Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling
„Furchtbar aufgeregt“: Senioren-Frust über neue Giro-Tarife – so reagiert die Sparkasse
Privatgiro-Kunden der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling ist zuletzt Post ins Haus geflattert. Servus.Giro bringt laut Werbebotschaft eine „neue, flexible“ Kontowelt – aber auch Preiserhöhungen, wenn man Online-Banking und Bonusprogramme nicht nutzt. Einige ältere Kunden haben sich beim OVB beschwert. Das sagt die Sparkasse dazu.
Prien/Rosenheim – Plötzlich klingeln die Telefone in der OVB-Redaktion gleich mehrfach. Die Anruferinnen ärgern sich über die jüngsten Anpassungen und deutlich höheren Preise bei ihrer Hausbank: der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling. „Ich habe früher mal 4,95 Euro bezahlt, jetzt sollen es 12,90 Euro sein. Ich bin bei der Sparkasse, seit ich 17 bin und habe mich furchtbar aufgeregt“, berichtet Carola Talhammer dem OVB.
„Viele Jahre konnten wir die Preise stabil halten“
Die Breitbrunnerin ist inzwischen 66 Jahre alt und möchte ihren richtigen Namen lieber nicht in den Medien lesen. Die Preiserhöhungen für die ältere Dame kommen unter anderem dadurch zustande, dass einige bislang in ihrem S-Vorteilskonto enthaltenen Leistungen wie der Kontoauszug-Druck oder Überweisungen jeweils am SB-Terminal nach dem neuen Kontomodell zusätzlich Geld kosten. „Viele Jahre konnten wir die Preise stabil halten. Die Überarbeitung unserer privaten Girokonten war jetzt aber notwendig, um auf die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden einzugehen und gleichzeitig in ein sicheres und zukunftsfähiges Banking zu investieren“, schreibt die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling dazu auf Anfrage des OVB.
Überfordert die Angebots-Vielfalt ältere Menschen?
Es gibt für Kunden wie Carola Talhammer zwar Möglichkeiten, diese Preiserhöhung durch die Nutzung reinen Online-Bankings und den Verzicht auf Filial-Leistungen zu vermeiden - der Grundpreis für das neue Giro-Konto bei der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling liegt bei 7,90 Euro. Aber vor allem einige ältere Menschen fühlen sich von der Vielfalt der Angebote im neuen Servus.Giro-Tarif schlichtweg überfordert.
Die Seniorin vom Chiemsee, die wegen ihrer geringen Rente noch weiterhin nebenbei arbeiten gehen muss, erhebt deshalb Vorwürfe gegen das regionale Geldhaus: „Das ist eine Diskriminierung von alten Menschen. Wenn man sich mit dem Internet, dem Online-Banking und Apps nicht auskennt, ist man verloren.“ Carola Talhammer fragt ganz drastisch, warum die Sparkasse nicht so lange mit den Preiserhöhungen warten könne, bis die nicht so online-affine Generation „ausgestorben“ sei.
Die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling weist die Vorwürfe der Benachteiligung von älteren Menschen umgehend zurück. „Wir berücksichtigen alle Kundengruppen, besonders auch die ältere Generation, deren Online-Nutzung zunehmend steigt. Wir legen großen Wert darauf, dass all unsere Kunden, unabhängig von ihrer Affinität zu digitalen Themen, die neue Kontowelt verstehen und nutzen können“, schreibt das Geldhaus: „Deshalb sind wir weiterhin mit einem breiten Filialnetz vor Ort oder auch mit unserem Servicetelefon für unsere Kundinnen und Kunden erreichbar, um persönlich helfen zu können. Somit ist kein Kunde gezwungen, unser Online-Banking-Angebot oder unsere digitalen Services zu nutzen.“
Das Engagement der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling für die Region
„Unser Ziel ist es, langfristig wirtschaftlich stabil zu bleiben und für unsere Kundinnen und Kunden als verlässlicher Finanzpartner da zu sein. Dabei achten wir stets darauf, eine faire und wirtschaftlich ausgewogene Lösung für alle Beteiligten zu finden und dabei unser Engagement, welches ausschließlich zurück in unsere Region fließt, aufrecht zu erhalten. Durch unsere Unterstützung in Form der Bürgerdividende leisten wir einen wichtigen Beitrag dazu, dass Vereine, Kulturschaffende und soziale Initiativen weiterhin bestehen (bleiben) und wachsen können.“
Carola Talhammer hat extra 20 Euro für einen Anfängerkurs in der Volkshochschule Prien bezahlt, um die neue Internet-Welt besser zu verstehen. Online-Bankgeschäfte macht sie trotzdem nicht, auch weil sie Angst um die Sicherheit ihrer Geld-Transaktionen hat. So geht es vielen älteren Menschen und sie verstehen wie die Frau vom Chiemsee nicht, warum sie für ihre meist sehr spärlichen Bankgeschäfte jetzt noch mehr bezahlen sollen. Auch die Prienerin Tina Müller (Name geändert) regt das auf.
2,50 Euro pro Überweisung am SB-Terminal
„Sie bieten mir für 7,90 Euro ein Online-Konto an, wo ich mir noch nicht einmal einen Kontoauszug in der Filiale holen oder dort kostenlos eine Überweisung machen kann. Wenn ich all das will, müsste ich nochmal acht Euro extra zahlen“, schimpft die Seniorin. Macht sie das nicht, muss sie pro Überweisung am SB-Terminal 2,50 Euro zahlen. Noch mehr regt sie jedoch auf, dass sie das Gefühl hatte, dass sie bei einer Beratung in der Filiale in Prien über den Tisch gezogen werden sollte: „Um über ein Hausbank-Bonusprogramm die Kosten für das Girokonto zu reduzieren, wurde mir nahegelegt, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Ich komme aus der Versicherungswirtschaft und halte es für eine Frechheit, dass mir eine Bank so etwas anbietet.“
Außerdem hätte ihr die „gute Frau“ von der Sparkasse empfohlen, doch einen Bausparvertrag abzuschließen: „Ich werde im Sommer 78 Jahre alt und habe nicht vor, noch ein Haus zu bauen.“ Tina Müller empfindet die Beratung, bei der für einen kleinen Bonus teure Abschlüsse getätigt werden sollen, als unlauter. Die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling sieht das anders: „Wir haben von einem solchen Fall keine Kenntnis. Bei uns steht die individuelle und bedarfsorientierte Beratung seit jeher im Mittelpunkt. In unseren Augen ist eine Haftpflichtversicherung für jeden Menschen unverzichtbar, während ein Bausparvertrag beispielsweise helfen kann, Zinsen für die nächste Generation zu sichern.“
Kündigung ein Einzelfall?
Tina Müller sieht das komplett anders und wird deshalb künftig auf ihr Hauptkonto bei der Sparkasse verzichten. Ihre Rente geht nun auf ihr Konto bei einer anderen Bank. Laut der Sparkasse sei der Abschied von langjährigen Kunden wegen der neuen Preismodelle aber ein Einzelfall: „Wir sehen derzeit keine ungewöhnlichen Veränderungen im Kündigungsverhalten unserer Kunden. Im Gegenteil, wir stellen eine breite Akzeptanz bei unseren Kunden fest, weil die Anpassungen als fair empfunden werden.“ Alle Privatgiro-Kontoinhaber wurden über die Änderungen sowie das Nachfolgemodell individuell per Brief informiert.
„Unser neues Konto kann durch individuell zubuchbare Kontopakete ergänzt werden. Auf diese Weise können unsere Kundinnen und Kunden ihr Konto genau auf ihre persönlichen Bedürfnisse und Wünsche abstimmen und dadurch Einfluss auf den Kontopreis nehmen. Unsere neue Kontolandschaft bedeutet somit nicht automatisch höhere Gebühren“, schreibt das Geldinstitut in seiner Antwort: „Zudem stehen wir vor wirtschaftlichen Herausforderungen wie gestiegenen Betriebskosten, der allgemeinen Inflation und höheren regulatorischen Anforderungen gegenüber.“
Ein Trost: Das Filialnetz soll bleiben
Einen Trost gibt es für die (älteren) Menschen, die weiterhin ihre Bankgeschäfte statt online lieber persönlich abwickeln wollen. „An der seit 2022 konstanten Filial-Struktur werden wir keine Änderungen vornehmen“, verspricht die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling auf OVB-Anfrage.


