Streit um Dorfwirtschaft Has‘n
„So etwas habe ich noch nicht erlebt“ – Küchenchef wehrt sich gegen Rimstinger Dorffunk
Das Restaurant und Hotel „Beim Has‘n“ in Rimsting ist geschlossen, es läuft ein Insolvenzverfahren. Im Gespräch mit dem OVB äußert sich der Küchenchef Steffen Schappert – und ist erschüttert über das Erlebte.
Rimsting – „Wir sagen Danke und auf Wiedersehen!“, steht in Großbuchstaben auf der Webseite des Restaurants „Bilderberg“. Weiter heißt es: „Liebe Gäste, leider sind wir schweren Herzens gezwungen, unseren langgehegten Traum hier im wunderschönen Chiemgau aufzugeben.“ Das Restaurant Bilderberg ist das Wirtshaus des Hotel Has‘n in Rimsting. Der Has‘n eine Institution in Rimsting, über viele Jahre in Besitz und betrieben von der Familie Bauer.
Weiter auf der Webseite des Pächterehepaars Schulz: „Danke, dass Sie alle in dieser herausfordernden Zeit zu uns gehalten haben, trotz der widrigen äußeren Umstände, mit denen wir hier vor Ort konfrontiert worden sind. Das Hotel und Restaurant Bilderberg sind ab sofort geschlossen, und wir bedauern diese Entscheidung zutiefst.“
Schnell kracht es zwischen Pächter und Verpächter
Im Dezember 2023 öffneten Restaurant und Hotel nach Umbaumaßnahmen neu. Im OVB-Gespräch damals, war Andreas Schulz wichtig, dass der „Hase auch der Hase bleibt“. Gleichzeitig betonte Anika Schulz, nicht an der Qualität, am Essen und dem Tierwohl sparen zu wollen. Als das OVB sich beim Rimstinger Dorfkönigschießen im Januar 2025 umhörte, waren viele nicht gut auf die Neuen zu sprechen. Das liegt auch daran, dass das langjährige Schützenmitglied Klaus Bauer, der Inhaber, Verpächter und langjähriger Hasn-Wirt, sich sehr schnell nach der Übernahme mit den neuen Pächtern verkrachte.
Die Vorwürfe der Rimstinger: Zu teuer, zu wenig bayerisch – auch wenn dass Essen gut gewesen sei. Auch wenn das Koch Steffen Schappert auf der einen Seite freut, versteht er die Vorwürfe nicht. „Ich hatte immer ein Gericht mit einem Fisch aus dem Chiemsee auf der Karte“, sagt er im Gespräch mit dem OVB und zählt auf: „Tafelspitz, Schnitzel, teilweise Schwein und Kalb, Schweinebraten mit Knödel, Rinderkraftbrühe mit Griesnockerl. Das haben die Gäste auch sehr gut angenommen.“
Auch die Preise verteidigt er: „Ich habe die Lebensmittel regional bezogen, da lege ich Wert drauf. Das Fleisch kam aus dem Berchtesgadener Land, sehr viel Bio-Gemüse von guten Lieferanten. Dafür hatten wir mit 18 Euro für ein Schnitzel korrekte Preise und qualitativ top.“ Dazu komme für Schappert folgender Punkt: „Wenn Familie Bauer das im Familienbetrieb gemacht hat, mit einer Aushilfe, dann ging das vielleicht. Aber wenn ich als Koch angestellt bin, wir weitere Angestellte in der Küche und der Gastro haben, dann können wir kein Schnitzel für 13 Euro verkaufen.“
Vorschlag für Stammtische wird nicht angenommen
Ein großes Thema unter den Rimstingern war außerdem, dass die Stammtische vertrieben worden seien. Schappert möchte das so nicht stehen lassen: „Ich und wir haben alles dafür getan, dass wir zu einer Lösung kommen. Ich habe eine spezielle Karte angefertigt, auch mit geringeren Preisen.“ Da Stammtische für gewöhnlich sehr laut sind, die Hotelgäste die Lautstärke aber eher störte, habe Schapperts Chefin, Anika Schulz, den Vorschlag gemacht, die Stammtische in den Keller, ins Schützenstüberl zu verlagern. „Sie wollte eine extra Bedienung, die aus Rimsting kommt und die Stammtische kannte, dafür bereitstellen. Das ist da unten auch echt gemütlich, sie wären unter sich gewesen und hätten so laut sein können, wie sie wollten.“
Der Stammtisch, mit dem das OVB beim Dorfkönigsschießen sprach, verstand nur, jetzt in den Keller zu müssen, nach so langer Zeit beim Has‘n. „Die haben das komplett in den falschen Hals bekommen. Der Gedanke dahinter war gut, sie da ‚runterzuverfrachten‘ war nicht unser Ziel. Wir wollten einfach eine Lösung anbieten“, versichert Schappert. Er erzählt sehr unverblümt, sieht sich als Außenstehender, „ich war nur angestellt“. Ihm sei wichtig, dass „die Wahrheit ans Tageslicht kommt“ und auch das erzählt wird, „was wirklich vorgefallen ist“.
„Ich sage, die sollten sich schämen, das macht man nicht.“
Dazu zähle, dass seine Chefin öfter weinend bei ihm in der Küche stand. „Viele haben sich einfach quer gestellt. Meine Chefin wurde ständig beschimpft, sie wurde zum Teufel gejagt, sie seien Fremde und sollen sich zurück nach München verpissen. Ich sage, die sollten sich schämen, das macht man nicht“, so der Ex-Has‘n-Küchenchef.
Auslöser für den Streit
Auslöser für das zerrüttete Verhältnis war laut Schappert die Tatsache, dass vieles beim Has‘n renoviert werden musste. „In der Küche war zum Beispiel viel aus Holz. Durch meine teils internationale Erfahrung habe ich angeregt, dass das auch aus Lebensmittelhygienegründen so nicht mehr geht. Auch der Brandschutz war eine Woche dabei, das Gebäude brandschutzsicher zu machen“, nennt Schappert Beispiele. Da sei es dann schon losgegangen, dass über Dritte hintenrum erzählt wurde, dass hier wohl zu hohe Ansprüche herrschen, „die letzten 40 Jahre war es doch gut genug“.
Dazu komme ein Aufzug, der laut Schappert ohne Genehmigung lief: „Meine Chefin wollte das dann klären, denn sie als Pächterin würde im Notfall haften. Irgendwann waren ihr die Kosten zu viel, dass sie sich einen Anwalt holte“. Ab da sei das Verhältnis zwischen den Schulz‘ und Bauers immer schlechter geworden, bis nur noch über E-Mail und Anwälte kommuniziert wurde. Trauriger Höhepunkt: Schappert und Schulz‘ hatten den Verdacht, dass Lebensmittel aus der Küche entnommen werden. „Zunächst haben wir Angestellte dahinter vermutet und installierten Kameras“, sagt Schappert. Zur Überraschung aller zeigten die Kameras am nächsten Morgen, wie Besitzer Bauer und Schwiegersohn sich spät nachts in Keller und Lager aufhielten, erinnert sich der Küchenchef.
„Ich möchte betonen, dass wir nicht gesehen haben, ob sie was in der Hand hatten“, sagt Schappert. Bauer sei darauf aufmerksam gemacht worden, eine Woche später stand die Kamera an einem anderen Ort und „Bauer war wieder auf den Kamerabildern zu sehen“, schildert der Koch. Ein Anwalt, der sich in der Gastro auskenne, empfahl ein Hausverbot. Schappert: „Aus meiner Sicht ist das traurig. Ich dachte die ganze Zeit: ‚Jetzt reißt euch doch mal zusammen, hier arbeiten Leute, auch aus Rimsting.‘ Jetzt ist die Insolvenz angemeldet und viele, wie auch ich, sind arbeitslos. Die Arbeitsplätze hätten erhalten werden können“
Der Name Bilderberg fürs Restaurant
Dabei verdeutlicht Schappert: „Ich komme auch aus einem kleinen Dorf, Tradition finde ich gut, deshalb wollte ich ja auch aktiv auf Vereine und Stammtische zugehen.“ Dadurch, dass die Bauers aber tief in Rimsting verwurzelt seien, hätten sich viele Unwahrheiten verbreitet. Dazu zähle auch, dass der Name Bilderberg nichts mit einer Bilderberg-Konferenz, einem „informellen Treffen von einflussreichen Personen“ zu tun habe. Andreas Schulz sei gelernter Fotograf, seine Bilder hingen im Restaurant und Hotel. Deshalb sollte was mit Bild in den Titel, „aus meiner Zeit in den Niederlanden erinnerte ich mich an ein Restaurant Bilderberg“.
Rimstings Bürgermeister Andreas Fenzl weiß zur aktuellen Situation nur, dass die „bisherigen Pächter Rimsting verlassen haben und das Insolvenzverfahren läuft“. Die Situation habe ihn „sehr traurig gestimmt“. Für die Zukunft wünscht sich Fenzl: „Ein Ort wie Rimsting, ein bayerisches Dorf, braucht eine Dorfwirtschaft, wo sich Leute treffen können und die für die Dorfgemeinschaft da ist“
Klaus Bauer möchte sich aufgrund laufender Gerichtsverfahren nicht gegenüber dem OVB äußern. Anfragen an Anika und Andreas Schulz blieben bisher unbeantwortet. „Ich arbeite seit 32 jahren in der Gastro, habe schon einiges erlebt, aber das noch nicht“, erzählt Schappert, der in der Region bleiben will. Vor seinem nächsten Projekt werde er sich aber ausführlich erkundigen, „spazieren gehen und mich umhören, was im Ort so erzählt wird“.
