Nach Unfall am Montag
Radfahrer (56) am Bahnübergang Deutelhausen schwer verletzt - warum die Polizei gegen ihn ermittelt
Eine Lokführerin steht unter Schock. Ihr Arbeitgeber kümmert sich um sie. Ein schwerverletzter Radfahrer. Die Polizei ermittelt gegen ihn. Das sind die Hintergründe zum Drama am Bahnübergang Deutelhausen, die bisher bekannt sind.
Schechen – Versehentlich überquert niemand den geschlossenen Bahnübergang zwischen dem Kreisverkehr bei Pfaffenhofen und der Auffahrt auf die B 15 Richtung Wasserburg: Schranken versperren den Weg auf der Staatsstraße 2080, außerdem gibt es eine kurze Schranke für Radfahrer und Fußgänger. Und gleich drei Warnampeln in verschiedenen Höhen machen auf einen herannahenden Zug aufmerksam.
Unfälle? In den letzten zehn Jahren Fehlanzeige. Erster Polizeihauptkommissar Robert Maurer von der Polizeiinspektion Rosenheim findet bei einem Blick in den Computer lediglich drei Auffahrunfälle an der geschlossenen Schranke – weil jemand zu spät auf die stehenden Fahrzeuge reagierte.
Wie also geriet am Montag gegen halb zwei ein 56-Jähriger mit seinem Fahrrad in den Weg des Regionalzugs aus Wasserburg nach Rosenheim? Weil er, laut Polizei, die Bahngleise trotz geschlossener Schranke überqueren wollte, diese umkurvte. Warum, darüber gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse. Die Frau des Mannes sei wohl schon auf der anderen Seite der Bahn gewesen, berichtet Maurer. „Vielleicht wollte er da noch rüber?“ Das sei aber eine reine Vermutung, sagt Maurer.
Geld- oder Freiheitsstrafe möglich
Die Lok erfasste den Vorderreifen des Radfahrers, der 56-Jährige stürzte und erlitt schwere Verletzungen. Das werden für ihn voraussichtlich nicht die einzigen Folgen bleiben. Gegen den Radfahrer wird laut Maurer wegen Gefährdung des Bahnverkehrs ermittelt. Laut Strafgesetzbuch §315a, erläutert Maurer, ist zwischen der Zahlung einer Geldstrafe und fünf Jahren Freiheitsstrafe alles möglich.
Die 55-jährige Lokführerin erlitt bei dem Vorfall einen Schock und die Bahn organisierte einen Wechsel des Triebwagenführers. Das tut sie in einem solchen Fall immer, so die Information aus der Pressestelle der Bahn. Die Frauen und Männer im Führerhaus werden bei Personenunfällen ausnahmslos abgelöst und nach Hause begleitet. Und bleiben so lange außer Dienst, bis die Belastungsreaktionen bei ihnen abgeklungen sind. Bei den ersten Fahrten nach dem Wiedereintritt in den Dienst hat der oder die Betroffene zudem die Möglichkeit, sich von einer Vertrauensperson oder einem Psychologen begleiten zu lassen.
Bahn bietet umfassende Betreuung
Die Bahn nehme ihre Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden, die während ihrer Tätigkeit traumatischen Ereignissen ausgesetzt sein können, sehr ernst. Im Mittelpunkt stehe ein umfassendes Betreuungsprogramm zur Vermeidung posttraumatischer Belastungsstörungen, heißt es aus der Pressestelle. Die Richtlinie gilt unternehmensweit für Lokführer sowie für alle Mitarbeitenden, die Opfer von beruflich bedingter Traumatisierung werden, so die Bahn.