich ein eindrucksvolles Beispiel aus Kolbermoor. „Das hat mich ehrlich gesagt echt überrascht“, sagt Arne S. und freut sich über die große Anteilnahme und Hilfsbereitschaft, die er mit einer einfachen Frage binnen kurzer Zeit ausgelöst hatte. Über die sozialen Netzwerke wollte der 43-Jährige kürzlich einen Aufruf verfassen, in dem er nach einem Handy für einen Obdachlosen suchte. Das Ergebnis der Anfrage: überwältigend. Doch wie kam es überhaupt zu dieser besonderen Aktion?
Der Systemadministrator, der seit einigen Jahren in Großkarolinenfeld lebt, kommt eigentlich aus Kolbermoor. Dort hat seine Familie immer wieder Kontakt zu einem Obdachlosen. „Bereits im Dezember hat mein Bruder mich und meinen Neffen gefragt, ob wir helfen wollen, das Fahrrad eines Obdachlosen zu reparieren“, erzählt Arne S. Sein Bruder sei eines Tages im Bereich des Friedhofs Kolbermoor mit jenem Mann ohne festen Wohnsitz ins Gespräch gekommen.
Schon zuvor Obdachlosem geholfen
„Es hat sich herausgestellt, dass sein Fahrrad einen Platten hat. Er hat dort immer seine Tüten draufgepackt und schiebt das Fahrrad dann“, erinnert sich der 43-Jährige an die Aktion kurz vor Weihnachten. „Gesagt, getan. Zusammen haben wir das Fahrrad schnell ins Auto geschmissen und sind zu meinen Eltern gefahren, neuen Schlauch gekauft und montiert.“ Das Fahrrad habe sein Bruder dann ein paar Tage später dem auf der Straße lebenden Mann zurückgebracht. „Er hat sich riesig gefreut.“
Mitte Februar sei Arne S. nun wieder von seinem Bruder angesprochen worden. „Und zwar, ob ich mir mal das Handy des Obdachlosen anschauen kann.“ Dieser habe sich von einem Bekannten ein altes Handy samt Prepaidkarte gekauft. Jedoch wollte es nicht mehr richtig funktionieren. „Bei solch einer Technik-Frage konnte ich natürlich nicht nein sagen und habe mir das Handy samt Sim-Karte bringen lassen“, erzählt der Systemadministrator. Jedoch , aufgrund eines Defektes, ohne Erfolg.
„Jeder hat das Recht auf ein funktionierendes Telefon“
„Das Handy einfach so zurückgeben und zu sagen, es geht nicht – das wollte ich dann auch nicht“, sagt Arne S. Er grübelte und kam zu dem Entschluss, dass wohl genügend alte Handys in irgendwelchen Schubladen liegen, die ungenutzt „vergammeln“. Seine Idee: über eine Kolbermoorer Whatsapp-Gruppe freiwillige Spender ausfindig zu machen. Dort wiederum wurde er auf eine Kolbermoorer Facebook-Gruppe aufmerksam gemacht, über die er noch deutlich mehr Menschen mit seinem Anliegen erreichen konnte.
Der besagte dort gepostete Aufruf stieß dann tatsächlich schnell auf offene Ohren. „Wichtig ist, dass er in Notfällen telefonieren kann und erreichbar ist“, beschreibt Arne S. die Situation des Obdachlosen. Das Geld sei knapp, dennoch sollte jeder, besonders in dieser Situation, das „Recht haben, ein funktionierendes Telefon zu besitzen“, findet der 43-Jährige. Wenn man dann noch ein gutes Handy vorm Elektroschrott bewahren könne, sei jedem geholfen.
Welle der Hilfsbereitschaft
Und nach dieser Erklärung über Facebook ließen die ersten Hilfsangebote nicht lange auf sich warten. „Dass so viele Leute ihre alten Handys und auch gleich weitere Hilfe angeboten haben, finde ich echt super“, bilanziert Arne S. So konnte er aus den vielen „Angeboten“ sogar ein Handy in „absolut neuwertigem Zustand, komplett mit Ladekabel und sogar Hülle“ auswählen.
Der Spender, Herbert Mosner, wurde zuvor auf den Aufruf aufmerksam und entschloss sich kurzerhand zu helfen: „Ich habe das sehr gerne gemacht, ich hatte das Handy übrig“, sagt er dem OVB. Er finde es sehr wichtig, anderen Menschen zu helfen, insbesondere in dieser schweren Zeit.
43-Jähriger: „Sowas macht man ja gern“
Dirk V., Arnes Bruder, konnte das Smartphone nun an den Obdachlosen übergeben. Dieser habe sich äußerst dankbar gezeigt. Und: „Er hat sich gefreut wie ein Schnitzel.“ Was Arne S. besonders positiv überrascht: Sein Internet-Aufruf löste eine große Welle der Hilfsbereitschaft aus. Über die sozialen Netzwerke boten andere Kolbermoorer neben gebrauchten Handys auch noch weitere Unterstützung an. „Wird sonst noch etwas benötigt?“, schreibt etwa eine Userin unter den Handy-Aufruf, ein anderer Facebook-Nutzer bietet direkt Pullis oder T-Shirts an.
Ob der Obdachlose tatsächlich noch weitere Unterstützung gebrauchen kann und ob Arne S. diese über Facebook organisieren soll, sei derzeit noch unklar. „Leider hat mein Bruder ihn bisher noch nicht wieder gesprochen, da er auch viel unterwegs ist.“ Weitere Hilfe sei aber nicht ausgeschlossen. Der 43-Jährige kann jedenfalls zufrieden auf die Hilfsaktion blicken und sagt dazu bescheiden und knapp: „Sowas macht man ja gern“.