„Ich hatte wirklich Glück“
„Meine Zeit war noch nicht gekommen“: Soyener Andreas Berger (30) hat Zug-Zusammenstoß überlebt
Er ist dem Tod nochmal von der Schippe gesprungen: Andreas Berger (30) aus Soyen hat vor zehn Jahren einen Zusammenstoß mit einem Zug überlebt. Wie er sich an den Unfall erinnert und warum er vom „Bürokratie-Monster Bahn“ spricht.
Soyen – 19. Juni 2015: Andreas Berger war gegen 19 Uhr mit dem Auto auf dem Weg nach Hause. Die Sonne stand schon tief an diesem Sommerabend und blendete ihn, als der damals 20-Jährige den Bahnübergang in Seeburg bei Soyen überqueren wollte. Das Licht an der Signalanlage sah er gar nicht. Dann geschah das Unglück. „Ich schaute nach links, da war der Zug schon da“, erinnert sich der heute 30-Jährige an die Situation. „Ich habe nur noch die zwei Poller gesehen, die vorne an der Bahn angebracht sind, bevor mich der Zug gerammt hat.“
Zwischen Gleis und Trafo-Anlage geschleudert
Berger wurde durch den Aufprall auf den Beifahrersitz geschleudert, der Fuß steckte noch unterm Pedal fest. Der Zug verfehlte seinen Körper knapp und schlug in der B-Säule des Wagens, knapp hinter Bergers Kopf, ein. Der Wagen wurde durch den Aufprall zwischen das Gleis und die danebenstehende Trafo-Anlage geschleudert.
Nach dem Unfall habe er versucht, aus dem Auto zu steigen, „aber meine Hüfte war ausgekugelt“, berichtet er. Bis heute erinnert er sich „quasi an alles“. Feuerwehr und Rettungsdienst rückten an, um den jungen Mann aus dem Auto zu befreien. Auch Bergers Vater, der selbst Feuerwehrler ist, sei dabei gewesen. „Ich habe noch aus dem Auto heraus gewunken, aber die anderen haben ihn direkt abgeschirmt und nach Hause geschickt“, hat Berger hinterher erfahren.
Der Rettungsdienst habe ihn dann „ausgenockt“ und ihn aus dem Auto gezogen. Erst im Rosenheimer Krankenhaus ist der Elektriker und Landschaftsbauer wieder aufgewacht. Dass der junge Mann dem Tod nochmal von der Schippe gesprungen ist, machten ihm auch die Ärzte im Krankenhaus deutlich. Es sei sehr selten, einen solchen Unfall überhaupt zu überleben und in Bergers Fall auch noch „relativ“ unbeschadet.
Milzriss und ausgerenkte Hüfte
Der Soyener erlitt bei dem Unfall einen Milzriss, der operiert werden musste, und die Hüfte wurde wieder eingerenkt. Ansonsten habe er sich blaue Flecken und Schürfwunden zugezogen, „wobei ich gar nicht weiß, was davon nicht von meiner Arbeit stammte“, sagt er lachend. „Ich hatte wirklich Glück, anscheinend war meine Zeit noch nicht gekommen.“ Insgesamt hat sich der Soyener acht Tage nach dem Unfall „gar nicht“ bewegen dürfen, damit die Hüfte wieder richtig zusammenwachsen konnte und sie nicht wieder aus dem Gelenk heraussprang. Anschließend stand für den damals 20-Jährigen die Reha an „und im September fing ich wieder an zu arbeiten“, berichtet er. Eine „Art von Quittung“ hat er trotzdem bekommen: über 6.000 Euro Strafe musste Berger damals blechen.
Das Gleis hat Berger nach dem Zug-Zusammenstoß aber nicht gemieden. „Ich wohne in Seeburg, da fahre ich täglich drüber. Genauso wie viele andere“, betont der 30-Jährige. „Es ist ein Verkehrsknotenpunkt und wird von zahlreichen Passanten genutzt. So kann man auch die B15 umgehen. Das wissen alle, die von hier sind“, erklärt er. Nur seine Frau habe anfangs ein ungutes Gefühl gehabt und sei drumherum gefahren.
Der Versuch, die Bahnübergänge rundum Soyen sicherer zu machen, begleitet Berger praktisch schon sein Leben lang. „Der Übergang in Seeburg ist schlecht einsehbar. Da muss sich etwas ändern“, fordert er. „Aber wenn es so weiter geht, wird in den nächsten Jahren wieder nichts passieren.“
Der Soyener wünscht sich, dass die Bahn sich „mal dahinterklemmt“. Damit meint er die Pläne, die Übergänge in Seeburg, Buchsee und Grasweg mit Halbschranken zu versehen. Die Bahn hatte im März 2025 auf Anfrage mitgeteilt: „Die Planung für den Bahnübergang Grasweg wird aktuell überarbeitet. Grund dafür sind umfangreiche privatrechtliche Einsprüche. Die überarbeiteten Unterlagen werden nach aktuellen Planungen Ende des Jahres 2025 beim Eisenbahnbundesamt neu eingereicht. Dort wird dann ein neues Planfeststellungsverfahren durchgeführt.“
„Dahinter sein“
Berger hat dafür kein Verständnis. „Wenn ein Übergang nicht gemacht werden kann, dann gehen alle drei nicht? Das kann es doch nicht sein“, schimpft er. „Da muss man eben Lösungen finden und dahinter sein.“ Diese Einsicht fehle komplett beim „Bürokratie-Monster Bahn“, kritisiert er. Das sei auch seinem Nachbar schon teuer zu stehen gekommen. Er hatte vor einigen Jahren nicht so viel Glück wie Berger. Der 52-Jährige verunglückte im November 2022 tödlich am Bahnübergang in Seeburg.


