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„Schicksale, die einem nah gehen“

Altersarmut im Mangfalltal: Wenn das Geld nicht mehr für eine Tasse Kaffee reicht

Auch im Mangfalltal sind zahlreiche Senioren von Altersarmut bedroht. Darüber sprechen unter anderem Monika Wendrich, Ehrenamtliche des Vereins „LichtBlick“ (rechts oben), und Dieter Bräunlich, Seniorenbeauftragter in Bad Aibling.
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Auch im Mangfalltal sind zahlreiche Senioren von Altersarmut bedroht. Darüber sprechen unter anderem Monika Wendrich, Ehrenamtliche des Vereins „LichtBlick“ (rechts oben), und Dieter Bräunlich, Seniorenbeauftragter in Bad Aibling.

Ein Leben lang gearbeitet und trotzdem reicht die Rente hinten und vorne nicht. Auch im Mangfalltal leben viele ältere Menschen in Altersarmut. Was hinter den Schicksalen steckt und wer ihnen in der Not helfen kann.

Mangfalltal – Mal eben eine Tasse Kaffee in der Stadt trinken oder ein gutes Brot beim Bäcker kaufen? Für manche ältere Menschen ein undenkbares Szenario. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes sind in Deutschland über 20 Prozent der Frauen über 65 Jahren und rund 16 Prozent der Männer in der gleichen Altersgruppe von Armut bedroht. Oftmals reicht die Rente, trotz eines arbeitsintensiven Lebens, hinten und vorne nicht aus.

Das Problem ist freilich auch im Landkreis Rosenheim und nicht zuletzt im Mangfalltal existent. Thomas Waldvogel, Seniorenbeauftragter im Landratsamt, erklärte im vergangenen Jahr in einem Interview, dass es genaue Zahlen hierzu nicht gebe. Dennoch würden Themen wie Inflation und Preissteigerungen auch Senioren in der Region zu schaffen machen.

Dr. Suldinger: „Problem existiert natürlich“

Und genau das macht sich auch in den Mangfalltal-Kommunen bemerkbar. „Das Problem existiert natürlich“, sagt etwa Dr. Berthold Suldinger, Seniorenbeauftragter der Stadt Kolbermoor, auf OVB-Nachfrage. In den meisten Fällen schlügen diese Angelegenheiten dann jedoch eher im Sozialamt oder beispielsweise bei der Tafel auf. Er selbst werde weniger von Menschen kontaktiert, die etwa von der geringen Rente nicht mehr leben können – was jedoch nichts über die eigene Problematik aussage.

Ähnliche Beobachtungen macht auch Bad Aiblings Seniorenbeauftragter Dieter Bräunlich. „Bei einer Rente von 1300 Euro oder sogar weniger wird es einfach eng“, stellt er klar. Was jedoch eine tatsächliche Bedürftigkeit, ein tatsächliches Leben in Armut angeht, rechnet Bräunlich mit einer hohen Dunkelziffer. Das Problem: „Gerade die Nachkriegsgeneration ist oft zu stolz, sie wollen nicht betteln, auch wenn sie zu wenig haben.“

Sätze wie „es geht schon irgendwie“ seien unter den Senioren oft zu hören. Mögliche Hilfsleistungen, Vergünstigungen oder Angebote wie die Tafel würden dementsprechend häufig gar nicht in Anspruch genommen. „Sie schämen sich und fragen deshalb auch nicht um Hilfe“, weiß Bräunlich.

Was Tafeln beobachten

Dies zeigt sich auch am Beispiel der Tafeln. Dr. Stefan Stöckel, Leiter der Bad Aiblinger Tafel, hatte zuletzt von 40 bis 50 Prozent der Sozialhilfeberechtigten gesprochen, die die Möglichkeit, zur Tafel zu gehen, gar nicht wahrnehmen. Der Gang dorthin sei nach wie vor mit einer extrem hohen Hemmschwelle verbunden. Ähnlich in Kolbermoor, wo Rentner nur etwa ein Viertel der Tafel-Kunden ausmachten, wie Leiter Andreas Bobbert mitteilt.

Stolz und Scham unter Senioren, die mit wenig Geld auskommen müssen, kennt auch Bad Feilnbachs Seniorenbeauftragte Petra Haupt. Vor allem bei Veranstaltungen, bei denen Rentner aus finanziellen Gründen beispielsweise nichts zu Essen bestellen oder ganz abspringen, zeige sich eine Entwicklung.

Gründe für Altersarmut sind vielfältig

Gründe, warum Menschen im Alter in finanzielle Not geraten, sind vielfältig, weiß der gemeinnützige Verein „LichtBlick Seniorenhilfe“, der sich ausschließlich durch Spenden finanziert. Alleine im Landkreis Rosenheim unterstützt er rund 1200 bedürftige Rentner, etwa durch Lebensmittelgutscheine, finanzielle Soforthilfen für dringend benötigte Dinge wie eine neue Brille, Medikamente oder für die Nebenkostenrechnung, mit monatlichen Patenschaften von 35 Euro oder auch mit sozialen Veranstaltungen gegen Einsamkeit.

Teilzeitjobs, weil man die Kinder groß gezogen hat, Jobs im Niedriglohnsektor – alles mögliche Wegbereiter, durch die Menschen in die Altersarmut rutschen können. 80 Prozent der Senioren, die „LichtBlick“ unterstützt, sind Frauen. „Wir haben Rentnerinnen, die 49 Jahre als Friseurin gearbeitet haben und heute von ihrer Rente nicht leben können – obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben“, sagt eine Sprecherin des Vereins.

„Schicksale, die einem nah gehen“

Genau diesen Menschen wolle man helfen und aufzeigen, dass es in den scheinbar ausweglosen Situationen doch auch Hilfe geben kann. Für den Verein ehrenamtlich in der Region unterwegs ist Monika Wendrich. Die 67-Jährige, die in ihrer Heimatgemeinde Brannenburg auch als Seniorenbeauftragte tätig ist, steht im Kontakt mit vielen bedürftigen Senioren, besucht sie zu Hause und organisiert Veranstaltungen für sie.

„Man bekommt schon Schicksale mit, die einem wirklich nah gehen“, sagt Wendrich. Sie erzählt von „krassen Erlebnissen“, von wohnlichen Zuständen, die sich Menschen ohne wirkliche Geldsorgen nicht vorstellen könnten. Oftmals treffe Altersarmut auf Frauen, die ihre Kinder großgezogen haben, die keinem besonders lukrativen Job nachgingen und denen nun kaum etwas an Rente bleibe.

Trotz allem erlebe sie bei vielen bedürftigen Menschen eine „unglaubliche Dankbarkeit“, wenn man sie unterstützt. Auch deshalb, trotz aller Betroffenheit, gebe ihr der Umgang mit den Senioren eine Menge zurück.

Was Hilfesuchende wissen müssen

Die Rentner, die von Verein „LichtBlick“ unterstützt werden, müssen über 60 Jahre alt sein, eine deutsche Rente beziehen und Wohngeld oder Grundsicherung im Alter bekommen oder mit ihrer kleinen Rente knapp über der Bemessungsgrenze für Sozialleistungen liegen. Alle Projekte von „LichtBlick“ werden rein über Spenden finanziert.

In einer losen Artikel-Reihe beleuchtet die Redaktion in den kommenden Wochen das Thema Armut aus verschiedenen Blickwinkeln.

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