Raritäten in der Region
Erste Sichtung nach fast 30 Jahren: Hobby-Ornithologe fotografiert seltenen Gast am Chiemsee
Der Chiemsee hat einen Vogel. Und einen seltenen noch dazu. Ein Hobby-Ornithologe fotografierte ein Exemplar eines Vogels, der seit fast 30 Jahren nicht mehr im Chiemgau gesichtet wurde. Wie es dazu kam und welche ausgefallenen Gäste in letzter Zeit noch am bayerischen Meer Urlaub gemacht haben.
Prien – Er ist ein beliebtes Reiseziel. Jedes Jahr strömen Tagesausflügler und Touristen an den Chiemsee, um dort die schöne Landschaft oder das kulturelle Angebot zu genießen. Doch nicht nur für Menschen scheint die Region um das bayerische Meer von besonderem Reiz zu sein, auch für die Vogelwelt. So konnte vor kurzem ein seltener Schwarzstirnwürger gesichtet werden.
Der amselgroße Vogel hielt sich Ende Juni am Lachsgang bei Übersee auf. Dort hatte ihn der Münchner Hobby-Ornithologe Peter Koller bei einem Besuch entdeckt und auf seiner Kamera festgehalten. Das Foto schickte er dann an Dirk Alfermann, den zuständigen Gebietsbetreuer für den Chiemsee. Auch der zeigte sich sehr überrascht, wie er gegenüber dem OVB mitteilt, da es sich hier um eine echte Seltenheit handle. Zuletzt wurde der Schwarzstirnwürger 1995 im Chiemgau gesehen. Davor einmal 1958 im Grabenstätter Moos.
Wohl nur ein kurzer Zwischenaufenthalt
Warum der Schwarzstirnwürger wieder am Chiemsee aufgetaucht ist, kann laut Alfermann nur sehr schwer beurteilt werden. Denn die Vögel überwintern in Afrika und treten dann ab Mai in ihren Brutgebieten auf. In Europa sind das überwiegend Ungarn und der Balkan. „Vielleicht hat er sich wegen des trockenen Wetters hier kurz aufgehalten“, meint Alfermann. Als Brutvogel konnte er im Chiemgau bislang nicht nachgewiesen werden. Der letzte gesicherte Brutnachweis in Bayern stammt aus dem Jahr 1976.
Weitere Sichtungen gab es bisher keine. Und selbst hatte sich Alfermann auch nicht auf die Suche nach dem Vogel gemacht, denn der Ornithologe hatte laut dem Gebietsbetreuer, wohl erst danach beim Anschauen seiner Fotos bemerkt, dass es sich tatsächlich um einen Schwarzstirnwürger handelt. Die Fotos kamen deshalb erst eine gute Woche später bei Alfermann an. „Da ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass er noch da gewesen wäre.“
Weitere Raritäten in der Region:
Der Schwarzstirnwürger ist aber keine Ausnahme. In den letzten Jahren hat es so manchen seltenen Gast an den Chiemsee verschlagen. Im September 2013 hatte der Priener Naturfotograf Hans Zimmermann einen Fischadler und eine Bekassine mit seiner Kamera aufgenommen.
Es werden auch immer wieder seltene Möwenarten oder Küstenvögel gesichtet. Zum Beispiel die Schwalben- oder die Dreizehenmöwe. Dazu erklärt Dirk Alfermann: „Meistens kommen sie durch Winde von ihrem Kurs ab und schließen sich dann anderen Kolonien an.“
Eine Rarität ist auch der Gleitaar. Der weiß, grau und schwarz gefärbte Greifvogel, der bis zu 35 Zentimeter lang wird, lässt sich eher in Nordafrika zum Brüten nieder, mittlerweile aber auch in Teilen Westeuropas. Vergangenen November konnte er sogar am Grabenstätter Moos gesehen werden. „Das war die erste Beobachtung im Chiemgau“, betont Alfermann.
Vom Aussterben bedrohter Gast kommt wieder zurück
Als sehr spannend empfindet der Chiemsee-Gebietsbetreuer ebenso die Rückkehr des Wiedehopfs. Bis Anfang der 1960er Jahre war dieser noch Brutvogel im Chiemseeraum, insbesondere im Bereich Eggstätt. Dann nahm der Bestand jedoch ab.
Grund dafür sind laut bayerischem Landesamt für Umwelt die Entwicklungen in der Landwirtschaft, darunter die intensivere Bodennutzung. Die sorge für eine Verschlechterung des Nahrungsangebots. Aktuell ist der Wiedehopf in Bayern vom Aussterben bedroht und steht auf der roten Liste.
Doch es gibt Hoffnung: Mittlerweile wird der Wiedehopf wieder regelmäßiger beobachtet. „Wahrscheinlich, weil auch die Anzahl der Insekten zugenommen hat, von denen er sich überwiegend ernährt“, sagt Alfermann. Eine Brut konnte aber bislang noch nicht bestätigt werden. Damit sich der Wiedehopf weiter in der Region verbreiten kann, ist es Alfermanns Wunsch, dass die Vogelart dabei in den nächsten Jahren mit der Errichtung von Nistplätzen unterstützt wird.
