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Betrieb mit vielen Herausforderungen

Ein Dorfladen für 290 Einwohner: Weshalb das Geschäft so wichtig für die Sachranger ist

Die freundlichen Gesichter im Sachranger Dorfladen: Ursula Havel (links) und Kerstin Schwerdtfeger.
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Die freundlichen Gesichter im Sachranger Dorfladen: Ursula Havel (links) und Kerstin Schwerdtfeger.

Umrahmt vom Geigelstein und Spitzstein, mit Blick auf den Zahmen Kaiser in Tirol: Der Dorfladen in Sachrang liegt schön. Die Arbeit dort ist es nicht nur. Geschäftsführerin Kerstin Schwerdtfeger berichtet von Problemen.

Sachrang - Kerstin Schwerdtfeger (55) sitzt an einem Tisch vor dem Sachranger Dorfladen. Sie hat ihre schwarzen Locken zu einem Zopf gebunden, trägt Brille und Schürze. Ein Kunde geht auf sie zu und sagt: „Läuft alles? Wie geht‘s der Chefin?“ Sie habe stressige Tage hinter sich, vor der Hochsaison habe sie die Mitarbeiter in den Urlaub geschickt, sagt Schwerdtfeger.

„Sie kommen kaum über die Runden“

Der Mann nickt. Jeder im Dorf weiß, dass es nicht einfach ist, den Laden zu erhalten. „Sie kommen kaum über die Runden“, sagt auch der Sachranger Georg Antretter (86). Seine Hand liegt auf dem Brot, das er soeben gekauft hat. „Wir wünschen uns, dass mehr Leute hier einkaufen.“ In Rosenheim oder Aschau seien manche Produkte zwar ein wenig billiger. Ohne Kunden werde es den Dorfladen jedoch irgendwann nicht mehr geben.

Georg Antretter kauft gerne Brot im Sachranger Dorfladen.

„Wir haben unsere Probleme“, gibt Schwerdtfeger zu. Erst ab 1000 Bewohnern rentiere sich ein Dorfladen, Sachrang habe 290. Das Geschäft sei deshalb sehr von den Touristen abhängig. Rund 70 Prozent der Einnahmen stammten von ihnen. Im Sommer kämen 100 bis 200 Kunden am Tag, in den Wintermonaten nur 40.

Kerstin Schwerdtfeger bedient eine Kundin an der Kasse.

Das Problem ist nicht neu. „Leicht ist es nicht, wir kämpfen immer“, sagt Schwerdtfeger. Sie arbeitet seit zwölf Jahren im Dorfladen, ist Geschäftsführerin im fünften Jahr und auf 20 Stunden angestellt. Mindestens die gleiche Zeit arbeite sie ehrenamtlich. „Unsere Mitarbeiter werden aber alle voll bezahlt“, betont sie. Schließlich wolle sie keine potenziellen Angestellten abschrecken.

Finanzielle Unterstützung von der Gemeinde möglich

Denn etwas mehr Hilfe könne sie gebrauchen. Mitarbeiter kann die Gemeinde Aschau im Chiemgau zwar nicht organisieren. Es soll jedoch bald ein „runder Tisch“ mit der Gemeinde stattfinden, um zu besprechen, wie der Dorfladen finanziell unterstützt werden kann. „Nur der Zusammenhalt bringt uns weiter“, sagt die Geschäftsführerin.

Ursula Havel bestückt die Theke mit Wurst und Käse aus der Region.

Zusammenhalten, das können Kerstin Schwerdtfeger und ihre Vorgängerin Ursula Havel (70). Sie arbeitet noch immer in dem Tante-Emma-Laden. Gerade macht Havel Pause und setzt sich neben Schwerdtfeger. Die beiden wirken wie eine Einheit, ergänzen ihre Sätze, erinnern sich an Höhen und Tiefen.

Etwa als sie während der Corona-Pandemie an die geschlossene Grenze zu Tirol gefahren - die Polizisten hätten ihre Lieferung angenommen und den Käse und Speck über die Grenze gereicht. Oder als sie drei Jahre hintereinander einen Weihnachtsmarkt organisiert haben, um den Laden zu retten. „Wir sind mit dem Laden gewachsen und er mit uns“, sagt Kerstin Schwerdtfeger. „Wir stecken wahnsinnig viel Herzblut rein.“ Havel nickt und ergänzt: „Wir sind für alles offen.“

Die Mitarbeiter liefern in Sachrang sogar kostenlos. Und sie bieten Getränke auf Kommission: Kunden müssen nur das bezahlen, was ihre Gäste trinken. Das Angebot wird Havel zufolge für viele Veranstaltungen genutzt - ob Hochzeiten, Geburtstage oder andere Feiern. Auch Catering gebe es.

Sortiment an Kunden angepasst

„Der Dorfladen ist total wichtig“, sagt Schwerdtfeger. In einem Umkreis von zehn Kilometern gebe es keine Einkaufsmöglichkeit. Besonders für Ältere sei das Geschäft wichtig, um selbstständig zu bleiben. Auch jüngere Bewohner könnten Fahrtkosten sparen und Wertschätzung für den Laden zeigen.

Karten, Zeitschriften und Socken - im Sachranger Dorfladen gibt es viele verschiedene Produkte.

„Wenn ein Kunde was will, besorgen wir das“, betont Havel. Deshalb gebe es viele Biere aus der Region und Bio-Produkte wie Käse, Wurst, Speck, Brot, Eier, Marmeladen und Tee. Das Sortiment habe sich durch die Wünsche erweitert.

Salat, Tomaten und Bananen: Im Sachranger Dorfladen gibt es frisches Gemüse und Obst.

Neben Lebensmitteln gibt es Wandersocken, Postkarten und Porzellan von einer Künstlerin aus dem Ort. Zwischen dem Gemüse und dem Zucker steht eine Abfüllanlage mit Nudeln und Reis. „Damit die Älteren nicht die großen Portionen kaufen müssen“, sagt die Geschäftsführerin. Zudem wolle sie Verpackungsmüll vermeiden.

Eine große Getränkeabteilung: Im Sachranger Dorfladen kaufen einige Vereine aus dem Ort ihre Getränke.

Der Dorfladen ist nicht nur eine Einkaufsmöglichkeit, sondern ein Treffpunkt. Das Frühstück ist den Sachrangern laut Schwerdtfeger sehr wichtig. Es gehe um den Kontakt zu anderen Bürgern. „Das hätten Sie sehen sollen vor einer Stunde: Ich habe mit den Füßen kassiert und mit den Händen das Frühstück gemacht“, sagt die Chefin und lacht.

Die Café-Ecke im Sachranger Dorfladen.

Kaffee für zwei Euro begeistert

Schwerdtfeger und Havel stehen auf. Kundschaft. Ein Ehepaar bestellt Kaffee und setzt sich auf die Terrasse. „Hier kostet die Tasse noch zwei Euro“, sagt Peter Dehmel. Woanders gebe es das nicht mehr, alles werde teurer. Seine Frau Irmi Dehmel ergänzt: „Mit dem Rad hierher zu fahren und Brot zu kaufen ist schön.“ Die beiden wohnen in Prien am Chiemsee, die 20 Kilometer Fahrt seien es wert.

Peter um Irmi Dehmel radeln ab und zu von Prien nach Sachrang, um den Dorfladen zu besuchen.
Melanie Schmid genießt einen Kaffee in der Sonne.

Melanie Schmid hat nicht weit zum Dorfladen, sie wohnt in Sachrang. Vor ihr auf dem Tisch liegt eine Zeitung, daneben steht ihr Kaffee. „Es ist sehr wichtig, dass es einen Dorfladen gibt, um die Mindestversorgung sicherzustellen“, sagt sie. Das bestätigt Felix Kaiser. Er liefert Freilandeier aus dem Chiemgau an das Geschäft und betont: „Der Dorfladen ist das Gegenteil der Lebensmittelgiganten.“

Felix Kaiser liefert Eier an den Dorfladen und sieht diesen als „Gegenteil der Lebensmittelgiganten“.
Cäcilie von Feilitzsch-Rauch vermietet den Dorfladen günstig an die Geschäftsführerin. Drei Euro kostet der Quadratmeter.

Sogar die Vermieterin, Cäcilie von Feilitzsch-Rauch, ist vor Ort und sagt: „Der Laden ist ein Zentrum und wichtig für die Nahversorgung.“ Deshalb verlange sie nur drei Euro Miete pro Quadratmeter. Menschen, die nicht mobil sind, seien schließlich auf eine Einkaufsmöglichkeit in Sachrang angewiesen. Der Laden erhöhe die Lebensqualität im Dorf. Auch von den Mitarbeitern zeigt sich von Feilitzsch-Rausch begeistert: „Sie sind unglaublich engagiert und fürsorglich.“

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